Unsere angeblich offene Gesellschaft schließt sehr rasch ihre Türen,
wenn die Leidenschaft eintreten will. Sexuell zelebriert man
konsumistische Freizügigkeit, die Liebe wird dabei als ein angenehmer
Nebeneffekt angesehen - solange sie nichts durcheinander bringt. Die
Liebe wird pragmatisch organisiert: Sometimes it`s a match und manchmal
halt eben nicht. 'Casual Sex' heißt ein neues Phänomen, an dem sich der
ganze Frust mit der Lust ablesen läßt. Man ist dabei befreundet, pennt
mal miteinander - alles kann, nichts muss. Oder denken wir an die gerade im Trend liegenden offenen Beziehungen, bei denen die Leidenschaft outgesourct wird. Zunehmend verpönt hingegen ist die leidenschaftliche Liebe. Die Leidenschaft
fürchtet man, weil sie tatsächlich die etablierten Paradigmen irritiert,
weil sie eine Revolution sein kann und weil die Leidenschaft auch etwas
im Namen trägt, das nicht nur angenehm ist - nämlich das Leiden.
Dass
die Leidenschaft mit Schmerz verbunden ist, sorgt dafür, dass sie
generell für bedenklich gehalten wird und - wen wundert es - auch
zunehmend aus dem Kino verschwindet. Denken wir nur an Fifty Shades of Grey; in dem Machwerk wird leidenschaftlicher Sex auf der einen Seite
pathologisiert, auf der anderen Seite wird die Leidenschaft vertraglich
geregelt, womit sie dann aber keine mehr ist. Leidenschaft meint
Grenzüberschreitung, eine vertragliche Regelung verhindert aber genau
das. Dies ist nicht der einzige Film, der der Leidenschaft der Garaus
macht. Auch Jennifer Lopez kämpft in The Boy Next Door gegen ihre
Leidenschaft zu einem jungen attraktiven Mann, und stellt am Ende die
biedere Familienidylle wieder her.
Doch die Geschichte des Kinos ist
auch eine Geschichte der Leidenschaften, davon zeugen so unterschiedliche und bemerkenswerte Filme wie Die Legende von Paul und Paula, From Paris with Love und Secretary.
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