Krupp: Langweiliger Kitsch statt Kontroverse

23.03.2009 - 07:00 Uhr
Szene aus Krupp- Eine deutsche Familie
ZDF
Szene aus Krupp- Eine deutsche Familie
0
0
Gänzlich überflüssiger Familienkitsch mit dem ewigen Abdruck deutscher Melodramatik.

“Der Film erzählt die Geschichte einer großen und umstrittenen Dynastie von Industriellen und verkommt dabei zum Familienkitsch mit dem ewigen Abdruck deutscher Melodramatik”, meint “Meine Filmwelt”-Kritiker Mario Kaiser. “Flache Charaktere schleppen sich schwermütig durch eine einseitige Chronik, die das kontroverse Potential der Familie sträflich vernachlässigt und einzig aus überflüssigem Gefühlsgeplänkel besteht. Immerhin wird der erste Teil der Trilogie Krupp – Eine deutsche Familie mit einem saftigen Auftakt eingeläutet. Ohne den Zuschauer mit langen Einführungen und Erklärungen zu strapazieren, beginnt er mit einem Zerwürfnis zwischen Mutter und Sohn, das sich gewaschen hat. Alfred Krupp wirft seiner Mutter vor, ihn zu streng erzogen und seine Ehe zerstört zu haben. Der stille Frust ganzer Jahrzehnte wird hier durch die Luft geworfen, bis Bertha Krupp ihren Sohn des Hauses verweist und mit einem Herzinfarkt zusammenbricht.”

Eine gedankliche Reise zu den Wurzeln
Das ist der Rahmen, der die im Folgenden erzählte Geschichte umspannt. Nach dem Streit liegt Bertha Krupp (Iris Berben) krank im Bett und läßt ihr Leben Revue passieren. Die Geschichte springt zwischen den Jahren 1901, 1918 und 1957 und erzählt dabei vom Heranwachsen einer Bertha Krupp mit einem Vater (Fritz Karl), der gestrenger und erfolgreicher, aber unmoralischer Geschäftsmann ist und sich auf Capri homosexuellen Ausschweifungen hingibt – und einer Mutter (Barbara Auer), die ins Sanatorium eingewiesen wird, weil sie versucht, den Namen ihres Mannes von der Knabenliebe reinzuwaschen.

Im Jahre 1918 ist Bertha Krupp die Hausherrin auf Villa Hügel und mit Gustav von Bohlen und Halbach (Heino Ferch) verheiratet, den Wilhelm II. (Michael Schenk) höchstpersönlich für sie ausgesucht hat. Ihr Erstgeborener Alfried ist der Patensohn des Kaisers und wird – isoliert von seinen Geschwistern – zum Erbe des Krupp’schen Imperiums erzogen. Hier wird der Rahmen gespannt zum Anfang des Films. Die Wurzel des Konflikts wird gezeigt, der Bertha Krupp todkrank in ihrem Bett liegen und darauf warten läßt, dass ihr Sohn zu ihr kommt, um sich zu entschuldigen.

Der ewige Abdruck deutscher Melodramatik
“Die dreiteilige Saga um den Mythos der Krupps kommt in einem feschen Gewand daher. Die Optik geht schon zu Beginn über den Durchschnitt deutscher TV-Produktionen hinaus. Der Film macht den Eindruck, für die große Leinwand gemacht zu sein anstatt für den Otto-Normalfernseher. Doch das ist leider so ziemlich der einzige Punkt, an dem der Film Lob verdient. Die Geschichte ist zu einseitig.

Spätestens nach 15 Minuten wird klar, worum es für den Rest des Films gehen wird. Das Konzept ist zu einfach, die Verhältnisse in der Familie, die Konflikte und die Figuren bekommen keinen Tiefgang. Der Konzern ist mit den Krupps mehr schlecht als recht verschraubt, es wird zuwenig problematisiert, zu wenig unter die verkitschte Oberfläche geschaut, auf der der Film vor sich hin dümpelt. An zahlreichen Punkten, an denen sich die Filmemacher entscheidende Fragen hätte stellen können (die der Mythos Krupp zweifellos hergibt), ist halbherzige Empathie das einzige, was die vorverdauten Szenen dem Zuschauer entlocken können.

Und was den ganzen Film von Anfang an unerträglich macht, ist dieser Gesichtsausdruck, dieser ewig leidende Gesichtsausdruck deutscher Fernsehdramatik, den Iris Berben in seiner Monotonie endlos variiert. Wie eine Erbkrankheit zieht sich dieser Gesichtsausdruck durch den gesamten Film – lediglich die Eingeheirateten Heino Ferch und Barbara Auer stechen als starke Schauspieler heraus, die aber auch in der Krupp-Saga unter ihrem Können agieren und den Film erst recht nicht retten können: Zu sehen gibt es gänzlich überflüssigen Familienkitsch mit dem ewigen Abdruck deutscher Melodramatik."

Jetzt ist eure Meinung gefragt: Was haltet ihr von der Verfilmung?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News