Avatar – Aufbruch nach Pandora stellte 2009 die weltweite Kinolandschaft auf den Kopf. Kinoketten investierten in Millionen für die 3D-Umrüstung, um das blaue Epos von James Cameron zeigen zu können. Existierten im Frühjahr 2009 deutschlandweit lediglich 30 3D-Kinos, waren es im Herbst bereits 90. Nach dem Einschlag des erfolgreichsten Films aller Zeiten stieg die Zahl der 3D-Säle bis Sommer 2010 auf über 310 Säle. Tendenz steigend!
Wiederkehrende Trends
Das weckt Erinnerungen an die 50er, als 1952 der 3D-Film Der Teufel Bwana das Publikum begeistert in die Kinos lotste. Die Kritiker beschimpften den Film als unzumutbaren Schund, aber das schmälerte nicht seinen Erfolg. Hollywood reagierte in den kommenden zwei Jahren mit über 40 Produktionen auf den plötzlichen 3D-Boom – unter anderem auch der Klassiker Bei Anruf: Mord von Alfred Hitchcock. Aber die Euphorie ebbte schnell wieder ab und nach zwei Jahren sprach keiner mehr von der unausgereiften Technik.
Die heutzutage angewendeten Techniken sind in allen Belangen der alten überlegen, aber setzen nach wie vor auf dieselbe Effekthascherei. Denn die beste Technik der Welt nützt nichts, wenn nicht damit umgegangen werden kann. Ähnlich verhielt es sich mit dem Tonfilm. Die ersten Filme waren ungelenke Versuche, Bild und Ton zu kombinieren und erst über die Jahre und Jahrzehnte wurde die Technik verfeinert und perfektioniert. Auch der stereoskopische Effekt – umgangssprachlich schlicht 3D genannt – muss von den Filmemachern erst angenommen und entwickelt werden. Dass sich die Stereoskopie als erzählerisches Stilmittel einsetzen lässt, steht außer Frage, nur muss zuerst das theoretische Regelwerk dazu geschaffen werden. Sobald die Technik auch für Low-Budget und Independent-Filmer erschwinglich wird, darf sich das Publikum auf tatsächliche Innovationen einstellen, die mehr zu bieten haben werden als nur billige Jahrmarkttricks und endlose Tiefe.
Erfolgreichsten 3D-Filme 2010
Die Liste der erfolgreichsten 3D-Filme lässt tief blicken. Nach dem immensen Erfolg von Avatar – Aufbruch nach Pandora stieg nicht nur die Anzahl der 3D-Säle, sondern natürlich auch die Menge an 3D-Filmen explosionsartig an. Aber beim genaueren Hinsehen merken wir, dass mit Ausnahme von Jackass 3D kein einziger nativer – mit echten 3D-Kameras gedrehter – Realfilm hinzugekommen ist. Sowohl Alice im Wunderland als auch Kampf der Titanen und Die Legende von Aang wurden mehr schlecht als recht in die dritte Dimension konvertiert:
Platz 02. Toy Story 3 (415 Mio. Dollar)
Platz 03. Alice im Wunderland (334 Mio. Dollar)
Platz 05. Ich – Einfach unverbesserlich (250 Mio. Dollar)
Platz 06. Für immer Shrek (238 Mio. Dollar)
Platz 07. Drachenzähmen leicht gemacht (218 Mio. Dollar)
Platz 11. Kampf der Titanen (163 Mio. Dollar)
Platz 12. Megamind (141 Mio. Dollar)
Platz 15. Die Legende von Aang (132 Mio. Dollar)
Platz 18. Rapunzel – Neu verföhnt (218 Mio. Dollar)
Platz 19. Jackass 3D (116 Mio. Dollar)
(Einspielergebnisse in den USA gemäß Box Office Mojo)
Aber gerade bei 3D-Filmen – mit ihren exorbitanten Preiszuschlägen – können die Einspielergebnisse nicht mehr als Qualitäts-Indikator genommen werden. Es bleibt fraglich, ob Filme wie Kampf der Titanen oder Die Legende von Aang überhaupt so gut abgeschnitten hätten ohne den 3D-Bonus. Auch Alice im Wunderland, der international die 1-Milliarden-Marke knackte, wäre ohne die dritte Dimension mit Sicherheit nicht annähernd so erfolgreich durchgestartet.
Aber nicht jeder 3D-Film war 2010 automatisch auch Erfolg gegönnt. Nach Enttäuschungen wie Kampf der Titanen stellte sich eine gewisse 3D-Ernüchterung ein und mittlerweile überlegt der Zuschauer zweimal, ob er gewillt ist, für – im schlechtesten Fall – ein paar lausige Jahrmarkttricks einen nicht geringen Preisaufschlag zu berappen.
Die umfassende Liste mit den wichtigsten 3D-Filmen 2010 sieht wie folgt aus:
- Alice im Wunderland (konvertiert)
- Cats & Dogs – Die Rache der Kitty Kahlohr (konvertiert)
- Die Chroniken von Narnia 3: Die Reise auf der Morgenröte (konvertiert)
- Drachenzähmen leicht gemacht (nativ)
- Für immer Shrek (nativ)
- Die Legende von Aang (konvertiert)
- Ich – Einfach unverbesserlich (nativ)
- Jackass 3D (nativ)
- Kampf der Titanen (konvertiert)
- Konferenz der Tiere (nativ)
- Die Legende der Wächter (nativ)
- Megamind (nativ)
- Piranha 3D (konvertiert)
- Rapunzel – Neu verföhnt (nativ)
- Resident Evil: Afterlife (nativ)
- Sammys Abenteuer – Die Suche nach der geheimen Passage (nativ)
- Saw VII – Vollendung (nativ)
- Schock Labyrinth 3D (nativ)
- Step Up 3D – Make Your Move (nativ)
- StreetDance (nativ)
- Toy Story 3 (nativ)
- Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen (nativ)
Es zeigt sich, dass abgesehen von den Animationsfilmen – die ohnehin komplett im Rechner entstehen – noch sehr wenige native, mit echten 3D-Kameras gedrehte 3D-Filme produziert werden, weil die Filmemacher nach wie vor den Aufwand und die Kosten scheuen.
Mittlerweile herrscht aufgrund der negativen Erfahrungen mit Kampf der Titanen oder Alice im Wunderland die Meinung, dass konvertierte Filme generell schlecht sein müssen. Dass es auch anders geht, bewies der im Dezember gestartete Die Chroniken von Narnia 3: Die Reise auf der Morgenröte, der zwar nachträglich in 3D rotoskopiert wurde, aber trotzdem über eine solide Tiefenwirkung und einige schöne 3D-Effekte verfügt.
Wie ein Cinemaxx-Sprecher selbst sagte: “3D ist nicht das Maß aller Dinge. Bei Filmen wie Zweiohrküken brauchen wir keine dritte Dimension.” Er schätzt den Marktanteil des räumlichen Sehens mittelfristig auf 20 Prozent. Andere Kinoketten äußern ähnliche Prognosen, weshalb wir nicht befürchten müssen, dass das klassische Kino in absehbarer Zeit verdrängt wird.
Wie steht ihr zu 3D? Verspürt auch ihr mittlerweile mehr Frust als Lust?