50 Jahre Winnetou – ein filmischer Geburtstag

11.12.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Winnetou und Old Shatterhand
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Winnetou und Old Shatterhand
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Auf den Tag genau vor 50 Jahren kam Winnetou ins Kino. Es war zwar nicht der erste Film mit dem legendären Apachen-Häuptling, der seinen Weg auf die Leinwand fand, aber er erzählte von den Anfängen. Wie alles begann…

Es war ein Sonntagnachmittag, die Hausaufgaben waren gemacht und der Rest des Tages stand ganz im Zeichen der Freizeit. Das Wohnzimmer war leer und wurde in Beschlag genommen. Und für diesen Nachmittag sollte das Wohnzimmer zum Indianerland werden. Es tat sich einiges im heimischen Territorium: Der Sessel und ein Hocker wurden mit der langen Eck-Couch verbunden, ein kleiner Tisch füllte die letzte Lücke. Und Decken! Viele Decken wurden benötigt. Denn das aus den Einrichtungsgegenständen entstandene Fort musste geschützt und noch verwegener gebaut werden. Die Decken verbanden Tisch und Couch und lieferten den Sichtschutz für den heimlichen Höhleneingang zum Fort. Unsere Möbel-Apparatur war alles: Fort, Höhle, steiniges Geröll und weiche Wiesen.

Zum Schluss platzierten wir an einigen Punkten des Konstrukts unsere Waffen. Auf dem Sessel lag die mit ein paar Nägeln drapierte Silberbüchse, die Colts waren umgeschnallt und die Messer gewetzt. Natürlich bestanden letztere aus Plastik, waren die Colts nicht einmal mit Schussplätzchen gefüllt und das Gewehr auch harmlos. Nicht aber in unseren Köpfen. Da waren die Couchlehnen die Pferde und das Geschehen auf dem Fernseher direkt bei uns. Es lief Winnetou. Und wir, ein Freund und ich, waren Beteiligte am Abenteuer – entweder direkt als Winnetou und Old Shatterhand, oder als andere Charaktere. Wir schauten die filmischen Adaptionen der Romanvorlagen von Karl May nicht einfach nur, wir erlebten sie, wir spielten sie nach, wir machten sie uns zu eigen. Dann wurde es laut im Wohnzimmer. Der erste gemeinsame Ritt und wir, auf den Couchlehnen, hinten dran.

Eine Stimme aus dem Off sprach von den alten Geschichten der amerikanischen Ureinwohner und hebte dabei einen Helden hervor – Winnetou, gespielt von dem einzig Wahren Pierre Brice. Das legendäre musikalische Thema, entworfen von Martin Böttcher, erklang und nahm uns mit auf eine Reise in ferne Gefilde. Schon wenig später trat Mario Adorf, der den Bösewicht Frederick Santer verkörperte, erstmals auf und ließ nicht nur wehrlose Büffel, sondern auch den jungen Apachenkrieger Schwarzer Adler töten. Danach folgte die Überleitung zu einem deutschen Vermessungsingenieur, den wir als Old Shatterhand und damit Lex Barker kennenlernten. Zeitgleich hörten wir das Old Shatterhand-Thema. In kürzester Zeit waren damit nicht nur die beiden Protagonisten und unsere zukünftigen Kindheitshelden, sondern auch ihre musikalische Erkennung etabliert.

Wir sprangen von unseren Stoff-Pferden ab. Es wurde geschossen. Also schnell hinter die Decken und Kissen, das Gewehr geschnappt und das Feuer erwidert. Es war diese wohltemperierte Mischung aus Action-Szenen und ruhigen Sequenzen, die Winnetou doch so, sagen wir, spielbar machten. Zudem kam eine spannende und aufregende Handlung, die das Mitfiebern nur so herausforderte. In der Natur spielten wir Cowboy und Indianer, im Wohnzimmer Winnetou. Der Indianer wurde zur Ikone, seine Abenteuer zum Maß aller Dinge und die Verfilmungen zur wochenendlichen Pflicht. Ich weiß nicht, wie oft wir sämtliche Winnetou-Abenteuer sahen, aber es häufte sich in den Jahren gewaltig. Winnetou beeinflusste. Und somit wurden selbst mit den Lego-Figuren und der Soundtrack-Untermalung Karl Mays Vorlagen umgesetzt. In der Fantasie erhoben wir unseren Helden zur unsterblichen Figur.

Für viele Fans ist er das auch heute noch. Mein Vater hatte alle Winnetou-Romane gelesen. Ich als sein Sohn sah mir ihre filmische Adaption immer wieder an. Vielleicht ist dies ein wunderbares Beispiel für die Generationen-Prägung. Heute vor 50 Jahren erschien mit Winnetou der chronologisch erste Film. Zwar war ein Jahr zuvor mit Der Schatz im Silbersee, der bei mir wohl die häufigste Sichtung erfuhr, schon eine Erzählung in die Kinos gekommen, doch Winnetou etablierte das Universum um den Indianer. Er und Old Shatterhand wurden Blutsbrüder und der Anfang zu weiteren, oft dramatischen Erlebnissen war gegeben. Den Tod des Apachen in Winnetou III verkrafteten wir nur schwer. Zum Glück stand er wieder auf, der Tod wurde revidiert. Die Gründe dahinter waren uns egal, Hauptsache, es ging weiter. Und so erblühte wieder und wieder das Fort aus Couch, Sessel und Hocker und bot uns die Möglichkeit, an Winnetou teilhaben zu dürfen.

Der Film Winnetou wird 50. Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch weitere Generationen die Abenteuer der Blutsbrüder und anderer kultiger Figuren wie Sam Hawkens und Lord Castlepool erleben werden. Lone Ranger war gestern. Was zählt, sind die Apachen und ihr berühmtester Häuptling.

Alles Gute!

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