7 Fragen an Big_Kahuna

11.05.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Do you know why they call it a Royale with cheese?
moviepilot
Do you know why they call it a Royale with cheese?
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Von Uma Thurman verführt, von Lost Highway mit der dunklen Seite der Liebe konfrontiert und das wohl poetischste Zitat der 7 Fragen bisher: moviepilot-User Big_Kahunas Antwort auf 7 friemelige Fragen!

Wenn Pulp Fiction schuld ist an einer Liebe zu Filmen (und Gangstern), David Lynch uns mit unserem Innersten konfrontiert und ein Tag als Goodfella nur getoppt werden könnte von Drive – dann haben wir einen neuen Fragebogen für euch! Und für diese 7 Fragen teilzunehmen ist die Zahl der Penisse egal, und ihr müsst nicht einmal euren großen Bruder fragen! Macht euch bereit für eine Fahrt mit unserem Stuntman der Woche, Big Kahuna – und wenn ihr auch mal den Fluchtwagen nach einem waghalsigen 7-Fragen-Heist fahren wollt, sagt einfach kurz Kängufant Bescheid, und er schickt euch den Fragebogen zu. Also legt den Martinez-Soundtrack ein, lehnt euch zurück und genießt die Nacht… oder den Sonntag – ach, genießt einfach!

Welcher Film, welche Serie hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?

Uhh, da muss ich etwas ausholen. Viele kennen vielleicht schon meine Kritik zu Pulp Fiction und werden schon wissen, was ich jetzt dazu zu sagen habe, allerdings möchte ich die Geschichte nochmal ausgraben, da ich im Grunde glücklich bin, dass mich ausgerechnet dieser Film so tiefgehend geprägt hat, sodass ich mich letzten Endes auch hier angemeldet habe (wenn man die Geschichte weiterspinnen möchte).

Es war ein warmer Sommertag, ich war gerade einmal 12 Jahre alt und mir war in meiner cineastischen Jungfräulichkeit gar nicht bewusst, welche Auswirkungen das Filmchen haben würde, was mein damaliger bester Freund da wohl einschieben würde. Glücklicherweise hatte mein Kumpel einen größeren Bruder, der sich schon etwas mit Filmen auskannte und schließlich ließ er sich dazu breitschlagen, uns mal Pulp Fiction auszuleihen. Das Cover, auf dem man die cool rauchende Uma Thurman mit eisenhartem Blick und einer Knarre, die davor lag, sieht, war schon immer faszinierend, und so gab der Bruder schließlich trotz seines pädagogischen Zweifels nach, bestand aber darauf, sich den Film gemeinsam mit uns anzugucken – natürlich nicht etwa als Aufsichtsperson sondern ganz einfach, weil es ihm mal wieder Spaß gemacht hatte, den Film zu sehen.

Sich als 12-Jähriger einen solchen, völlig untypischen Gangsterfilm anzusehen, löste natürlich absolute Faszination in mir aus, denn welches Kind in dem Alter kennt schon ein solches Umfeld, könnte sich geschweige denn derart herausragend coole Absurdität im Alltag des Gangsterlebens vorstellen. Natürlich begriff ich nicht alles, und natürlich würde ich diesen Film noch etliche Male sehen, das war beim ersten Mal Schauen schon klar, und dennoch fühlte ich, wie ein Charme von diesem Film ausging, dem ich mich nicht entziehen könnte. Viele von euch werden dieses Gefühl der Nostalgie kennen, das einem jedwede Objektivität entgleiten lässt und dafür sorgt, dass man das, was man damals mal ununterbrochen gesehen hat, auch heute noch gnadenlos abfeiern muss, weil es einfach nicht anders möglich ist. Ich möchte dieses Gefühl jedenfalls nicht missen.

Pulp Fiction sorgte also höchstpersönlich dafür, dass das Gangstergenre mich für ewig in seinen Bann ziehen dürfte, und schuld war ganz klar Quentin Tarantino. Gäb es ihn nicht, wäre ich jetzt vermutlich nicht so eng mit sämtlichen Streifen aus diesem Metier verbunden – quatsch, was sag ich, mit Filmen im Allgemeinen. Ich weiß bis heute nicht genau wie, aber er hat es geschafft, mich mit dem Medium Film in eine besondere Beziehung zu setzen, und dafür bin ich ihm dankbar, auch wenn er sich zur heutigen Zeit vielleicht etwas zu sehr in seinen filmischen Spielereien verliert, als zu seiner anfänglichen Genialität zurückzufinden, aber gut, ich verzeihe ihm das, womit wir auch direkt bei der nächsten Frage wären.

Welchem Schauspieler oder Regisseur würdest du jeden Fehltritt verzeihen? Und womit hat er oder sie diese Nachsicht verdient?

Anders als ihr wahrscheinlich erahnt, ist es nicht Quentin Tarantino, dem ich jeglichen Fehltritt verzeihen würde. Es handelt sich um jemanden, der diese von Tarantino ausgelöste, filmische Begeisterung ausgedehnt hat, in andere Gebiete, viele würden sagen in dunklere Gefilde.
Ich möchte mich da eigentlich nicht unbedingt auf einen Einzigen beschränken, aber wenn ich einen wählen müsste, wäre es mit Sicherheit David Lynch. Ihm werfen ja viele vor, sich auf seinem künstlerischen Surrealismus auszuruhen, mehr eine Geschichte mystisch zu verschlüsseln, als sie gekonnt bewegend zu erzählen, ich kann diese These nicht bekräftigen und eigentlich auch nicht verstehen (gerade letzteres hat er in seinen “normalen” Filmen schon zur Genüge bewiesen).

Lynch beeindruckt mich immer wieder, und das obwohl ich seine Filme schon oftmals gesehen habe. Dennoch gelingt es ihm, immer wieder neue Denkanstöße und Gefühle in mir auszulösen, indem er durch seine, im wahrsten Sinne des Wortes “traumhaften” Szenen, die sich nicht unbedingt gedanklich nachvollziehen lassen, belehren will. Dadurch, dass er über eine der unberührtesten Ebenen, die wir haben, in uns “eindringt” – die Träume, das Ungreifbare – wird er viel präsenter in uns.

Nehmen wir mal einen manchmal unterschätzten Film von ihm, den ich gleichzeitig für sein absolutes Meisterwerk halte, der ebenso abstrakt und unaufklärbar ist, wie es unsere Träume sind: Lost Highway. Für mich ist Lost Highway eine Geschichte über die Liebe, über die dunkle Seite der Liebe. Natürlich kann das von Zuschauer zu Zuschauer variieren, und natürlich ist dieser Film mehr eine persönliche Erfahrung, als eine für jeden verständliche Erzählung, weil Lynch uns mit unseren eigenen Gefühlen und Erfahrungen konfrontiert. Aber genau hierin liegt die Stärke: Obwohl uns Lynch nicht kennt, konfrontiert er uns mit unserer eigenen Gefühlswelt und zeigt uns unsere eigenen, inneren Abgründe auf, visualisiert die dunkle, hingebungsvolle Seite derjenigen Liebe, die nicht erwidert wird. Das Einzige was wir dafür tun müssen, ist uns dem Sog hingeben, den Lynch uns mit seinem stilistisch ausgeklügelten Werk atmosphärisch vor die Füße wirft.

Das ist für mich cineastisches und künstlerisches Können auf oberstem Niveau und dafür erlaube ich ihm, dank seiner Fähigkeit, sich nahezu mit jedem Thema auseinandersetzen zu können, jeden Fehltritt, den er machen könnte. Leider hat er sich schon seit etlichen Jahren nicht mehr hinter die Kamera bewegt und es sieht auch nicht mehr danach aus, dass er das nochmal vor hat, aber wenn, dann hat einer meinen vollumfänglichen Segen für jegliche filmische Matschpfütze, in die er stapfen könnte – was er in seiner Brillanz wahrscheinlich aber nie tun würde.

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