Zur Ehrenrettung der Oscars ist festzuhalten, dass immerhin Clint Eastwoods Kriegsfilm American Sniper keinen nennenswerten Academy Award gewonnen hat. Sonst aber ist dieser Eastwood der erfolgreichste aller Zeiten und erfreut sich vor allem in Amerika allergrößter Beliebtheit. Das ist bedauerlich, denn „American Sniper“ ist Eastwoods schwächster Film. Zunächst ist die Ideologie des Dramas schon mehr als fragwürdig, denn Eastwood rechtfertigt hier den Irakkrieg und quasi alle militärischen Interventionen der USA nach dem 11. September. Darüber hinaus wirbt der Film regelrecht neue Soldaten an, es wäre nur konsequent, wenn dieser Film bald von der US-Army als Rekrutierungsvideo eingesetzt wird. Auch in dem Falle wäre der Erfolg gewiss, denn selten wurde in letzter Zeit so unkritisch das Soldatentum glorifiziert und der Krieg beschönigt.
Doch selbst wenn man mit der Botschaft keine Probleme hat oder umgekehrt: selbst wenn der Film ein Antikriegsfilm wäre, auch dann könnte man nichts Positives sagen, denn Eastwood hat auf alles verzichtet, was große Filmkunst ausmacht. Propaganda – egal für was auch immer – kann niemals gute Kunst sein, sondern ist eben immer nur Mittel zum Zweck. Ein Kunstwerk aber existiert zunächst zum Selbstzweck – um der Kunst willen. Spannt sich aber ein Film derart selbst vor den Karren wie American Sniper, kann von Kunst keine Rede mehr sein, vielmehr geht es nur noch um Realpolitik. Selbstverständlich ist die vollkommene Autonomie der Kunst auch ein Konstrukt, das aufgrund Pierre Bourdieus Analysen zu den „Regeln der Kunst“ problematisch geworden ist; doch Eastwood versucht ja nicht einmal, seinem Werk eine Eigenständigkeit zu verleihen.
Dieser Film ist nicht mehr als
verfilmter Leitartikel eines Falken, dem es aber auf raffinierte Weise
gelingt, auch Liberale mit ins Boot zu holen. Der Erfolg von American Sniper
ist überhaupt nicht verwunderlich, aber er ist erschreckend.
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