Andy Serkis' Ego will einen Oscar - um jeden Preis

10.05.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Andy Serkis' Ego will einen Oscar - um jeden Preis
20th Century Fox/AMPAS/moviepilot
Andy Serkis' Ego will einen Oscar - um jeden Preis
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Andy Serkis ist ein Meister der digitalen Maskerade, der gerufen wird, wenn Geschöpfe zum Leben erweckt werden wollen. Außerdem ein sympathischer Kerl – der sich leider zusehends zum Affen macht. Und damit ist nicht seine Rollenauswahl gemeint.

Andy Serkis ist ein grundsympathischer und talentierter Schauspieler, der vor allem in den Herzen der VFX- und Animationsnerds einen Platz gefunden hat. Er begann seine Karriere auf den Brettern, die die Welt bedeuten und tauschte vor 15 Jahren eigentlich nur zufällig und ohne zu wissen, worauf er sich einlässt, die Theaterbühne durch den kalten Boden einer Motion Capture Stage. Ehe er sich versah, wurde aus ihm ein Botschafter der digitalen VFX-Revolution. Eine Rolle, in der er sich schnell wohl fühlte und fortan auch pflegte. Performance Capture (kurz: PC) wurde zu seinem Markenzeichen. Eigentlich ist er eine Schauspiellegende, wenn wir uns seine berühmtesten Rollen anschauen. Gollum, King Kong, Captain Haddock, Caesar und bald auch Hulk (in unterstützender Funktion) und Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht. Eigentlich.

Aus dem kleinen Theater-, Film- und Fernsehdarsteller von damals wurde eine Gallionsfigur der Technikszene, die seit einigen Jahren mit The Imaginarium ein eigenes Performance Capture Studio in London betreibt. Dass er heimlich davon träumt, für seine Leistungen mit Oscargold gewürdigt zu werden, daraus macht er keinen Hehl. Die Oscarkampagne anno 2011 von ihm und Fox, die den Vorstoß wagte, einen Performance Capture-Schauspieler für eine klassische Nominierung als bester Darsteller zu empfehlen, erregte die Gemüter und löste eine Debatte darüber aus, wie mit “unsichtbaren” Schauspielern umzugehen sei. Vielleicht ist es dieser innige Wunsch nach Anerkennung, wie sie Schauspieler von traditionellen Rollen seit jeher erfahren. Vielleicht auch der rapide Fortschritt der Technologien, die Serkis in den vergangen Monaten zusehends dazu verleiteten, mit Äußerungen aufzufallen, die vor allem gegen diejenigen gerichtet waren, für die er sich zum Fürsprecher ernannte. Die Digital Artists, Animatoren, Compositors und all die kleinen und großen Zauberer hinter ihren Monitoren, die dafür sorgen, dass aus Schauspielern in grünen Pyjames und jede Menge Nullen und Einsen fliegende Superhelden, schizophrene Hobbitse oder gigantische Gorillas werden. Die Kollegen von Cartoon Brew fassten es folgendermaßen zusammen: “Andy Serkis Does Everything, Animators Do Nothing, Says Andy Serkis”.

Digitale Kosmetiker im Akkord
Eine gewagte Interpretation, der Serkis natürlich sofort wiedersprechen würde. Aber wer das nachfolgende Interview genauer studiert, dem könnte eventuell auffallen, dass der Schauspieler zusehends ein gewisses Verhalten entwickelt. Ein Verhalten gegen diejenigen, die ihn vor zehn Jahren aufbauten, hin zu einem ignoranten, stereotypen Schauspielerverhalten, das die Eigenleistung über die aller Anderer stellt. Attitüden so alt wie das Filmbusiness selbst, aber mit verdigitalisierter Verblendung.

Serkis sagte in einem Interview vor einigen Tagen: “The technology is one thing, but basically one has to remember that it is only technology. Performance capture is another bunch of cameras. It’s 360 degree cameras filming an actor, and I think it’s the understanding of that has changed. […] But also the way that Weta digital, whom I’ve worked with on oct of those projects, that they have now schooled their animators to honor the performances that are given by the actors on set. […] It’s a given that they absolutely copy [the performance] to the letter, to the point in effect what they are doing is painting digital makeup onto actors’ performances.” (zum kompletten Interview)

Vor zwei Wochen war der Gollum-Darsteller zudem zu Gast in Stuttgart, um im Rahmen der “FMX”, einer Fachmesse für VFX, Games und Transmedia, exklusiv eine Präsentation über Planet der Affen – Revolution zu halten, wo er auch den Trailer und zahlreiche, teils unfertige Shots zeigte, die den Einsatz der Performance Capture-Technologie erklärten. Dort sprach er ähnlich wie im oben zitierten Interview über die Beziehung zwischen Schauspieler und Technik. Er zeigte sich stolz darüber, dass sämtliche Affen von Schauspielern verkörpert wurden, egal wie weit hinten in der Szene sie sich auch befanden, was händische Keyframeanimationen obsolet machten. Offiziell. Er sprach aus einer sehr subjektiven, schauspielerischen Perspektive vor einem Fachpublikum, dass zu 90% aus Artists bestand. Entsprechend zwiespältig wurden seine Aussagen aufgenommen, die andeuteten, dass mit modernen PC-Verfahren keine Symbiose mehr zwischen Schauspieler und Artist bestünde, sondern der kreative Schaffensprozess fast vollständig beim Schauspieler liege.

Sein Schatzzzz…
Ein Grund für Serkis’ veränderte Wahrnehmung könnte der enorme Fortschritt in den vergangenen fünf Jahren sein. Zu Zeiten der Herr der Ringe-Trilogie befand sich Performance Capture noch in den Kinderschuhen. Damals wurden lediglich die Körperbewegungen aufgenommen, sämtliche Feinheiten wie Gesicht oder Finger mussten größtenteils händisch über Keyframeanimationen umgesetzt werden, also auf die klassische Weise, wie auch Pixar ihre Filme umsetzen – ohne simulierte oder aufgenommene Daten. Serkis musste damals seine Szenen doppelt spielen. Einmal beim richtigen Dreh am Set zusammen mit den anderen Schauspielern. Dort wurden aber keine Bewegungen erfasst, sondern es ging rein um den Szenenablauf und die Interaktion mit Schauspielern und Umgebung. Im Studio musste Serkis schließlich sämtliche Szenen nochmals spielen, diesmal im berühmten grünen Pyjama und den weißen Bällen. Erst Avatar – Aufbruch nach Pandora ermöglichte es, mehrere Personen gleichzeitig aufzunehmen und in einer Echtzeitdarstellung den Schauspieler in das digitale Set zu setzen. Auch wurde das Scan-Verfahren der Gesichtsmimik verbessert. Planet der Affen: Prevolution befreite den PC-Schauspieler von seiner Isolation und ermöglichte es ihm, auch bei Außendrehs dabei zu sein. Die Bewegungen konnten nun überall aufgenommen werden und mussten nicht mehr im Studio erfasst oder wiederholt werden. Planet der Affen – Revolution setzte noch einen drauf, indem die Zahl der PC-Schauspieler und die Komplexität der Szenen erhöht wurden.

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