Bachelor in Paradise kommt direkt aus der Hölle

19.10.2019 - 10:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
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Bachelor in Paradise 2019
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Für unsere neue Trash TV-Reihe habe ich meine unschuldigen Augen einer Ausgeburt der Hölle geliehen und Bachelor in Paradise geguckt. Ich wusste nicht, auf was ich mich hier einlasse.

Bachelor in Paradise ist wie die neue Breaking Bad-Fortsetzung El Camino bei Netflix. Wenn man die Serie davor nicht gesehen hat, dann macht das alles keinen Sinn. Wer sind diese Menschen? Muss ich die kennen? Warum wirken sie alle bekifft? Eines ist klar: Es geht um Leben und Tod.

Das ist ein Erfahrungsbericht.

Bachelor in Paradise - Mehr Tier als Lauch

"Ich warte nur noch auf die Mädels und dann kann die Post losgehen." Filip ist hoch motiviert. Er ist zugleich der erste Kandidat, der im Paradies eintrifft und der einzige, dessen Name ich mir gemerkt habe. Die Kandidaten dort haben eben den Nachteil, dass sie sich alle sehr ähnlich sehen.

Da schauen Männer und Frauen aus, wie sich ein Filip halt einen Mann und eine Frau vorstellt. Genau wie die Körper der Bachelors und Bachelorettes entspringt auch das Ressort einem Werbemagazin, das man aus Langeweile überblättert.

Bachelor in Paradise: Das ist Filip

Alles riecht nach Hollywood. Die halbnackte Haut, die normierte Schönheit, die leicht verdaulichen Konflikte. Bloß hie und da ist sogar ein weiblicher Nippel zu sehen. Das ergibt ein Potpourri aus zu häufig oder zu selten zurückgewiesenen Seelen und Geschlechterbildern von 1950.

Männer sollten "eher einem Tier ähneln als einem Lauch", und bei Frauen sind leider "immer Gefühle dabei". Die Kandidaten begreifen einander zugleich als Beute und Egopflege, aber auch als potenzielle Partner fürs Leben und Erfüllung aller Träume. Nicht erst der diplomierte Paartherapeut sieht den Fehler in dieser Gleichung.

Zu Beginn dachte ich noch, das könnte richtig lustig werden.

Rosen und Sternzeichen sind das goldene Ticket

Unser Trash TV-Experte Hendrik hat für nichtwissende Moviepiloten einen Artikel geschrieben, der die Regeln von Bachelor in Paradise erklärt. Ich hab ihn nicht gelesen. Nicht aus Desinteresse, sondern weil ich mein kleines Experiment so ahnungslos wie möglich begehen wollte. Das hat viele Fragen aufgeworfen.

Zum Beispiel: Warum segelt mitten in der Sendung ein Aquaman für Arme an Land und darf mitbuhlen, als wär nichts passiert? Und: Warum flippen alle aus, wenn der Barkeeper mit seinen anmaßend stumpfen Ratschlägen aufschlägt?

Bachelor in Paradise: Aquaman

Ich hab Medienwissenschaften studiert und Texte gelesen, die mit den Begriffen Affektfernsehen und Voyeurismus um sich schmeißen. Das alles hat mich nicht dafür gewappnet, wie Bachelor in Paradise funktioniert.

Nach einer Stunde habe ich verstanden, dass die Kandidaten Rosen bekommen müssen, um bleiben zu dürfen. Wer sich an niemanden ranschmeißt, fliegt also raus. Wer nach Streit riecht, fliegt raus. Wer sich nicht schnell genug in den Mittelpunkt jemandes Interesses drängt, fliegt raus.

Ganz besonders wichtig sind dabei auch die Sternzeichen. "Weißt du, was sie für ein Sternzeichen ist?", fragt der eine (nicht Filip) den anderen (vielleicht Filip) auf einer schicken Bank am Strand sitzend, während er drei Frauen beobachtet. Beim ersten Mal war es lustig. Als jedoch zum dritten Mal nach dem Sternzeichen gefragt wird, muss ich gähnen. Hat der Cutter wirklich kein besseres Material mehr zum Auffüllen der ersten Folge?

Bachelor in Paradise ist ekelig reizlos

Vielleicht hatte ich zu hohe Erwartungen. Ich wollte Schmerzen haben im Angesicht dieser gefährlich biederen und heteronormativen Welt. Und ein bisschen wollte ich auch schmachten.

Meine Reality-Liebe festigte sich schon mit 14 Jahren, als ich zum Leidwesen meiner Eltern beim WG-Leben meiner Lieblingsboyband mitfieberte. O-Town: Making The Band hieß die Sendung, die mich wöchentlich zum Schmelzen brachte. Ich würde mir niemals anmaßen, Reality-TV, Makeover-Sendungen und Casting-Shows kategorisch von meinem Stundenplan zu streichen.

Bachelor in Paradise: Rausgeflogen

Ich kann den Reiz an absurden Streitereien, spätpubertären Dummheiten und schönen halbnackten Menschen gut verstehen. Wenn sie jedoch beim Date eine sexuelle Chemie von zwei Roggenbrötchen ausstrahlen, wenn kein einziger Streit eskaliert (außer eine absurd niederträchtige Foto-Sex-Geschichte) und wenn ich mich nicht ein einziges Mal vor Fremdscham krümme, dann ist das nichts für mich.

Ohne den ganzen masochistischen Überbau bleiben die ekeligen Idealvorstellungen der Kandidaten und ihr Interesse an Sternzeichen übrig. Nicht einmal lustvolles Überanalysieren bietet sich an. Die erste Folge Bachelor in Paradise kommt aus jener Ecke der Hölle zu uns, in der wir die grauenvollste Tortur erleiden: Langeweile.

Ein einziger Satz hallt mir nach, weil er so universell anwendbar ist. Eine der Frauen, die ein paar anderen Frauen sehr ähnlich sah, meinte zu einem der Männer (nicht Filip): "Was nutzt du, wenn du ein Stück Scheiße bist?" Der Satz hätte auch im Breaking Bad-Film El Camino fallen können.

Du bekommst heute leider keine Rose von mir, Bachelor in Paradise.

Welche Erfahrungen konntet ihr bereits mit Bachelor in Paradise sammeln?

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