Bundys, Simpsons & die postmoderne Sitcom

11.09.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Simpsons
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Im vorletzten Teil nehmen wir die postmoderne Entwicklung der Sitcom in den 1990er und 2000er Jahren unter die Lupe und driften in Metasphären ab.

Ende der 1980er Jahre war es 40 Jahre her, dass I Love Lucy die Sitcom erstmals populär machte. Seitdem wuchsen mehrere Generationen von Menschen mit Lucille Ball, den Hillbillies aus Beverly Hills, Mary Tyler Moore, Bill Cosby und den sechs Freunden aus dem Central Perk auf. Jeder dieser Menschen verbindet Erinnerungen und Emotionen mit diesen Serien. Und genauso wie sie alle wissen, dass bei den Abendnachrichten ein seriöser Moderator die Nachrichten von einem Schreibtisch vorliest, haben sie auch gelernt wie Sitcoms funktionieren und aussehen.

Der Laugh-Track, die begrenzten Handlungsorte, Catchphrases und das beruhigende Wissen, dass am Ende der Folge der Status Quo wieder hergestellt ist - die Sitcom ist unsere Lieblingscornflakes-Sorte aus dem Supermarkt, auch die Spielzeug-Überraschung überrascht uns nicht mehr wirklich. Sie profitiert von einem engen Regel-Korsett, denn Redundanz ist King. Oder um es in den Worten des Paketboten Phillip J. Fry zu sagen:

"It was just a matter of knowing the secret of all television: At the end of the episode, everything is back to normal."

Dass wir um die Kniffe, Regeln und Tricks der Sitcom wissen, machte den Weg frei für neue Sitcom-Formen. Im vierten Teil dieser Reihe soll es um den Einzug von (Pop)-Kultur, Selbst- und Meta-Referentialität in das Sitcom-Genre gehen: Ein Trend, der in den späten Achtzigern begann und als Ausdruck der Postmoderne im Fernsehen gilt.

Not The Cosbys

1987, als Die Bill Cosby Show, schon auf der Erfolgswelle ritt, machte eine ganze andere Familie Karriere. Die Bundys aus Eine schrecklich nette Familie sind das, was gemeinhin als "White Trash" bezeichnet werden kann. Al Bundy (Ed O'Neill) war der mürrische, schlecht riechende Ehemann seiner nutzlosen, materialistischen Ehefrau Peggy (Katey Sagal) und Vater seiner Kinder, "Dumpfbacke" Kelly (Christina Applegate) und pubertärer Teenager Bud (David Faustino). Als geistiger Nachfolger von All in the Family und thematischer Nachbar von Roseanne ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, warum Eine schrecklich nette Familie neue Standards im Sitcom-Genre setzte. Aber tatsächlich war Eine schrecklich nette Familie als Pendant zu den zuckersüßen Familiensitcoms seiner Zeit angelegt. Der Arbeitstitel war buchstäblich "Not The Cosbys"

Diese neuen Arbeiterklassen-Sitcoms, allen voran Eine schrecklich nette Familie, stellen die bis dahin gültigen Werte in Frage, kritisieren und persiflieren das, was in den vergangenen Jahrzehnten als Wahrheit und Norm galt. Statt gesellschaftliche Probleme anzusprechen wie es in den1970ern üblich war, beherrschten Respektlosigkeit, sexuelle Anspielungen, Ironie und Sarkasmus den Humor. Es war der Beginn einer Reihe von Serien, die sich selbstreflektiert mit der eigenen Serie, dem Genre oder Fernsehen als Ganzes auseinandersetzten. 

Die gelbe Revolution

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Die Subtilität, mit der die Bundys mit ihrem Status als Familiensitcom umgingen, war in der nächsten Phase plötzlich ganz offensichtlich. Die prähistorische Famillie Sinclair aus Die Dinos persiflierte heutige Medien und Gesellschaft als doppelt kodierte Geschichten aus einem Land vor unserer Zeit. Intertextuelle Verweise  auf andere Serien, zunehmende Gesellschaftskritik und sogar scharfzüngige Satire des eigenen Senders (ABC) sollen für die Absetzung verantwortlich gewesen sein.

Doch nicht jeder Sender ging so unentspannt mit dieser neuen Richtung um. Nicht aufzuhaltender technischer Fortschritt und zunehmende kulturelle Vielfalt forderten neue Darstellungsformen und der Auflösung standardisierter Mittel. Die Simpsons erblickten 1989 das Licht der Welt und begannen statt nach dem "Was?" vermehrt nach dem "Wie?" zu fragen. Parodie, Ironie, Satire, Selbst- und Metareferentialität waren hier stärker als zuvor an der Tagesordnung. Die Liste der Doppelbödigkeiten und Kommentare auf die Popkultur ist lang; die der Serien, die in die Fußstapfen der Simpsons folgten ebenso. Von South Park bis hin zu  Family Guy, American Dad und The Cleveland Show von Seth MacFarlane - jede dieser Serien beruht mal mehr, mal weniger erfolgreich auf Satire und dem Verwischen zwischen den Grenzen der Realität.

Erfahrt auf der nächsten Seite, wie postmoderne Grenzüberschreitungen die Künstlichkeit der Sitcom entlarven und viele Serien der späten Neunziger und Zweitausender bereichern.

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