Also war ich ein paar Tage vor Ort, um mir ein Bild zu machen und für
Moviepilot diesen kurzen Blogeintrag zu schreiben. Die Atmosphäre rund um das
Festival war super. Mitten auf dem Schlossplatz war eine riesige Open-Air
Leinwand aufgebaut, auf der man auch als normaler Passant Filme wie „Storks“,
„Ice Age 5“ und „Findet Dorie“ betrachten konnte. Leider habe ich alle Drei
verpasst, wobei ich gerade „Findet Dorie“ eigentlich noch schauen möchte. Im
Gegensatz zu „Ice Age 5“ übrigens, die Filme werden mit jedem Teil belangloser,
behaupte ich einfach mal dreist, ohne ihn gesehen zu haben.
Was ich mir allerdings anschaute waren die Programmpunkte „Young Animation 2“,
„Best Of Animation 3“ und „Internationaler Wettbewerb 3 & 4“. Zuvor erhielt
ich meinen schicken, umhängbaren Presseausweis in der eigens eingerichteten
Presse-Lounge, wo es neben freiem WLAN auch freien Kaffee gab. Im Nachhinein
betrachtet, hätte ich dieses Angebot viel häufiger nutzen sollen, anstatt gar
nicht.
Mit dem Presseausweis konnte ich elitär an den Reihen der normalsterblichen
Ticketerwerber vorbei schreiten und wurde direkt in die sehr schönen und großen
Säle des Gloria-Kinos eingelassen.
Die Festival Organisation gab sich viel Mühe für einen reibungslosen Ablauf,
der auch so gut wie immer gegeben war. Nur einmal kollidierte der Einlass zum
„Internationalen Wettbewerb“ mit einer Vorstellung von „Guardians Of The Galaxy
2“, sodass die Vorräume des Kinos brutal gefüllt waren. Es entstanden kurze
Wartezeiten, die aber völlig im Rahmen und unproblematisch waren. Bis auf einen
Rentner, der wohl meinte es wäre sein Job als verbittertet alter Mensch
auszurasten, hatte auch niemand ein Problem damit und er wurde peinlich berührt
ignoriert.
Der erste Programmunkt, den ich mir ansah, war „Young Animation 2“. Dort wurden
die besten Kurzfilme von Studierenden aus internationalen Film- und
Kunsthochschulen präsentiert. Gezeigt wurden zwölf Filme, bei denen die ganze
Bandbreite an Animationstechniken abgedeckt wurde: Von 2D-Animation über 3D bis
hin zu Stop-Motion. Es gab Filme in schwarz-weiß, in bunt, in irgendwas
dazwischen, im Animé-Zeichenstil, im bewusst kindlichen Gekritzel oder auch auf
ganz eigene Weise gezeichnet. Auch die Genres variierten von Film zu Film. Mir
persönlich am besten gefallen haben „T“ (von Riccardo Chiara, Cecilia Petrucci,
Alvise Zennaro; Italien) und „Agent Smith – Phantoms Of The Past“ (von Elsa
Clidi, Simon Duong van Huyen, Florian Pasquier, Florian Titone; Frankreich).
Ersterer handelt von drei Entdeckern, die scheinbar unabhängig voneinander an
verschiedenen Orten der Welt mysteriösen Radio-Signalen folgen und jeweils auf
ein schwarzes, T-förmiges Monument stoßen. Erinnert etwas an „2001“. Das ganze
besaß ein tolles Sounddesign und der Look und seine Farbgebung waren sehr
einprägsam. „Agent Smith“ war hingegen reine Comedy und hat mich mit seiner
völlig ausartenden Handlung rund um ein niedliches Flubber-Wesen überzeugt.
Schon bei „Young Animation 2“ fiel mir auf, dass Katzen ein gehäuft
auftretendes Motiv waren. Vier der Zwölf Filme, also jeder Dritte,
thematisierten Katzen oder zumindest taten sie zur Handlung bei. Zufall? ODER
steckt mehr dahinter? Eigentlich auch völlig egal. Jedenfalls sollte sich meine
Beobachtung auch noch durch die späteren Screenings ziehen.
Als nächstes auf dem Programm stand „Internationaler Wettbewerb 3“. Meine Favoriten
waren „Johnno’s Dead“ (von Chris Sheperd; Frankreich, Großbritannien), der
Realfilm mit grellen Animationen mixte, während man die Welt aus der Sicht
eines gewalttätigen Psychopathen erlebte, und „Untamed“ (von Juliette Viger,
Dänemark). Ein Mädchen versucht dort das Leben mit ihrem problematischen Vater
zu meistern. Er ist ein Wolf. Außerdem zu erwähnen ist, dass „Deer Flower“ (von
Kangim Kim; Südkorea) eine ziemlich coole und detailverliebte Optik besaß,
alles schien sehr komplex aus Pappe gebastelt worden zu sein. Ehrlicherweise
nicht so gefallen haben mir „Le Fil D’Ariane“ (von Claude Luyet, Schweiz), in
dem eine Frau zeitlebens dabei gezeigt wird wie sie Wäsche auf ihrem Balkon
aufhängt, was ich zwar als informativ aber doch etwas langatmig empfand. Auch
mit „Impossible Figures and other Stories II“ (von Marta Pajek; Polen) hatte
ich meine Probleme. 15 Minuten lang verformt sich die Wohnung einer Frau um sie
herum, Ende. Alles klar.
Auch das war irgendwie typisch für viele Kurzfilme. Oft sehr künstlerisch, anders,
art-housig, offene Enden, alles interpretierbar, keine klare Handlung. Kann man
Fan von sein. Wenn es aber derartig ausartet wie in „[…] Figures II“, verliert
es irgendwie den Reiz. Aber nur meine Meinung. Auch, dass die Regisseurin im
anschließenden Interview erwähnte, es gäbe gar keinen Teil I, als nächstes sei
Teil III in der Mache, dann erst würde I folgen, war … komisch? Was soll denn
da fortgeführt/eingeführt werden? Ich mutmaße einfach mal: Wirre Verformungen
und davon hart viele.
In der „Best Of Animation“-Reihe wurde eine Auswahl von besonders
bemerkenswerten Kurzfilmen der letzten 25 Jahre gezeigt, die außerhalb des
Wettbewerbs liefen. In Runde Drei war ich sehr begeistert von „Guard Dog“ (von
Bill Plympton; USA) und „The Pride Of Strathmoor“ (von Einar Baldvin; USA), die
einen krassen Kontrast darstellen. „Guard Dog“ sehr witzig, sehr bunt, „The
Pride Of Strathmoor“ sehr dramatisch und im dreckig-düsteren Schwarz-weiß-Look.
Die Bilder waren genial albtraumhaft gezeichnet und dazu ein im guten Sinne
verstörendes Sounddesign. Untermalt mit dem Voice-over eines fortschreitend
wahnsinnig werdenden Pfarrers, ist in epileptischen Schnitten seine
Weltanschauung zu sehen, voll mit Gewalt und schwarzen Krähen. Hier bitteschön,
habe den Link auf Vimeo dazu gefunden, absolut empfehlenswert.
Die letzte Veranstaltung, die ich besuchte, war „Internationaler Wettbewerb 4“. Besonders der Opening-Film „We’re Humans. After All“ (von Jan Míka; Tschechien) mit seinem Mix aus Realfilm, Puppentrick und Animation war super. Die Helden, ein Hase und ein Fuchs, besaßen ein äußerst kultiges Aussehen und außerdem war die musikalische Untermalung sehr gelungen. Erstaunlich berührend war „Final Call“ (von Sara Barbas; Portugal), der „Zoomania“-mäßig verschiedene Tiere unterschiedlichen Charakteren zuordnet und auch optisch sehr disneyhaft anmutete (Hauptfigur übrigens eine Katze!). Die Mimiken sind mit viel Gespür wunderschön gezeichnet, sodass man sich sofort in die Geschichte einfühlen kann. Erwähnen möchte ich den Film „Nachtstück“ von der Deutschen Anne Breymann. Sehr faszinierende Kreaturen und Atmosphäre. Lediglich am Schluss hätte ich mir einen eindeutigeren Clou gewünscht, fiel er doch wie so oft recht experimentell aus.
Das waren kurz zusammengefasst meine Erfahrungen auf dem ITFS. Ich bin sehr zufrieden mit dem Erlebnis, mit dem größten Teil der gezeigten Filme und auch sehr inspiriert vielleicht selbst mal die Tastatur in die Hand zu nehmen, um zu googlen, wie man einen Animationsfilm macht. Also Obacht ITFS! Nächstes Jahr dann ein heißer Anwärter auf dicke Preisgelder: Mein Strichmännchen-Film aus Paint. Das Festival hat es geschafft wieder einmal zu zeigen, wie schön das Medium Film sein kann.