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Das 24. Internationale Trickfilmfestival in Stuttgart - Ein kurzer Erfahrungsbericht

10.05.2017 - 03:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
FS an 29. April 2017 - 16:05 in Allgemein, Film, Medien, Veranstaltungstipp
ITFS
FS an 29. April 2017 - 16:05 in Allgemein, Film, Medien, Veranstaltungstipp
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Völlig überraschend gelangte ich über Moviepilot.de an eine Presseakkreditierung für das Internationale Trickfilm Festival in Stuttgart, da ich dort irgendwann nachts an einem Gewinnspiel teilgenommen habe. Geil!

Also war ich ein paar Tage vor Ort, um mir ein Bild zu machen und für Moviepilot diesen kurzen Blogeintrag zu schreiben. Die Atmosphäre rund um das Festival war super. Mitten auf dem Schlossplatz war eine riesige Open-Air Leinwand aufgebaut, auf der man auch als normaler Passant Filme wie „Storks“, „Ice Age 5“ und „Findet Dorie“ betrachten konnte. Leider habe ich alle Drei verpasst, wobei ich gerade „Findet Dorie“ eigentlich noch schauen möchte. Im Gegensatz zu „Ice Age 5“ übrigens, die Filme werden mit jedem Teil belangloser, behaupte ich einfach mal dreist, ohne ihn gesehen zu haben.
Was ich mir allerdings anschaute waren die Programmpunkte „Young Animation 2“, „Best Of Animation 3“ und „Internationaler Wettbewerb 3 & 4“. Zuvor erhielt ich meinen schicken, umhängbaren Presseausweis in der eigens eingerichteten Presse-Lounge, wo es neben freiem WLAN auch freien Kaffee gab. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich dieses Angebot viel häufiger nutzen sollen, anstatt gar nicht.
Mit dem Presseausweis konnte ich elitär an den Reihen der normalsterblichen Ticketerwerber vorbei schreiten und wurde direkt in die sehr schönen und großen Säle des Gloria-Kinos eingelassen.
Die Festival Organisation gab sich viel Mühe für einen reibungslosen Ablauf, der auch so gut wie immer gegeben war. Nur einmal kollidierte der Einlass zum „Internationalen Wettbewerb“ mit einer Vorstellung von „Guardians Of The Galaxy 2“, sodass die Vorräume des Kinos brutal gefüllt waren. Es entstanden kurze Wartezeiten, die aber völlig im Rahmen und unproblematisch waren. Bis auf einen Rentner, der wohl meinte es wäre sein Job als verbittertet alter Mensch auszurasten, hatte auch niemand ein Problem damit und er wurde peinlich berührt ignoriert.
Der erste Programmunkt, den ich mir ansah, war „Young Animation 2“. Dort wurden die besten Kurzfilme von Studierenden aus internationalen Film- und Kunsthochschulen präsentiert. Gezeigt wurden zwölf Filme, bei denen die ganze Bandbreite an Animationstechniken abgedeckt wurde: Von 2D-Animation über 3D bis hin zu Stop-Motion. Es gab Filme in schwarz-weiß, in bunt, in irgendwas dazwischen, im Animé-Zeichenstil, im bewusst kindlichen Gekritzel oder auch auf ganz eigene Weise gezeichnet. Auch die Genres variierten von Film zu Film. Mir persönlich am besten gefallen haben „T“ (von Riccardo Chiara, Cecilia Petrucci, Alvise Zennaro; Italien) und „Agent Smith – Phantoms Of The Past“ (von Elsa Clidi, Simon Duong van Huyen, Florian Pasquier, Florian Titone; Frankreich). Ersterer handelt von drei Entdeckern, die scheinbar unabhängig voneinander an verschiedenen Orten der Welt mysteriösen Radio-Signalen folgen und jeweils auf ein schwarzes, T-förmiges Monument stoßen. Erinnert etwas an „2001“. Das ganze besaß ein tolles Sounddesign und der Look und seine Farbgebung waren sehr einprägsam. „Agent Smith“ war hingegen reine Comedy und hat mich mit seiner völlig ausartenden Handlung rund um ein niedliches Flubber-Wesen überzeugt. Schon bei „Young Animation 2“ fiel mir auf, dass Katzen ein gehäuft auftretendes Motiv waren. Vier der Zwölf Filme, also jeder Dritte, thematisierten Katzen oder zumindest taten sie zur Handlung bei. Zufall? ODER steckt mehr dahinter? Eigentlich auch völlig egal. Jedenfalls sollte sich meine Beobachtung auch noch durch die späteren Screenings ziehen.
Als nächstes auf dem Programm stand „Internationaler Wettbewerb 3“. Meine Favoriten waren „Johnno’s Dead“ (von Chris Sheperd; Frankreich, Großbritannien), der Realfilm mit grellen Animationen mixte, während man die Welt aus der Sicht eines gewalttätigen Psychopathen erlebte, und „Untamed“ (von Juliette Viger, Dänemark). Ein Mädchen versucht dort das Leben mit ihrem problematischen Vater zu meistern. Er ist ein Wolf. Außerdem zu erwähnen ist, dass „Deer Flower“ (von Kangim Kim; Südkorea) eine ziemlich coole und detailverliebte Optik besaß, alles schien sehr komplex aus Pappe gebastelt worden zu sein. Ehrlicherweise nicht so gefallen haben mir „Le Fil D’Ariane“ (von Claude Luyet, Schweiz), in dem eine Frau zeitlebens dabei gezeigt wird wie sie Wäsche auf ihrem Balkon aufhängt, was ich zwar als informativ aber doch etwas langatmig empfand. Auch mit „Impossible Figures and other Stories II“ (von Marta Pajek; Polen) hatte ich meine Probleme. 15 Minuten lang verformt sich die Wohnung einer Frau um sie herum, Ende. Alles klar.
Auch das war irgendwie typisch für viele Kurzfilme. Oft sehr künstlerisch, anders, art-housig, offene Enden, alles interpretierbar, keine klare Handlung. Kann man Fan von sein. Wenn es aber derartig ausartet wie in „[…] Figures II“, verliert es irgendwie den Reiz. Aber nur meine Meinung. Auch, dass die Regisseurin im anschließenden Interview erwähnte, es gäbe gar keinen Teil I, als nächstes sei Teil III in der Mache, dann erst würde I folgen, war … komisch? Was soll denn da fortgeführt/eingeführt werden? Ich mutmaße einfach mal: Wirre Verformungen und davon hart viele.
In der „Best Of Animation“-Reihe wurde eine Auswahl von besonders bemerkenswerten Kurzfilmen der letzten 25 Jahre gezeigt, die außerhalb des Wettbewerbs liefen. In Runde Drei war ich sehr begeistert von „Guard Dog“ (von Bill Plympton; USA) und „The Pride Of Strathmoor“ (von Einar Baldvin; USA), die einen krassen Kontrast darstellen. „Guard Dog“ sehr witzig, sehr bunt, „The Pride Of Strathmoor“ sehr dramatisch und im dreckig-düsteren Schwarz-weiß-Look. Die Bilder waren genial albtraumhaft gezeichnet und dazu ein im guten Sinne verstörendes Sounddesign. Untermalt mit dem Voice-over eines fortschreitend wahnsinnig werdenden Pfarrers, ist in epileptischen Schnitten seine Weltanschauung zu sehen, voll mit Gewalt und schwarzen Krähen. Hier bitteschön, habe den Link auf Vimeo dazu gefunden, absolut empfehlenswert.

https://vimeo.com/96536411

Die letzte Veranstaltung, die ich besuchte, war „Internationaler Wettbewerb 4“. Besonders der Opening-Film „We’re Humans. After All“ (von Jan Míka; Tschechien) mit seinem Mix aus Realfilm, Puppentrick und Animation war super. Die Helden, ein Hase und ein Fuchs, besaßen ein äußerst kultiges Aussehen und außerdem war die musikalische Untermalung sehr gelungen. Erstaunlich berührend war „Final Call“ (von Sara Barbas; Portugal), der „Zoomania“-mäßig verschiedene Tiere unterschiedlichen Charakteren zuordnet und auch optisch sehr disneyhaft anmutete (Hauptfigur übrigens eine Katze!). Die Mimiken sind mit viel Gespür wunderschön gezeichnet, sodass man sich sofort in die Geschichte einfühlen kann. Erwähnen möchte ich den Film „Nachtstück“ von der Deutschen Anne Breymann. Sehr faszinierende Kreaturen und Atmosphäre. Lediglich am Schluss hätte ich mir einen eindeutigeren Clou gewünscht, fiel er doch wie so oft recht experimentell aus.

Das waren kurz zusammengefasst meine Erfahrungen auf dem ITFS. Ich bin sehr zufrieden mit dem Erlebnis, mit dem größten Teil der gezeigten Filme und auch sehr inspiriert vielleicht selbst mal die Tastatur in die Hand zu nehmen, um zu googlen, wie man einen Animationsfilm macht. Also Obacht ITFS! Nächstes Jahr dann ein heißer Anwärter auf dicke Preisgelder: Mein Strichmännchen-Film aus Paint. Das Festival hat es geschafft wieder einmal zu zeigen, wie schön das Medium Film sein kann.

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