Death in Paradise - Sonne, Mord & Totschlag im Sherlock Holmes-Stil

13.10.2016 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Death in ParadiseBBC
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Für meine Herz für Serie-Premiere nehme ich euch mit in den Urlaub an wunderbaren karibischen Stränden, aber natürlich nicht ohne Leichen und grauenhafte Tode. Hier sei erklärt, warum Death in Paradise für mich eine der besten Krimiserien der BBC ist.

Passend zum regnerischen, scheußlich-kalten Herbstwetter gönne ich euch eine gedankliche Auszeit in karibischem Flair. Mein allererstes Herz für Serie vergebe ich nämlich an Death in Paradise, in dem ein britischer Inspektor auf der erfundenen Karibik-Insel Sainte Marie ermitteln muss. Diese Serie ist unter all den genialen Krimiserien der BBC ein erwähnenswertes kleines Juwel. Ach ja, vielleicht sollte ich erwähnen, dass mein Herz im Wesentlichen den ersten beiden Staffeln gehört, da die Serie besonders von Ben Miller lebt.

Denn Miller spielt bis zum Beginn der 3. Staffel den wundervoll steifen, liebenswert-unliebenswerten Inspector Richard Poole mit Sherlock Holmes-Allüren. Als dieser von London ins atemberaubende Sainte Marie versetzt wird, kann er es kaum fassen. Aber nicht vor Glück. Oh nein, Richard Poole liebt sein englisches Regenwetter und seinen Five O'Clock-Tea. Wie soll er sich da als zugeknöpfter, fast schon neurotischer Ur-Brite bitte in dieser paradiesischen Hölle wohlfühlen? Soll er etwa barfuß am Strand laufen und abends mit den Kollegen Cocktails trinken und dem Sonnenuntergang zuschauen? Nicht mit ihm!

Explosionsgefahr in der Team-Chemie

Genau das ist die Grundlage für die Genialität der Serie: Das Team, das hier gezwungenermaßen zusammenkommt, ist nicht nur bunt gemischt wie in üblichen Ermittlerserien. Es gleicht in seiner Gegensätzlichkeit viel eher einem Pulverfass. Der dienstältere Dwayne (Danny John-Jules) ist ein typisch entspannter Liebhaber des süßen Lebens. Poole dagegen wünscht sich Disziplin. Der aufstrebende Fidel (Gary Carr) ist ein pflichtbewusster junger Kerl, dem durch seine Sensibilität Pooles soziale Inkompetenz zum Verhängnis wird. Er nimmt sich dessen Beschwerden viel zu sehr zu Herzen und wälzt so unaufgefordert Überstunden. Herzstück des Konflikts ist aber die unvergessliche Camille (Sara Martins). Mit ihr bekommt Poole ein Wesen an die Seite, das er überhaupt nicht versteht: eine Frau. Dann ist Camille auch noch temperamentvoll und versucht permanent, ihn aus seiner verbissenen Reserve zu locken. Von ihrer ebenso heißblütigen Mutter ganz zu schweigen...

Sara Martins und Ben Miller in Death in Paradise

So kämpft das Team nicht nur mit komplexen Mordfällen, sondern auch mit sich selbst. Doch natürlich bleibt es nicht auf ewig so angespannt. Mit der Zeit kann sich Poole dem Charme seiner neuen Kollegen nicht mehr erwehren und taut langsam unter der karibischen Sonne auf. Das Schöne hieran ist, dass sich keine klischeehafte Beziehung entwickelt, bei der die tollen neuen Leute den grummeligen Außenseiter im Sturm erobern. Der Prozess ist schleichend, menschlich und gerade dadurch so logisch und ansprechend. Richard Poole hat ein überraschend großes Herz, zu dem muss sich der Zuschauer allerdings mühsam vorarbeiten. Menschen ändern sich nicht von heute auf morgen. Camille und Richard entwickeln als Partner ein wunderschön tiefgehendes, aber witziges Verhältnis. Die Charaktere wachsen an- und miteinander und lassen für den Zuschauer bald ein fast familiäres Zugehörigkeitsgefühl entstehen. Schon allein, weil auch der irgendwann der warmherzigen Art der Inselbewohner verfällt, die ihre positive Einstellung einfach unter allen Umständen behalten.

Sherlock Holmes unter Palmen

Die Beziehung der eher im Leben stehenden Camille zum weltfremden Ermittler Poole erinnert sehr an Sherlock Holmes und Dr. Watson. Das ist tatsächlich eine mit Sicherheit gewollte, gekonnt geschlagene Parallele. Richard Poole mag pedantisch und verschlossen sein, aber er ist ein herausragender Ermittler, der sich nicht vor Holmes verstecken muss. Die Folgen laufen stets darauf hinaus, dass er sämtliche Verdächtige und Mitarbeiter zusammenruft und ihnen die Lösung des Falls präsentiert. Der Zuschauer beginnt schnell, sich auf den Höhepunkt zu freuen, denn die Fälle sind extrem vertrackt. Was nichts daran ändert, dass wir genug Möglichkeiten zum Miträtseln erhalten, was meiner bescheidenen Meinung als Liebhaberin klassischer britischer Whodunit-Geschichten extrem wichtig ist. Es werden uns keine Details vorenthalten, aber die zu entdecken und zusammenzusetzen, das ist alles andere als leicht.

Während die Serie die wundervollen Rätsel eines Sherlock Holmes aufgreift, wird der Hauptermittler nicht wie bei Sherlock oder Inspector Barnaby (die ich natürlich trotzdem beide bedingungslos liebe) auf ein Podest gehoben. Weder der Zuschauer noch das Team werden durch die Hauptfigur bevormundet. Wir dürfen mitraten, Dwayne hat als alter Hase einige Tricks auf Lager, Fidels Engagement fördert oft nützliche Hinweise zutage und Camille ist auf ganzer Linie unschlagbar. Ein weiterer Glücksgriff für die Fälle ist das Setting: Der Schmelztigel modernes London oder die Kuriositäten eines viktorianischen, klassischen Sherlock Holmes fehlen keineswegs im Paradies. Vielmehr bietet der eitle Sonnenschein einen herrlichen Kontrast zu den oft schwarz-makabren Todesfällen. Karibische Kultur und Voodoo-Kulte neben Missionars-Klöstern tun ihr Übriges. Düstere Gewalttaten, Urlaubs-Feeling, Lockerheit und britische Attitüde wechseln sich spannend ab. Dabei wird pausenlos mit Klischees gespielt, ohne selbst zum Klischee zu werden. Ach, und eine süße kleine Echse namens Harry sorgt immer mal wieder für einen fröhlichen Schmunzler.

Leider schied Ben Miller zu Beginn der 3. Staffel aus Death in Paradise aus, um mehr Zeit für seine Familie zu haben. Was völlig verständlich ist, aber ich trauere Poole sehr nach. Wie sich Neuling Kris Marshall alias DI Goodman danach so schlägt, habe ich nicht mehr direkt verfolgt. Allerdings weiß ich, dass er nach dem tiefen, engen Verhältnis von Poole und Camille sehr mit der Tür ins Haus fällt und mir in dem, was ich noch gesehen habe, der Charme der ersten beiden Staffeln etwas abgeht. Abschreiben werde ich Death in Paradise deshalb aber nicht.

Wer also dringend eine geistige Auszeit braucht, britischen Humor mag und für bizarre und fiese Todesfälle zu haben ist, der darf sich gerne in der Hängematte zu mir gesellen und mit mir Death in Paradise schauen.

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