Der blutige Dexter

28.12.2010 - 08:50 Uhr
Der Schein trügt...
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Blutig, bitterschwarz und creepy – Dexter bietet seit fünf Staffel hochdramatische Spannung gemischt mit Ekel und Faszination. Das Monster in uns ist das Hauptthema einer hochwertig produzierten Drama Serie, die ich seit Jahren verfolge und zu meinen Lieblingsserien zähle.

Wie jedes der letzten Weihnachtsfeste sind mir Geschenke und Beisammensein ziemlich egal, fand doch kurz zuvor bereits ein Höhepunkt in meinem Leben statt, welches die Energie für sämtliche weiteren Dezemberveranstaltungen so ziemlich absaugt: Das Staffel-Finale von Dexter! Jährlich zu Mitte Dezember lösen sich die Spannungsknoten der aktuellen Dexter-Staffel, jährlich stellen sich anschliessend Traurigkeit und gähnende Leere ein, da klar ist: Bis zur nächsten Staffel meiner Lieblingsserie vergeht ein Dreivierteljahr. So muss ich mich auch diesmal in Erinnerungen schwelgen bis zum freudigen Tag im Herbst 2011, wenn es endlich wieder heisst: “Tonight is the night!”

Der Codex des Dexter Morgan

Was als Buchverfilmung im Jahr 2006 begann, hat sich mittlerweile zu einem eigenständigen Plot entwickelt, welcher in jeder neuen Staffel einen neuen Subplot einführt. Meist sind brutale und raffinierte Serienkiller am Werk, die oft auch von bekannten Darstellern gemimt werden, so in der vierten Staffel vom großartigen John Lithgow. Die zwiegespaltene Hauptfigur Dexter arbeitet einerseits als “Blood Splatter Analyst” – Forensiker oder Blutspritzer-Analyst – bei der Mordkommission von Miami, andererseits killt er selbst gerne auf eigene Faust Kriminelle, die der Polizei entwischen. Dabei befolgt Dexter Morgan einen so genannten “Codex”, den ihn sein Adoptivvater Harry Morgan gelehrt hat. Harry wusste, dass Dexter ein inneres Bedürfnis hat zu töten – und brachte ihm von daher alles bei, damit Dexters Vergehen keinesfalls entdeckt würden. Nun ist er seit Jahren schon tot, doch Dexter hält sich weiterhin an die ihm vertrauten Regeln. Ab und an erscheint ihm sein Vater noch in seiner Fantasie – er ist sein einziger Vertrauter und die einzige Person, die Dexters zweites Gesicht kennt. Alle anderen vermuten hinter Dexter Morgan einen aufrichtigen, gewissenhaften Polizisten: Debra Morgan (Jennifer Carpenter), Dexters jüngere Schwester, arbeitet ebenfalls bei der Polizei und Dexters Freundin Rita (Julie Benz) vergöttert ihn, da er sie nicht verprügelt wie ihr Exmann und sich außerdem um ihre beiden Kinder, Astor und Cody, kümmert.

Blutige Gegensätze, die faszinieren

Die Serie lebt also von Gegensätzen: Zwischen der Dunkelheit der Seele von Dexter Morgan und der schillernden, karibischen Atmosphäre von Miamis Küste, zwischen Dexters Grausamkeit und der Liebenswürdigkeit von Rita, zwischen der legalen Polizeiarbeit und der illegalen Vorgehensweise von Dexter. Wir werden entführt in eine heiss-schwüle, kriminelle Unterwelt von Miami – und in die Seelenwelt eines hoch traumatisierten Menschen. Dabei bleibt die Figurenentwicklung hervorragend gestaltet: Nur langsam nähern wir uns der Figur des Dexter an, bekommen Hintergründe zu seiner soziopathischen Veranlagung geliefert und beginnen zu verstehen, wer er ist und woher dies rührt. Michael C. Hall spielt den Dexter Morgan nun seit fünf Staffeln und erzählt den Plot in einer Ich-Erzählung, was das Ganze natürlich noch faszinierender macht: Was wir sehen, sehen wir durch die Augen eines Serienkillers. Für seine exzellente Darstellung hat er bereits mehrere Preise erhalten, darunter auch einen Golden Globe.

Die Serie, die in den USA auf dem Pay-TV-Sender Showtine ausgestrahlt wird, feiert ohnehin Erfolge über Erfolge: Mit 2,6 Millionen Zuschauern war das spektakuläre Ende von Staffel 4 im Dezember 2009 die TV-Episode mit den höchsten Einschaltquoten für den Sender. Von den Golden Globes über die Emmys und SAG Award – Dexter mischt in den letzten Jahren immer erfolgreich mit. Auch die Nebendarsteller (darunter Julia Stiles, Julie Benz, Keith Carradine und Jennifer Carpenter) konnten sich in der Vergangenheit über Auszeichnungen freuen. Neben dem exzellenten musikalischen Theme der Serie sind es vor allem auch das Titeldesign und das Intro, welche das Publikum und die Kritiker begeistern. Meines Erachtens sollte Dexter einen Oscar für das beste Drehbuch für eine Fernsehserie erhalten: Was die Macher hier abliefern, ist Unterhaltung auf allerhöchstem Niveau. Mit Ausnahme der etwas schwächeren zweiten Staffel waren bislang sämtliche Episoden der Serie eine wahre Offenbarung für das Fernsehen, ein Fest für Serienfans und explodierende Verwirrung zugleich.

Dexter ist und bleibt eine Fernsehserie, die durch ihre Andersartigkeit besticht: Die Hauptfigur ist kein Held im herkömmlichen Sinne, sie erschrickt und ekelt, fasziniert und traumatisiert. Dexter stellt gewiss keine Serie für schwach Besaitete dar: Der Zuschauer sieht mindestens einen Mord pro Folge und wird durch das exzellente Storytelling gerne mal ins Delirium hochgeschaukelt. Dabei bleiben Held und Thema oft zwielichtig, gar höchst diskussionswert: Ob Selbstjustiz gerechtfertigt sein kann, steht zwar im persönlichen Ermessen jedes Einzelnen, darf und kann aber niemals Prinzip einer funktionierenden Gesellschaftsform sein.

Diskutiere mit: Gefällt dir die Serie Dexter? Freust du dich auf die sechste Staffel oder hast du bereits resigniert?

Übrigens: im Dexter-Test kannst du herausfinden, wieviel Dexter in dir steckt!

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