Für seinen Debütfilm adaptierte der später für Literaturverfilmungen berühmte Volker Schlöndorff den Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törless des österreichischen Schriftstellers Robert Musil. In kühlem Schwarzweiß erzählt Schlöndorff eine Fabel von der moralischen Schuld eines Mitläufers. Der junge Törless wird zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf eine knallharte Kadettenschule geschickt. Eines Tages wird der Außenseiter Basini beim Stehlen erwischt und fortan von zwei Mitschülern schikaniert, erpresst und misshandelt. Törless beobachtet das Geschehen distanziert und teilnahmslos. Erst als die Gewalt gegen Basini zunimmt und zu eskalieren droht, regt sich das Gewissen des Protagonisten. Hat er sich als untätiger Mitwisser schuldig gemacht?
Volker Schlöndorff konzentriert sich neben der quälenden Schuldfrage auch auf die emotionale Entwicklung seines Törless. Der Heranwachsende muss sich in dem mädchenlosen Internat mit seinen Gefühlen für andere Mitschüler auseinandersetzen. Doch der Film schlägt nicht bloß homoerotische Töne an, auch die Vorboten des Nationalsozialismus zeichnet Schlöndorff in einigen seiner Figuren nach. Dass der gepeinigte Basini Jude ist, verdeutlicht die Systemkritik, die anhand der Modell-Gesellschaft innerhalb der Internatsmauern geübt wird.
Die Titelrolle machte Mathieu Carrière 1966 schlagartig zum hoffnungsvollen Schauspiel-Newcomer. Als einer der wenigen deutschen Schauspieler war er nach dieser beeindruckenden Darbietung häufig in französischen Spielfilmen und amerikanischen Serien zu sehen. In jüngerer Vergangenheit sorgte er eher als Kandidat im Dschungelcamp für Schlagzeilen. Wir schauen heute lieber auf seine ältere Vergangenheit und gratulieren an dieser Stelle Volker Schlöndorff nachträglich zum Geburtstag. Vorgestern wurde er 75.
Was? Der junge Törless
Wann? 22:45
Wo? rbb