Der Ur-Vampir - Nosferatu erblickt die Leinwand

19.06.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Nosferatu
Murnau Stiftung / Ufa
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Er war der erste große Vampir auf der Kinoleinwand und gilt als der Urvater aller folgenden Blutsauger. Nosferatu prägte die Anfänge des Vampirfilms und lässt das Blut der Zuschauer noch heute in den Adern gefrieren.

In den vergangenen Jahrhunderten trieb der Mythos des Vampirs vor allem in Gedichten und Romanen sein untotes Unwesen. Als Anfang des 20. Jahrhunderts schließlich die Filmtechnik erfunden wurde, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch der erste Blutsauger auf der Leinwand blicken ließ. Dabei ist es kaum verwunderlich, dass die erste kinematografische Verlebendigung des Vampirs sich in den Händen eines deutschen Regisseurs wieder fand. Denn der seelenlose Sauger war aufgrund der ersten Vampirabhandlungen und wegweisenden literarischen Schriftstücke anfangs vorrangig ein Kind des deutschsprachigen Kulturraums. So war es im Jahr 1922 der Filmschaffende F.W. Murnau, der mit Nosferatu, eine Symphonie des Grauens den ersten abendfüllenden Vampirfilm und gleichzeitig eines der bedeutendsten Werke des deutschen expressionistischen Films schuf.

Ähnlich wie im populären Roman Dracula von Bram Stoker begibt sich zu Beginn des Films Nosferatu ein junger Immobilienagent namens Thomas Hutterer nach Transsylvanien, um dem dortigen Schlossherren Graf Orlok (Max Schreck) ein Haus in seiner Heimatstadt Wisborg zu verkaufen. Nachdem der mysteriöse Graf ein Bild von Hutterers schöner Frau Ellen gesehen hat, willigt er augenblicklich ins Geschäft ein, worauf das Grauen seinen Lauf nimmt. Orlok reist auf dem Seeweg nach Deutschland und rafft während seiner Fahrt die gesamte Schiffsbesatzung nieder. Hutterer, der auf dem Landweg gen Heimat reist, ahnt nichts von Orloks Plänen, geschweige denn in welcher Gefahr sich seine Frau und die übrigen Einwohner befinden. Am Ende soll es die schöne Ellen sein, die sich dem Ungetüm der Nacht entgegen stellt.

Anpassung eines Adligen
Wenn wir Sujet und Form von Murnaus Stummfilm betrachten, lassen sich drastische Unterschiede zur literarischen Vorlage Bram Stokers feststellen. Im Roman war Dracula ein gepflegter und anziehender Aristokrat, der die Menschen sogleich erschreckte und faszinierte. Hingegen ist Nosferatu im gleichnamigen Film ein bleiches Ungeheuer mit spitzen Ohren, kahlem Schädel und schlangenartigen Fingern, das das Unheimliche geradezu personifiziert. Die divergente Interpretation des Stoffes zeigt sich auch in der inhaltlichen Umsetzung. Im Gegensatz zum Roman enthält der Film keine Spuren von subtiler Erotik, wurden Namen und Schauplätze geändert und anstatt einer ambitionierten Männergruppe stellt sich in Nosferatu eine einzelne Frau der Schreckensgestalt entgegen. Die Differenzen zwischen Romanvorlage und Filmadaption sind zum einen sicherlich den fehlenden Rechten der Produktion an der Dracula-Geschichte geschuldet, zum anderen spiegelt die expressionistische Gestaltung auch den damaligen Zeitgeist wieder. Die vorherrschende Unsicherheit in der Gesellschaft zu Zeiten der Weimarer Republik ist gewissermaßen für die Entindividualisierung verantwortlich, die Graf Orlok im Film erfährt. Der Vampir symbolisiert das ideale Feindbild, auf das der Zuschauer seine passenden Ängste und sein Missbehagen projizieren konnte. Die krisenhaften Zeiten der Inflationsjahre konnten so im kollektiven Unbewussten verarbeitet werden.

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