Die Lügen von IMAX

03.07.2009 - 10:00 Uhr
IMAX-Kino
sciencenorth.on.ca
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IMAX verspricht die involvierendste Kinoerfahrung auf unserem Planeten und bisher hat das auch gestimmt. Aber mittlerweile spart sich das Unternehmen die kostspieligen Umbauten und klebt den Stempel IMAX rauf, wo IMAX gar nicht drin ist.

Es ist das größte Kinoformat weltweit. Eine richtige IMAX-Leinwand ist gewöhnlich 23 × 30 Meter groß und die Bildqualität ist durch die 15/70-Kopien bestechend. Beides ermöglicht den so genannten Vektions-Effekt, der den Zuschauer glauben lässt, er wäre direkt im Film und würde dort als Akteur mitspielen. So weit, so gut. IMAX war auf dem Vormarsch und auch Hollywood-Regisseure entdeckten die Qualitäten der neuen Technik. Christopher Nolan hat für The Dark Knight einige Szenen – etwa 30 Minuten – mit der IMAX-Kamera gedreht. Auch Watchmen – Die Wächter von Zack Snyder erzielte mehr Tiefe und Perspektive durch die andere Technik. Beide Filme in einem richtigen IMAX-Kino zu sehen, ist wirklich einmalig. Das sorgte nicht nur bei Fans für Begeisterung, sondern wirkte sich auch überaus positiv auf das Image von IMAX aus. Spielfilme in IMAX-Qualität sollten folgen, die Kinos umgerüstet werden.

Aber mittlerweile sprechen nur noch wenige von der größten Kinoerfahrung aller Zeiten, und wenn, dann mit einem faden Beigeschmack. Zuschauer in den USA sind enttäuscht, wenden sich von den IMAX-Kinos ab und Filmjournalisten reden bereits von einem Skandal, weil IMAX mit falschen Karten spielt. In den USA ging die Firma eine Kooperation mit zwei großen Kinoketten ein. Um sich die teuren Umbauten zu ersparen, wurde einfach der größte Kinosaal in einem Multiplex umgebaut. Umgebaut heißt hier: Die ersten vier Stuhlreihen wurden rausgerissen, die Leinwand auf 8,5 × 18 Meter vergrößert, vom Fußboden bis zur Decke. Hier wird schon deutlich: Wer hinten sitzt, hat ein Problem. Aber das ist noch das geringste Übel. Die Leinwand hat ein anderes Seitenverhältnis als die klassisch-große IMAX-Leinwand und so verschwinden einfach Ränder. Außerdem werden die Filme in der Regel digitalisiert gezeigt, was den Vektions-Effekt so gut wie vernichtet. Die guten 15/70-Kopien werden aus Kostengründen eingespart, in der Regel die Abspielgeräte gar nicht erst gekauft.

Nachdem sich jetzt beim Start von Transformers – Die Rache das Ausmaß der ganzen IMAX-Umgestaltung zeigt, sind Zuschauer und Fans erbost. An den Kinokassen wird ihnen für die “IMAX Experience” mehr Geld abgeknöpft, aber sie bekommen gar nicht mehr dafür. Wer sich den Film im etwas kleineren Saal gleich nebenan anschaut, zahlt weniger und erhält das Gleiche. Klar, dass das Publikum enttäuscht aus dem Film geht und sich beim nächsten Mal das Geld spart.

Kritiker fordern nun eine Kennzeichnung. Im Gespräch ist, die umgestalteten Kinos “New IMAX” oder “IMAX Junior” zu nennen, damit dem Zuschauer nicht ein X für ein U vorgemacht wird. Ob das ausreicht, sei dahingestellt, denn die wenigsten Mütter oder Väter eines 10-jährigen Kindes, welches unbedingt in Nachts im Museum 2 gehen will, werden derart informiert sein, um den Unterschied – außer an der Kinokasse – sofort zu erkennen. Nur das unbehagliche Gefühl wird bleiben.

Wenn Ihr Euch über die Diskussion in den USA informieren wollt, dann könnt Ihr hier einiges nachlesen. slashfilm und nochmals slashfilm, screengrant.com und digitalcity.com. Franz Everschor hat im film-dienst darüber berichtet.

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