Die Muppet Show - Ein Theater voller Narren

02.04.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Muppet ShowWalt Disney Home Entertainment
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Nach langer Zeit ist ein Traum in Erfüllung gegangen und ich durfte das Theater der Muppets, Heimat der legendären Muppet Show, besuchen. Eine Achterbahnfahrt der Nostalgie durch charmantes Chaos bis zum Schluss. Eine Liebeserklärung der etwas anderen Art.

Es ist ein kühler Morgen im April. Nervös ziehe ich an meiner Zigarette. Ich bin viel zu früh dran. Was soll's, besser zu früh als zu spät. Kalt steigt der Rauch mir aus Nase und Mund, wird vom Wind erfasst und in einer Spirale davongetragen. Ich nehme noch einen letzten kräftigen Zug und schnippe den Zigarettenstummel in Richtung der befahrenen Straße. Also dann mal los. Ich gehe zur Tür des Theaters und klopfe zweimal. Hinter der Tür höre ich viele Stimmen, gedämpfte Musik und Gelächter. Heute ist es also soweit, mein Besuch im Theater der Muppets, die Heimat der berühmten Muppet Show.

Der junge Scooter bittet mich herein und schiebt dabei seine Brille zurecht. Er lässt Kermit entschuldigen. Irgendwas sei mal wieder mit Gonzos Lieblingshuhn und Miss Piggy hätte ein Problem mit dem weiblichen Gaststar des Abends. Ach ja, denke ich, immer noch ganz die alte herzensgute Diva. Das übliche Chaos eben, meint Scooter. Er wird mich also durch die heiligen Hallen führen. Ich bin merklich nervös. Während ich Scooter durch die schmalen Gänge bis hinter die Bühne folge, kommt uns Fozzie auf seinen Rollschuhen entgegen. Bevor einer von uns aus dem Weg springen oder "Wocka Wocka Wocka!" sagen kann, hat uns der pelzige Freund und Stand-Up-Komiker wider Willen schon über den Haufen gefahren. Als wir uns hochrappeln, entschuldigt er sich unentwegt. Er sei in Gedanken gewesen wegen der Comedynummer für den heutigen Abend. Heute wird er Statler und Waldorf zum Lachen bringen versichert er. Ich nicke ihm bestätigend zu und drücke ihm die Pfote. Schon ist er wieder weg. Statler und Waldorf denke ich, na dann viel Erfolg. Kein einfaches Publikum.

Das Theater versprüht seinen ganz eigenen Charme und atmet noch den Stil und die Klasse längst vergangener Tage. Die Muppets zogen 1976 hier ein und begannen ihren Siegeszug um die ganze Welt. Mit Musik, Showeinlagen und einer ganzen Menge wildem Humor begeisterten sie die Zuschauer. Und wer sich hier alles an Stars die Klinke in die Hand gab... Alle waren sie hier. Elton John, John Cleese, Peter Sellers, Johnny Cash und auch Mark Hamill um nur ein paar wenige zu nennen. Und nun schreite ich, als kleiner Praktikant von moviepilot, durch die mit Holz getäfelten Gänge des Theaters. Ein kurzer Schauer läuft mir über den Rücken.

Wir kommen an einer Garderobe vorbei aus der es leicht süßlich riecht. Kettenrasseln, gedämpfte Musik und Gelächter mischen sich mit leichtem Rauch, welcher durch den Türspalt zieht. An der Tür steht "Dr. Teeth and The Electric Mayhem". Die legendäre Showband der Muppets. Dr. Goldzahn, Tier, Sgt. Floyde Pepper, Janice und Zoot repräsentierten damals wie heute, den Geist der Musik der 60er und 70er Jahre. Immer leicht psychedelisch und entspannt, aber mit einem Mörder-Groove und viel Witz bei der Sache. Ich, selbst Musiker, schreite andächtig an der Tür vorbei. Das Drum-Off zwischen Tier und Buddy Rich ist legendär und die Band einfach ein unglaublich gut eingespieltes Team. Wir gerne würde ich mich dazu setzen und mit ihnen über die Blütezeit der Rock Musik reden. Aber ich habe einen Termin.

Scooter plappert während der ganzen Zeit vergnügt vor sich hin, aber ich höre ihm nur am Rande zu. Der junge Spross ist schon lange dabei, wenn auch nicht von Anfang an. Ich frag ihn nach Rowlf, meinem absoluten Liebling unter den Muppets. Scooter sieht mich bestürzt an. "Ja, du kennst ja wahrscheinlich seine Geschichte, oder?" Er sieht mich fragend an. Ich nicke ihm zu. Ein kurzes betroffenes Schweigen. Der Piano spielende Hund und Dr. Bob-Darsteller hatte die Stimme des legendären Jim Henson und war nach dessen viel zu frühem Tod 1990 für lange Zeit verstummt. Erst 1996 hatte Rowlf seine Stimme wiedergefunden. Für mich war der musikalische, vor allem in der Klassik beheimatet Rowlf immer der absolute Favorit gewesen und die Sketche mit Dr. Bob stets ein Highlight der Show. "Ich denke nicht, dass wir gerade zu ihm können. Er lässt sich seit dem eh nur noch selten Blicken." Schade, denke ich und wir schreiten weiter voran.

Der Gang mit den Garderoben will gar kein Ende nehmen. Wir biegen um eine Ecke. Ein lauter Knall zerreißt die Luft und lässt die Wände des Theaters erzittern. Ich werfe mich instinktiv auf den Boden. Scooter dreht sich unbeeindruckt um, sieht mich auf dem Boden liegen und beginnt zu lachen. "Hahaha! Keine Sorge! Das kam aus dem Labor von Prof. Dr. Bunsenbrenner. Wahrscheinlich musste Beaker mal wieder für ein Experiment herhalten. Das passiert hier ständig." Ich hebe den Kopf vorsichtig unter meinen Händen hervor. Scooter steht mit einem breiten Grinsen über mich gebeugt. Ich lausche in die Stille. Aus irgendeinem Raum am Ende des Ganges hört man ein aufgeregtes "Mi, Mi, Mi!". "Kommst du wieder hoch?" Scooter grinst immer noch und streckt seine Hand aus, um mir auf die Beine zu helfen. Ich rappel mich hoch und klopfe mir den Staub aus den Jeans. "Ich dachte, es wäre Crazy Harry. Bei dem kann man sich ja nie sicher sein." "Ne ne, da mach dir mal keine Sorgen. Solange du das Wort 'Bombe' nicht in den Mund nimmst, passiert da nix." Bei dem Wort 'Bombe' senkt Scooter merklich die Stimme und schaut leicht angespannt über seine Schulter hinweg den Gang herunter, aber es bleibt ruhig. Außer dem Zischen eines Feuerlöschers und den andauernden Mi-Mi-Mi-Schreien aus Bunsenbrenners Labor bleibt alles ruhig.

"Wie läuft's bei euch im Moment eigentlich? Ihr habt ja mit den letzten zwei Filmen recht gut abgeschnitten. Euer Theater müsste ja jeden Abend ausverkauft sein, oder?" Scooter hält inne. "Weißt du", sagt er nachdenklich, "wir waren ja eine ganze Zeit lang weg. Wir hatten schon Sorge, vielleicht ganz zu verschwinden. Aber du hast Recht. Die letzten Jahre waren wie ein Geschenk für uns. Viele Leute sehen sich die alten Shows an und Kermit und Piggy sind wieder sehr präsent in der Öffentlichkeit. Aber eine richtig neue Show gibt es ja leider nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es noch funktionieren würde. Wir haben vor ein paar Jahren ja diese Internetvideos  gedreht und so. Kam auch alles gut an, aber eine neue Show wäre natürlich schon schön." Ich nicke zustimmend. "Ich mochte eure anarchischen Humor immer sehr. Diese bunte, freundliche Art. Aber es war nie zu platt und sogar nachdenklich in manchen Momenten. Eine gute Mischung. Ich hab euch leider erst viel zu spät entdeckt, aber besser später als nie. Aber ich hab sämtliche Staffeln auf DVD nachgeholt. Eure Interpretationen von Beatles-Songs fand ich klasse." Scooter lächelt und nickt. "Danke, wir sind alle schon lange dabei, aber es ist immer schön zu hören, wenn unsere Arbeit den Leuten Freude bereitet."

Der Gang will einfach kein Ende nehmen. Wir steigen über die Fische von Lew Zealand, welcher aus seiner Kabine heraus weiter an der Bumerang-Fisch-Nummer arbeitet, die immer noch nicht ganz zu klappen scheint. Aus dem Zimmer daneben höre ich, wie jemand die amerikanische Nationalhymne pfeift. Blaue Federn liegen vor der Tür.

"Warum ist Kermit jetzt gleich verhindert?", frage ich Scooter. "Ach, weißt du, der dänische Koch war wieder hinter Camilla her. Du kennst Camilla? Das Lieblingshuhn von Gonzo. Es gab ein riesiges Gezeter und Kermit musste eingreifen. Nur Camilla ist bisher nicht wieder aufgetaucht und Gonzo bzw. Gonzo der Große, wie er sich gerne nennt, war sehr aufgebracht. Kermit hat ihm geholfen Camilla zu suchen." "Und was ist mit Piggy?" "Ach du kennst doch Piggy. Wir haben einen weiblich Gaststar und die Gute war der Meinung, dass die Dame ihrem Kermit schöne Augen gemacht hat. Link Ringelschwanz, der Kapitän aus Schweine im Weltraum ist gerade bei ihr. Ich bin mir aber nicht sicher, ob dass die Sache besser macht." 'Schweeeeiiiineee im Weltraum', hallt es mir durch den Kopf und ich muss grinsen. Was für eine großartige Serie. Scooter sieht meinen Gesichtsausdruck und lächelt ebenfalls. "Du weißt nicht, was es für ein Krampf ist, mit den beiden zusammenzuarbeiten. Erst ein Hauen und Stechen und plötzlich wieder Harmonie. Aber so ist das hier nun mal." "Dafür lieben euch die Leute, genau dafür." Scooter nickt. "Wahrscheinlich hast du Recht."

Nachdem wir noch eine Weile durch die Gänge wandeln, werde ich immer aufgeregter. "Sind wir bald da?", frage ich. "Ja, sofort", antwortet Scooter. Wir biegen um eine weitere Ecke und stehen vor Kermits Garderobe. Ein goldenes Messingschild mit Gravur verkündet, dass sich hinter dieser Tür eine wahre Legende des Showbusiness verbirgt. Mein Herz schlägt mir bis in den Hals. "Nach dir", sagt Scooter und nickt mir freundlich zu. Ich hebe die Hand und klopfe vorsichtig. Von drinnen kommt ein freundlich quakiges "Herein!" Ich greife nach der Klinke und öffne langsam die Tür. "Du bist's! Schön, dass du es geschafft hast." Ein warmes Gefühl macht sich in meiner Brust breit. "Jetzt, wo du da bist, kann die Show ja losgehen. Entschuldige die Verspätung und das Chaos." "Ich liebe dieses Chaos!", sage ich grinsend und schließe die Tür. "Und besser später als nie."

Dafür ein dreifaches „Applaus, Applaus, Applaaaaaaaaaaaaaaaaus!“

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