Die schweinische Antwort auf Harold & Maude

18.02.2011 - 08:50 Uhr
Olos Diary: Skyscraper und The Bengali Detective
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Olos Diary: Skyscraper und The Bengali Detective
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Klein, aber fein hieß heute die Devise. Neben einer schwarzen, alternativen Liebesgeschichte aus Dänemark, die alte Genreklassiker zitiert, gab es auch tanzende Detektive zu bestaunen.

Gestern war wiedermal ein Berlinale Tag, an dem die ganze Vorbereitung und Filmschieberei nichts genutzt hat. Am Ende saß ich doch in anderen Filmen als geplant. Einerseits zu meinem Leidwesen, da ich die argentinische Romanze Medianeras verpasste, andererseits von Vorteil, weil ich die dänische, schwarze und sehr sympathische Außenseiterkomödie Skyskraper für mich entdecken durfte.

Skyscraper
Der Film erzählt zwei der ältesten Geschichten der Welt. Komischer Junge trifft noch komischeres Mädchen einerseits, Junge will seinen Vater stolz machen und unterdrückt sein wahres Ich andererseits. Doch diese Liebeskomödie sucht seine Nische in dänischen Skurrilitäten, im rabenschwarzen Humor – wie wir ihn aus anderen dänischen Filmen wie Adams Äpfel oder In China essen sie Hunde kennen – und in der herzlich verschrobenen Art seiner Charaktere. Der siebzehnjährige Jon ist das schwarze Schaf seines kleinen verschlafenen Dorfes, das nichts lieber sein würde als eine richtige Stadt. Von Kindesbeinen an wird alles, was in dem kleinen Ort schiefgeht, ihm angelastet und häufig trifft dies auch zu. Er lebt in seiner eigenen Welt und hatte mit neun Jahren beschlossen, nicht mehr wachsen zu wollen. Doch seine heimliche Liebe für die blinde Edith – und deren Wunsch, endlich entjungfert zu werden – konfrontiert Jon damit, sich zwischen seinem Kindsein und dem Erwachsenwerden zu entscheiden.

Skyscraper macht kein Geheimnis daraus, dass er den Boden auf dem Harold and Maude wandelt, anbetet. Zwei Absonderlinge, die durch ihre gesellschaftliche Unformität einander finden und sich gemeinsam ihren emotionalen und sexuellen Problemen stellen, ist nur die offensichtlichste aller Parallelen. Abgerundet wird der Film von einigen Die Reifeprüfung Zitaten, die auch ohne die Songs von Simon & Garfunkel ihre Wirkung nicht verfehlen. Tatsächlich enthält Skyscraper einen der besten Soundtracks seit langem, der sich auch von Die Reifeprüfung nicht zu verstecken braucht. Geschrieben und produziert wurde dieser von Jonas Bjerre, dem Frontmann der dänischen Rockband Mew.

Vielleicht liegt es an meiner Vorliebe für Kinder- und Jugendfilme, aber mit Skyscraper vermochte nach Totally True Love ein weiterer Film aus der Generationen Sektion sich einen der vordersten Plätze in meiner Berlinale-Favoritenliste zu ergattern. Und erneut handelt es sich um einen Beitrag aus Skandinavien, der besonders für Freunde von gegensätzlichen Liebesgeschichten und schwarzen Komödien aus Dänemark ein Fest sein dürfte.

The Bengali Detective
Der Regisseur Philip Cox verfolgte mit The Bengali Detectice den Ansatz, eine klassische Detektivgeschichte als Dokumentation erzählen zu wollen. Er wollte den Spuren von Humphrey Bogart folgen, aber mit beiden Beinen in der Realität. Entstanden ist eine Dokumentation, die sich bei filmischen Erzähltechniken bedient, aber trotzdem den Anspruch hegt, vollkommen authentisch zu sein. Aber gerade diese Gegensätzlichkeit macht dem Film zu schaffen. Auch wenn der Regisseur im Q&A garantierte, dass alle Entwicklungen und die Charaktere wahrhaft und unbeeinflusst vom Filmteam blieben, nahm sich der Filmemacher dennoch die Freiheit, die Geschichte durch dramaturgische Szenen und Sequenzen zu bereichern, was einige Male an der Glaubwürdigkeit von The Bengali Detective kratzte.

Der Film begleitet die Detektei “Always”, die von Rajesh Ji geführt wird. Er und seine Angestellten gehen Markenfälschungen, untreuen Ehemännern und auch Mordfällen auf die Spur. Das Detektivteam wirkt manchmal wie ein Haufen übereifriger Kinder, die Polizei spielen. Sei es, wenn sie Frühsport treiben, Selbstverteidigungstechniken proben oder alle zusammen an einem Tatort nach Spuren suchen und wie Kühe auf der Weide in der Gegend herumstehen. Die Dokumentation zeigt weniger kulturell verankerte, typisch indische Probleme, sondern behandelt universelle menschliche Seiten, die sich beim Puls von Indiens Millionen Metropole Kalkutta bedienen, aber genauso gut auch in anderen Städten hätte stattfinden können. Bloß Rajeshs Tanz-Leidenschaft, die in einer Anmeldung an einer Tanz-Castingshow für Kinder mündet, darf wohl gewissen indischen Eigenheiten zugeschrieben werden.

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