Die Simpsons & der 250 Mio. Dollar Mafioso

25.10.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Simpsons & der 250 Mio. Dollar Mafioso
Fox/Warner/moviepilot
Die Simpsons & der 250 Mio. Dollar Mafioso
9
4
Was gibt es schlimmeres als abgehalfterte Hollywood-Schauspieler, die ihrer "Karriere" nachtrauern? Richtig, abgehalfterte, humorlose Schauspieler mit Anwalt und der fixen Idee, vor ihrem Abtreten nochmals richtig abzusahnen. Auftritt Frank Sivero...

Erinnert ihr euch an die berühmten sieben Todsünden? Wie diese mit Bravur gelebt und praktiziert werden können, beweist in diesen Tagen Frank Sivero, seines Zeichens Schauspieler, der in Der Pate 2 und GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia seine beiden berühmtesten (und vielleicht einzig nennenswerten) Auftritte hatte. Immerhin konnte er in letzterem als Frankie Carbone eine winzige Kerbe in die Annalen des Mafiafilmgenres schlagen. Was ihm über die Jahrzehnte zu Kopf gestiegen scheint, denn wer würde sonst auf die Idee kommen, die Macher von Die Simpsons auf das dezente Sümmchen von 250 Millionen Dollar zu verklagen? Natürlich nur, um das Antlitz und die künstlerische Schöpfung des von ihm erschaffenen Frankie Carbone zu schützen, der als Louise Einzug in Springfield hielt. Eine Figur ohne wirkliche Relevanz für das Simpsons Universum. Keine wiederkehrende Rolle im eigentlichen Sinne, lediglich eine Randfigur, ein wandelnder Running Gag auf zwei Beinen und Italo-Schmalzfrisur. Auch wenn vor Gericht nun darüber gestritten wird, ob, inwiefern und überhaupt Louise und Frankie Brüder im Künstlergeiste sein mögen, so macht Sivero mit seiner Klage aus sich eine fleischgewordene Simpsons-Karikatur, wie sie sich Matt Groening nicht hätte besser ausdenken können.

Eitelkeit, Neid, Zorn, Trägheit, Habgier, Völlerei und Wollust. Bei dieser juristischen Farce wurde keine Sünde ausgelassen. Mit neidvollen Augen blickt der Schauspieler auf die 12 Milliarden Dollar, die das Simpsons Franchise in den letzten 25 Jahren generiert haben soll, so zumindest besagt es die von ihm eingereichte Klageschrift. In den Augen des Schauspielers stünden ihm von den Einnahmen kein unwesentlicher Anteil zu. Sivero sieht die auf seiner Person basierenden Figur des Frankie Carpone unerlaubt geraubt und missbraucht - auch wenn diese Randfigur in lediglich 16 Folgen und dem Kinofilm kleine Auftritte absolvierte. Der Trägheit scheint geschuldet zu sein, dass es 23 Jahre dauerte, bis die Wut in ihm aufloderte. Oder dem 62-Jährigen ist bewusst geworden, dass der letzte Rest seines Ruhms in der Popkultur steckt. Und die Simpsons erschienen als die einfachste Möglichkeit, daraus schnellen Profit zu schlagen. Die 250 Millionen sprechen eine klare Sprache, nur gehören Bescheidenheit noch Genügsamkeit noch Verzicht zu dem Vokabular. 

Das Recht auf Parodie

Ob nun in Siveros Brust das Herz eines kleinen Italoamerikaners mit massiv übersteigertem Selbstwahrnehmung oder das eines abgehalfterten Genre-Schauspielers mit überzogenem Bankkonto schlägt, so kann eine 250 Millionen Klage nur von der verbreitetsten aller Todsünden stammen: Die Idiotie. Aber wo, wenn nicht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, können noch solche Wunder geschehen, wie eine erfolgreiche Klage, die das Recht auf freie Benutzung und damit zusammenhängend die  unautorisierte Nutzung von geschütztem Material für Parodien unterbindet.

Den US-amerikanischen Gerichten ist alles zuzutrauen. Sollte Frank Sivero entgegen Treu und Glauben und den Erwartungen der beobachtenden Presse mit seiner Bananarama Vorhaben durchkommen, steht die Tür offen für alle zweit- bis fünftklassigen Schauspieler, die ihrer Karriere hinterhertrauern und  deren größte Errungenschaft ein unfreiwilliger Auftritt in gelb war. In diesem Fall dürften auch 12 Milliarden Dollar nicht mehr ausreichen, um die Gier zu stillen. Da stellt sich einem auch unweigerlich die Frage, wie Nicholas Pileggi (Autor der Vorlage auf der GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia basiert), Produzent Irwin Winkler und auch Warner Bros. darüber denken. Sivero spielte seine Rolle  in Scorceses Meisterwerk - nach eigener Aussage - bis zu einem gewissen Grad selbst. Also wo liegt die eigentliche künstlerische Leistung?

500 Millionen und Joe Pesci 

Am besten ruft er seinen alten Kumpel Joe Pesci an. Dieser stand laut den Simpsons Machern vor allem stimmlich Pate für Frankie Carbone. Sie können sich zusammen tun und nochmals 50 Millionen draufpacken, da damit nicht nur das Erscheinungsbild, sondern auch das Klangbild fremdinspiriert wäre. Aber halt, ich vergaß, der gute Joe ist ein Filmstar mit Oscar-Trophäe im Schrank und einer beeindruckenden Filmografie. Schlechte Voraussetzungen für eine verdrießliche 250 Mio. Dollar Klage. Warum eigentlich nicht 500 Millionen schröpfen? Den blechernen Mafioso Francis X. Clampazzo aus Futurama mit verblüffender Ähnlichkeit mit Carbone gibt es schließlich auch noch. 

Was ist mit dem guten alten Mafia-Ehrenkodex geworden? Wenn sich Sivero schon so nah und untrennbar mit seiner Figur verbunden fühlt, warum fährt der in Sizilien geborene Schauspieler (mit gebürtigem Namen Francesco LoGiudice heißend) nicht mit ein paar Freunden zu Fox und macht den Simpsons Machern ein Angebot, das sie nicht abschlagen können? Ganz klassisch mit Pferdekopf, Zementschuhen, Baseballschläger oder für Nostalgiker mit einem guten, alten Drive by-Besuch. Stattdessen mimt er die feige Ratte und versteckt sich hinter Paragraphen und Advokaten. Eine von der Sorte, die normalerweise ihre letzten Atemzüge durch die Einschlusslöcher eines Kofferraums macht, bevor ein paar nette Herren in Lederstiefeln und Baseballschlägern zum Spaziergang ins Maisfeld bitten. Wie in einem früheren Aufreger bereits gebeichtet, liegt meine Simpsonsphase seit einer Dekade hinter mir. Aber das heißt nicht, dass ich einem abgehalfterten Schauspieler, der es nicht über zwei nennenswerte Rollen und ein Stereotyp hinaus gebracht hat, gönne, sich an der gelben Familie zu bereichern. Ansonsten könnte jeder kommen. Von Bubbles, Michael Jacksons totem Hausaffen bis Keiko, dem Free Willy - Ruf der Freiheit Wal, dem im Simpsons Cut ein etwas anderes Ende widerfuhr. Von Arnold "Rainier Wolfcastle" Schwarzenegger bis Doug "Troy" McClure. Wobei letzterer sich immerhin köstlich über die eigene Verballhornung amüsierte und großer Simpsons Fan war. Doch das würde ein gewisses Maß an Selbstironie voraussetzen. Eher schwierig bei einem Mann, der bereits Restaurants verklagte, weil sie Carbone-Sandwiches verkauften. 

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News