Die tragische Beziehung von Mensch und Maschine

13.04.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Matrix Revolutions
Warner Home Video
Matrix Revolutions
0
17
Ein Computer, sie zu knechten… In zahlreichen Zukunftsszenarien begegnen wir hochintelligenten Computersystemen. Sie können uns das Hoffen und genauso gut das Fürchten lehren.

Ob Metropolis, Alphaville – Lemmy Caution gegen Alpha 60 oder Matrix: Der Konflikt zwischen Mensch und Maschine ist seit jeher ein beliebtes Motiv dystopischer Science-Fiction-Filme. In den entsprechenden Gesellschaften werden permanent weiterentwickelte Technologien zunächst als vielversprechende Revolution gefeiert, um sich mit der Zeit zum wahrhaft größten Feind des Menschen zu verwandeln, ihn zu unterdrücken und zu versklaven. Dystopien spielen dabei besonders mit der Angst vor Computersystemen, die nicht nur überdurchschnittliche Intelligenz, sondern auch ein Bewusstsein für das eigene Selbst entwickeln, das es ihnen erlaubt, sich zu verselbständigen und auf die Kontrolle der jämmerlichen Spezies Mensch zu pfeifen. In dystopischen Szenarien, die mit dem ausufernden wissenschaftlichen Fortschritt Schwarzmalerei betreiben und damit zynisch die gegenwärtige Unverantwortlichkeit der Forschung kritisieren, dient die bösartig intelligente Maschine oftmals als Metapher für ein gewaltsam operierendes System. Dass die von Menschenhand erschaffene künstliche Intelligenz sich gegen ihren ursprünglichen Schöpfer wendet, fasziniert und beängstigt uns gleichermaßen.

Das Paradebeispiel des gemeingefährlichen Supercomputers, der gleich die komplette Crew einer Weltraummission auf dem Gewissen hat, ist wohl HAL 9000. Nun ist 2001: Odyssee im Weltraum keine ausgewiesene Dystopie und HAL macht sich nicht gleich eine ganze Gesellschaft untertan, aber der Film erzählt im Mikrokosmos der Jupitermission, dass die technologische Evolution nur scheitern kann. In einem einzigen Schnitt schildert Stanley Kubrick, wie sich die vormenschliche Intelligenz des Primaten zur übermenschlichen Intelligenz des makellosen Elektronengehirns von HAL 9000 entwickelt.

Jene Gattung der omnipotenten Computersysteme, für die HAL so beispielhaft steht, belieferte die Filmgeschichte mit verschiedenen Exemplaren, die in zahlreichen düsteren Zukunftsvisionen häufig den ultimativen Tyrann, den Herrscher über das System darstellen. Sei es das allumfassende Skynet der Terminator -Reihe, die uns versklavende und in einer Simulation festhaltende Matrix oder der allwissende Großcomputer in Flucht ins 23. Jahrhundert, sie alle wurden einst von Menschen entwickelt und wendeten sich schließlich gegen sie.

Der Mensch-Maschine-Konflikt als Element dystopischer Welten
In dystopischen Filmen kommt es nicht selten vor, dass menschliche Hoffnungen und Ängste gegenüber der Technik verhandelt werden. Interessant wird es dann, wenn Mensch und Maschine sich unmittelbar miteinander konfrontiert sehen und eine emotionale Bindung entstehen kann. Unsere Empfänglichkeit für simuliertes Gefühl ist immer wieder Bestandteil filmischer Zukunftsentwürfe und kann in verschiedensten Ausprägungen zum Vorschein kommen.

In Alphaville – Lemmy Caution gegen Alpha 60 zeigt uns die völlige Gefühlskälte des gnadenlos rationalen Antagonisten, wie unaufhaltsam voranpeitschender Fortschritt unsere menschlichen Werte auslöschen kann. Das System Alphaville nimmt uns Kultur und Gefühl, um perfekte und logische Rationalität zum Basisprinzip einer funktionierenden Gesellschaft zu erheben. Doch gleichzeitig offenbart Alpha 60 in seinen hochphilosophischen Eskapaden die Unmöglichkeit der absoluten Erkenntnis. Er, die hochentwickelte Krone der Schöpfung, erklärt seinem menschlichen Gegenüber, dass Worte und der menschliche Verstand nicht ausreichen würden, um die Wirklichkeit erklären zu können. Was bringt uns dieser allwissende Superrechner, wenn er seine übermenschliche Weisheit nicht mit uns teilen kann?

Der schon erwähnte HAL 9000 macht uns Angst. Es heißt, die Computersysteme dieser Serie würden keine Fehler zulassen. Beunruhigt müssen wir sein, wenn das Exemplar aus 2001: A Space Odyssey höchstpersönlich definiert, was ein Fehler ist und was nicht. Schnell wird in Stanley Kubricks visionärem Sci-Fi-Klassiker deutlich, dass diesem Computergehirn mit dem unheilvollen roten Auge nicht zu trauen ist. In einer Schlüsselszene des Films entschließt sich ein Crew-Mitglied zur Abschaltung des hochentwickelten Bösewichts. Plötzlich ist es HAL selbst, der ängstlich ist und es sogar schafft, unser Mitgefühl zu gewinnen. Ist seine Emotion unecht, nur weil sie simuliert ist? Eine Frage, mit der auch Spike Jonze im aktuellen Kinofilm Her spielt.

Besonders düster ist dieses futuristische Szenario nicht, in dem alle Menschen zu Fuß unterwegs sind und alles wie mit Instagram fotografiert aussieht. Diesmal ist die künstliche Intelligenz, die der Mensch sich erschaffen hat sogar alles andere als bösartig. Es entsteht eine Liebesbeziehung, die letzten Endes aber scheitern muss und so zeigt uns Her, dass selbst wenn wir uns in Zukunft noch so gut mit hyperintelligenten Computerprogrammen verstehen, wir uns immer gegenseitig fremd bleiben werden. Insofern erzeugt Spike Jonzes melancholisches Sci-Fi-Drama auch eine dystopische Vorahnung. Denn wo soll das hinführen, wenn wir den hochentwickelten K.I.s der Zukunft nicht nur blind vertrauen, sondern uns auch noch in sie verlieben? In Zeiten des massiven Datendiebstahls eine überaus aktuelle und beunruhigende Frage.

Wie wir es auch drehen und wenden, unsere Beziehung zu künstlichen Intelligenzen malen sich utopische und dystopische Filme nicht besonders rosig aus. Momentan reden wir vergnügt mit Siri und freuen uns über ihre teilweise sehr amüsanten Antworten, doch mit der voranschreitenden Entwicklung rückt auch das scheinbar vorprogrammierte Scheitern unaufhaltsam näher. Diese Beziehung steht unter keinem guten Stern und gerade Dystopien haben das schon immer gewusst.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News