Dreimal drei Minuten mit Peter Dinklage

11.06.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Peter Dinklage
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45 Jahre wird Game-of-Thrones-Star Peter Dinklage heute alt und wir verneigen uns vor dem talentierten Emmy- und Golden-Globe-Preisträger, in dem wir uns drei Minuten seiner Arbeit ganz besonders intensiv widmen!

Peter Dinklage begeht heute seinen 45. Geburtstag, bald darf er auf 20 Jahre im Film- und Seriengeschäft anstoßen. Was liegt näher, als den Schauspieler bei seiner Arbeit zuzusehen? Nun wartet keine große Szene, aber auch keine kleine, eben drei Minuten mit Tyrion Lannister, jene Rolle, die einen Nebendarsteller zum Star aufsteigen ließ, ihm einen Emmy, Golden Globe und ein wärmendes Fell an der Oberlippe einbrachte. Dreimal drei Minuten, um genau zu sein.

Durchlauf 1: Game of Thrones, The North Remembers, 2. Staffel, 1. Folge
Ein Pfeifen ertönt im Small Council von King’s Landing. Tyrion kündigt seinen Auftritt mit The Rains of Castamere an und küsst seine wenig erfreute Schwester Cersei zur Begrüßung auf die Wange. “Forgive the interruption. Carry on”, meint er viel zu gut gelaunt. Dinklages Haltung, sein bestimmter Gang, das herablassende “Carry on” – eine Entschuldigung sollte anders klingen. Der Auftritt verfehlt seine Wirkung nicht. Die Aufmerksamkeit saugt Tyrion förmlich in sich ein: “I pissed off the edge of the Wall, I slept in a sky cell, I fought with the hill tribes – so many adventures, so many to be thankful for.” Die aufwallende, stolze Stimmlage zu Beginn, der abfallende Ton im letzten Nebensatz – ein bedeutungsschwangerer Blick zu Littlefinger.

Während Tyrion Lannister seinen Handlungsstrang in der 1. Staffel zusammenfasst, macht Peter Dinklage ungeheuer viel Spaß. Kein Wunder, dass der Bruder seine Schwester in Rage bringt. Das Small Council wird aufgelöst, nur Cersei und Tyrion, “acting Hand of the King”, bleiben übrig. Harsch nutzt Tyrion seine Machtposition aus, weist Cersei zurückgelehnt zurecht, aber verprellt sie nicht, lockt sie mit der Rückkehr Jaimes und unterwandert den eigenen Ernst doch wieder mit seinem “You love your children. It’s your one redeeming quality. That, and your cheekbones.” Tyrion ist kein Engel. Eine Lust daran, Cersei in dieser Szene eins reinzuwürgen, ist ihm anzumerken. Ihn leitet gleichwohl nicht die Freude am Schmerz anderer. Die eigene intellektuelle Überlegenheit verzückt ihn. Dinklages Spiel verwandelt Tyrions nicht immer förderliche Arroganz in einen Unterhaltungswert.

Durchlauf 2: Game of Thrones, The North Remembers, 2. Staffel, 1. Folge
In seiner staubigen Rüstung taucht Tyrion im Small Council auf und setzt sich ans andere Ende der Tafel. Während er über die Entleerung auf der Wall plaudert, gießt er sich genüsslich ein Glas Wein ein, eine der wenigen Vorlieben, die er mit Cersei teilt; den Wein, nicht die Entleerung. Jeder Blick wird daraufhin von Dinklage punktgenau gesetzt, der unbekümmerte ins Weinglas, der schneidende zu Littlefinger, der befriedigte gen Cersei, die das Council wutentbrannt entlässt.

“I’ve done nothing.” – “Quite right, you did nothing.” Tyrion ist kein Narr, der die Wahrheit in Witzen zu kleiden hat, wobei es seinen bissigen Attacken an selbstironischen Pointen kaum mangelt. “What do you know about warfare?” – “Nothing.” Zurückgelehnt sitzt er da, die Finger seiner linken Hand streicheln abwartend ein Weinglas und die Tischplatte. Der Kopf wird nach dem “Nothing” zur Seite gelehnt, eine präzise Bewegung zur Ergänzung des Dialogs. Das ist nicht gerade der natürlichste Schauspielstil, freilich einer, der hervorragend zu Tyrion passt, gerade wenn er die Oberhand in einer Situation besitzt. Sanfter nach den Zurechtweisungen klingt deswegen sein “And if the King listens to what I have to say, the King might just get his Uncle Jaime back.”

Tyrions gereiztes Augenrollen, als Cersei das Abhandenkommen Aryas zugibt! Überhaupt, die Augen! Kurz zusammengekniffen, als würde er beim “Disappeared. What, in a puff of smoke?” mit einem Bogen in der Hand vor der Scheibe stehen und ins Gold zielen. Dann das spöttische Lächeln, das in völligen Ernst übergeht: “We had three Starks to trade. You chopped one’s head off and let another escape.” Das Lächeln kehrt wieder, nicht wirklich gut versteckt hinterm Glaskelch, nachdem Tyrion Jahre der Erniedrigung durch seine Schwester in einen Satz packt: “It must be odd for you… to be the disappointing child.” Der Pfeil trifft.

Durchlauf 3: Game of Thrones, The North Remembers, 2. Staffel, 1. Folge
Übersehbar vielleicht, ganz sicher unüberhörbar spaziert Tyrion ins Small Council. Dinklages Rains of Castamere-“Interpretation” geht über in eine äußerst melodische Wiedergabe der Drehbuchzeilen mit Cersei. Seiner Intonation zu folgen, heißt akustisch durch Berge und Täler wandern, manchmal auf einem steinigem Pfad (“I tried to stop it” – “Did you? You failed!”), manchmal auf verführerisch weichem Gras (“Joffrey is king.”), manchmal alles im selben Satz.

Dinklages pointierte, gelegentlich ans Theater erinnernde, Interpretation der Sätze, lässt sich in diesen drei Minuten ganz ausgezeichnet an seiner Hervorhebung von Konsonanten nachempfinden. Anders als etwa Conleth Hill, der die Worte seines aalglatten Varys in langgezogenen, geschmeidigen Vokalen betont, legt Dinklage zuweilen soviel Wert auf die harten Laute, dass man ihn glatt für eine österreichische Tarantino-Muse halten könnte. “Disappeared. What, in a puff of smoke”, schneidet das K durch den Rauch. Und wenn schon Melodie, dann bietet sich “We had three Starks to trade / You chopped one’s head off / and let another escape” für einen morbiden Kinderreim an.

Für Tyrion Lannister sind Wörter, was anderen Lanzen und Schwerter aus Valyrian Steel. Notgedrungen hat er ihren Einsatz perfektioniert, wehrt ab, weicht aus, greift an und verteilt in dieser Sequenz einen Todesstoß. Peter Dinklage ist die Idealbesetzung dieses Fanlieblings, weil er die Choreographie der Worte virtuos ins Spiel umzusetzen vermag. Er beherrscht Tyrions Taktiken, Wendungen und Kniffe wie ein Wing-Chun-Meister seine Kampfkunst.

Was wünscht ihr Peter Dinklage zum Geburtstag?

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