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Ein Kassettenrekorder und Johnny Depp

14.10.2014 - 12:00 Uhr
Im Rausch des Geldes
New Line Cinema
Im Rausch des Geldes
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Es nimmt der Augenblick, was Jahre geben.

George Jung, eine ehemalige Größe im Drogenhandel, sitzt im Gefängnis und wartet auf seinen Anwalt. Dieser teilt ihm schließlich mit, dass sein Antrag auf Hafturlaub, um seinen todkranken Vater zu sehen, von der Mutter abgelehnt wurde. Die einzige Möglichkeit mit seinem Vater in Kontakt zu treten und damit die letzten Worte an ihn zu richten, erhält George durch einen Kassettenrekorder. So beginnt George sich an die gemeinsame Zeit mit seinem Vater zu erinnern. Dabei gesteht George seinem Vater, dass er nun endlich mit 42 Jahren versteht, was Fred Jung mit seinem Rat „Geld ist nur Papier“ gemeint hat.

All die Jahre ist George dem falschen Glück hinterhergejagt und erkennt nun, allein und in Gefangenschaft, dass er alles verloren hat. Nichts von alldem Geld, den schnellen Autos oder den luxuriösen Häusern ist mehr da. Sie sind längst verstaubte, halb verblasste Erinnerungen. Ebenso sind die Chancen dahin, die verlorene Zeit aufzuholen, seine innige Verbundenheit dem Vater im Angesicht des Todes zu offenbaren. Stattdessen muss George einem Kassettenrekorder gegenübersitzen. Der Preis seines eingeschlagenen Lebensweges. Seine geliebte Tochter will ihn nicht besuchen und seinem sterbenskranken Vater kann er nur über ein Gerät seine Liebe offenbaren.

Es ist die späte Erkenntnis einer zerronnen Existenz.


Obwohl George von seinem Vater getrennt ist, vermittelt gerade diese Szene eine unglaubliche Nähe. Erzeugt wird diese Nähe besonders durch die Über- und Einblendungen von Fred Jung, der sich die Worte von George in der Garage anhört. Daneben liegt die besondere Intensität dieser Szene in der Doppeldeutigkeit.

Zum einen gesteht George sich und seinem Vater ein, falsche Prioritäten im Leben gehabt zu haben, zum anderen, dass er seinen Vater über alles liebt und als Kind verehrte. Es ist ein mitreißender, emotionaler Abschied von seinem Vater, aber zugleich auch eine Distanzierung von seinem früheren Ich. Hier registriert George den vollen Umfang seiner Entscheidungen. Dieser Moment mündet in einem abschließenden, melancholischen Monolog, am Ende des Films.

"War's das letztendlich alles wert? Ach verdammt. Wie unwiderruflich ich mein Leben vertan habe. Es ist immer der letzte Tag des Sommers und ich steh draußen in der Kälte und keiner öffnet mir die Tür. Zugegeben, es gab in meinem Leben mehr als genug bewegende Momente. An den meisten Menschen zieht das Leben vorüber, während sie damit beschäftigt sind, grandiose Pläne zu schmieden. Überall, all die Jahre habe ich hier und dort Stücke meines Herzens gelassen und jetzt ist kaum noch genug davon übrig, um weiterzuleben. Doch ich zwinge mich zu lächeln, denn ich weiß, dass mein Ehrgeiz mein Talent bei Weitem übertraf. Es stehen keine prachtvollen Schimmel oder schöne Damen mehr vor meiner Tür."

Das mag man jetzt vielleicht als larmoyantes Getue eines Schwerverbrechers abtun und die ausgewählte Szene als Gipfel einer kitschigen Glorifizierung und Bagatellisierung eines kriminellen Lebens ansehen. Doch für mich kulminieren die schmerzliche Erkenntnis des baldigen Todes seines Vaters und die Einsicht, das eigene Leben vertan zu haben, in dieser Szene zu einem dramatischen Höhepunkt, sodass ich über diese mögliche Kritik gerne hinwegsehe.

Diese Szene zählt daher für mich zu einer der herzergreifendsten und wunderbarsten Liebeserklärungen eines Sohnes an seinen Vater, die ich kenne. Es ist nicht nur ein Abschied von seinem Vater, dem Held seiner Kindheit, sondern zugleich ein Abschluss mit seinem früheren Ich.


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