Ein Mann, eine Mission, ein Kommentar

08.12.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
"But now abideth faith, hope, love... these three."
moviepilot/Warner Bros.
"But now abideth faith, hope, love... these three."
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Im Kommentar der Woche werden wir im südamerikanischen Regenwald des 18. Jahrhunderts ausgesetzt und lassen uns von Andy Dufresne und Roland Joffé missionieren.

In unserer Rubrik Kommentar der Woche möchten wir eure neuen Testamente, eure alten Testamente und alle anderen textuellen Ergüsse feiern, ob ihr sie an die Epheser, die Römer oder wen auch immer geschrieben habt. Die Voraussetzungen dafür können also beinahe alle Kommentare (egal ob für Filme, Serien, Personen, News) erfüllen, ob nun schön, persönlich, kurz, lustig, bizarr, alt, nachdenklich, lang, originell, treffend, gehaltvoll, neu, dadaistisch, matschgrün oder ihr habt uns einfach nur mit genügend Bibeln beworfen. Ihr könnt mich per Nachricht gerne auf einen Kommentar, der euch besonders gut gefallen hat bzw. euren absoluten Lieblingskommentar auf moviepilot, hinweisen. Wir können euch keine Versprechungen machen, dass wir den Vorschlag auch auswählen, aber inspirieren lassen wir uns gerne. Über die kommenden Wochen habt ihr dazu etwas mehr Zeit, da der KoDeWo, wie wir unser Baby hier liebevoll nennen, eine Weihnachtspause einlegen wird und erst im neuen Jahr zurückkehrt.

Der Kommentar der Woche
Wir wurden gebeten, die Gemeinde zu versammeln, denn Andy Dufresne hat die Kanzel erklommen und möchte über The Mission zu uns sprechen:

Wahrlich ein Rohdiamant….
Ein Rohdiamant weil man sich diesen Film freischlagen, erkämpfen, erarbeiten muss, um zu entdecken dass sich in ihm eines der größten (und leider auch unbekanntesten) Filmjuwele aller Zeiten befindet. Der Film ist hochkomplex, es geht um Religion, Bruderliebe, Hass, Politik, Macht, Glauben, Kampf, Lügen und um Erlösung. Es geht um unberührte Natur und ihre Kolonialisierung, das zerstörerische Streben nach Macht und Einfluss (die Kirche und der Staat), um Profitgier (das eben Genannte und der Einzelne) und um die Frage nach Moral (die, die es müssten, denken nicht darüber nach, die, die es tun, gehen unter).

Viele Themen, keines davon einfach, keines davon simpel abgehandelt. Ein Pater (in der besten Rolle seines Lebens: Jeremy Irons) geht 1750 zu Indianern ins Grenzgebiet zwischen Spanisch- und Portugisisch-Brasilien (in einem Kolonialteil war die Sklaverei erlaubt, im anderen nicht) um eine Mission einzurichten. Ein Kopfgeld-/Sklavenjäger (Robert De Niro in einer seiner besten, für mich in seiner allerstärksten Rolle) wechselt nach einem tödlichen Bruderstreit zu eben jener Mission im Dschungel, zusammen geraten sie zwischen die Kirche und die Staaten, die das Gebiet neu aufteilen wollen. Die Lage eskaliert völlig…
Das sind die Grundzüge der Geschichte, sie ist wie gesagt viel zu komplex um sie hier aufzuführen.

Was die Schauspieler hier zeigen ist schlicht grandios. Irons ist als sanftmütiger, extrem reflektierter und tief in seinem Glauben stehender Priester einer der sympathischsten Charaktere, die ich je in einem Film gesehen habe. Aidan Quinn (den ich für einen der unterschätztesten Schauspieler überhaupt halte) und Liam Neeson (einer meiner Lieblingsschauspieler, für ihn gilt das gleiche wie für Quinn) haben leider nur sehr kleine Rollen, aber diese füllen sie sehr glaubhaft mit Leben. Und dann De Niro… (ich halte ihn sowieso für den besten lebenden Schauspieler) Sein Kopfgeldjäger Mendoza ist einfach der Wahnsinn auf zwei Beinen! Am Anfang zerfressen von Hass und Habgier, dann geläutert, sich selbst geißelnd und verzweifelnd, nach Erlösung förmlich schreiend, Erlösung findend, glaubend und dann kämpfend, das ist High-End Schauspielerei, das ist Großkaliber, das ist reine Lehre…

Wunderschöne und brutalste Bilder, eine sehr passende, musikalische Untermalung von Ennio Morricone, eine auf Feinstheiten achtende Regie Roland Joffés, eine höchst kritische Auseinandersetzung mit oben genannten Themen und die fast magischen Schauspielleistungen machen dieses Werk zu einem der größten Filmereignisse die es je gab…
Hollywood war das genau einen Oscar wert (Kamera), Cannes gab dafür die Goldene Palme.
Wie bei Pulp Fiction und Apocalypse Now wusste es Cannes besser und The Mission ist dasselbe wie Pulp Fiction und Apocalypse Now: Mehr als nur ein Film, sondern ein bleibendes Großkunstwerk.

Den Kommentar findet ihr übrigens hier

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