Ein Netflix für alle & alle gegen Netflix

22.02.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
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Während bei uns Netflix noch in den Startlöchern steckt, macht in den USA bereits eine Phalanx aus Kabel- und Internetbetreibern mobil gegen das VoD-Portal. Auf der Datenstrecke bleiben dabei Nutzer als auch Netzneutralität. Die Telekom Datendrosselung war erst der Anfang…

Beginnen wir mit einer einfachen Frage: Wie erfolgreich ist Netflix wirklich? Der kürzeste Weg dies zu beantworten führt uns über die Abonnentenzahl. 31,7 Millionen Amerikaner nutzten 2013 den Video-on-Demand-Anbieter, eine Zahl, die erstmals die des Pay-TV Primus’ HBO übertraf. Netflix-Gründer Reed Hastings sieht in seinem Unternehmen sogar das Potential, eines Tages 60 bis 90 Millionen Abonnenten für sich zu gewinnen.

Der Erfolg von Netflix lässt sich jedoch durch eine andere Zahl wesentlich aussagekräftiger ausdrücken. Gemäß Analysen war Netflix im letzten Jahr in der Zeit zwischen 21 Uhr und 24 Uhr für 31,7 Prozent des gesamten (!) US-amerikanischen Downloadstreams verantwortlich. Nehmen wir YouTube hinzu, macht das satte 50%. Dass unter solchen Lasten die Downloadperformance leidet, was wiederum zu unliebsamen Bufferingpausen führt, erscheint offensichtlich. Aber nicht etwa, weil die Bandbreiten der Provider an ihre Datengrenzen stoßen – herkömmliche Netzanwendungen wie das Abrufen von Mails oder Online Gaming blieben auf konstantem Niveau – sondern weil Internetanbieter gezielt Videodienste wie Netflix ausbremsen. Im ständigen Wettbewerb um Klicks und Kunden ist den Konzernen, die alle an eigenen VoD-Portalen basteln, nichts heilig. Die Netzneutralität am allerwenigsten. Ein Aufreger der Woche, der dort weitermacht, wo der Telekom Datendrosselungs-Aufreger endete.

Netzneutralität is king
Wie Zeit Online berichtete, sind bei Netflix-eigenen Messungen bei drei der fünf größten Breitbandanbietern der USA (AT&T, Comcast und Verizon) über einen längeren Zeitraum regelmäßig unterdurchschnittliche Geschwindigkeitsraten gemessen worden. Jedoch nur bei Netflix. Ein klarer Affront gegen die Netzneutralität, die besagt, dass "netzneutrale Internetdienstanbieter alle Datenpakete unverändert und in gleicher Qualität von und an ihre Kunden zu transportieren haben, unabhängig davon, woher diese stammen, zu welchem Ziel sie gesendet werden sollen, was Inhalt der Pakete ist und welche Anwendung die Pakete generiert hat.

Es lässt sich nun streiten, inwiefern diese Beeinflussung von Datendurchläufen wirklich ein Verstoß gegen die Netzneutralität oder doch eher einem weniger gravierenden Eingriff ins Peering-Abkommen darstellt. Um nochmals kurz die Wikipedia zu Wort kommen zu lassen: “Der Datenaustausch zwischen Netzteilnehmern (Provider oder Netzbetreiber) wird durch ein so genanntes Peering-Agreement geregelt. Dieser Vertrag besagt, dass beide Provider (zumeist kostenlos) Traffic, also Datenverkehr, in das Netz des anderen Providers leiten darf, zum Beispiel, um dessen Endkunden zu erreichen.” Solche Abkommen dienen in erster Linie dazu, Kosten zu sparen und den Verwaltungsaufwand der Kabelbetreiber klein zu halten. Kurz gesagt, wenn alle Netzbetreiber sämtliche Daten (sowohl die eigenen als auch fremde) ohne große Bürokratie und Kosten weiterleiten, profitieren alle davon. Doch wenn datenschwere Videodienste wie Netflix ihre Videos hauptsächlich über einen Breitbandanbieter verteilen (Cogent, ein anderer großer US-Provider), so fühlen sich die anderen genannten Parteien AT&T, Comcast und Verizon not-so-fair behandelt und drücken auf die Bremse.

Connection is king
In den Staaten herrscht ein ständiger Streit um die Peering-Abkommen. Es geht wie immer ums Prinzip, Geld und den eigenen Vorteil. Genau genommen den Vorteil des eigenen Videoportals. Wie es hierzulande zur schlechten Sitte von Medienunternehmen gehört, sich mehr schlecht als recht einen eigenen Videodienstleister zu leisten, so wird diese Unsitte auch im Land der begrenzten Flatratemöglichkeiten gepflegt. Verizon hat mit Redbox eine eigene Videoplattform am Start und Comcast übernahm 2011 bereits NBC Universal (dazu gehören die Sender NBC und SyFy als auch das Filmstudio Universal inklusive allen Filmrechten), was Netflix in die nächste Bredouille stürzt. Auch wenn das Unternehmen seit zwei Jahren sehr erfolgreich eigene Inhalte produziert (House of Cards, Orange Is the New Black oder Arrested Development sprechen für sich), so besteht das Kerngeschäft nach wie vor aus der Lizenzierung von Inhalten Dritter, seien es Filme oder Serien. Und diese werden von den Studios und Rechteinhabern in Zeiten des digitalen Videobooms immer häufiger für den eigenen, exklusiven Vorteil zurückgehalten.

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