Dieser Artikel entstand im Rahmen der Aktion Lieblingsmonster.
In den Filmen der „Tribute von Panem-Reihe“ sehen wir viel, dass uns zeigt, wie grausam das Kapitol handelt. Selbstverständlich denkt man in erster Linie sofort an die alljährlichen Hungerspiele, in denen Jugendliche aus den Distrikten um ihr Überleben kämpfen. In der Welt von Panem ist Massenmord Programm und wird aufwendig inszeniert und zelebriert. Keine Frage: So einen Wettkampf anzuordnen, durchzuführen und dann medial aufzubereiten, damit sich andere daran ergötzen können, ist entsetzlich. Doch stellt sich mir die Frage: Wer ist dabei das Monster? Der Präsident, der die Tribute in den Tod schickt oder die Bewohner des Kapitols, die den Tod unterhaltsam finden und das brutale Gewaltspektakel feiern?
Sicher, Präsident Snow wird im Film quasi als Inbegriff des Bösen dargestellt. Seine Machtgier und der Wille seine Herrschaft zu halten sind grenzenlos und er schreckt vor keinem Mittel zurück. Allerdings ist Macht an sich keine feste Größe, sondern sie steht immer in Relation zu anderen. Die Macht wird ihm gegeben – vom Kapitol. Deshalb gelingt es mir nicht die einzelne Person als Monster zu sehen. Vielmehr bin ich der Meinung, dass die Gesellschaft, die er zwar mitunter auch erschaffen hat, die Herrschaft des Präsidenten aufrechthält und stärkt.
Hoffnung ist das Einzige was stärker ist als Furcht.
Ein bisschen Hoffnung ist nützlich, eine Menge Hoffnung ist gefährlich.
Nichts gegen einen Funken, solange er unter Kontrolle ist.
- Präsident Snow
An dieser Stelle möchte ich gerne auf das ausgewählte Zitat näher eingehen. In Panem leben die Menschen aus den 12 Distrikten aufgrund vorangegangener Geschehnisse unter sehr harten Bedingungen. Die Angst ist ein ständiger Begleiter. Ob es die Angst vor dem Elend, dem Tod oder der Ernte ist – Furcht ist fester Bestandteil des Lebens. Das Kapitol nutzt diesen Umstand in Verbindung mit weiteren verschiedene Mittel, um dem Volk in irgendeiner Weise Hoffnung und Dankbarkeit zu wecken. Beispielsweise Zäune die angeblich vor der Außenwelt schützen sollen; mehr Lebensmittel, wenn ein Jugendlicher seinen Namen mehrfach in die Lostrommel werfen lässt oder die Aussicht auf den Sieg in den Hungerspielen. All das sind Versuche, die Distrikte an sich zu binden und abhängig zu machen. Dabei fällt schnell auf, dass das Kapitol deutlich mehr auf die Distrikte und ihre Güter angewiesen ist.
Mein abstraktes Lieblingsmonster ist also eine Stadt, die für ihren luxuriösen Lebensstandard ein gesamtes Land und ihre Bewohner ausbeutet und unterdrückt. Die Menschen aus dem Kapitol genießen ihr dekadentes Leben auf Kosten anderer. Mit ihrer Mentalität entwickeln sie ihre ganz eigene Lebensweise. Mit dem Rest von Panem haben die extravagante Mode, das künstliche Make-Up, die ausgefallenen Frisuren und die realitätsfremde Lebensweise nicht mehr viel gemein. Dennoch, das Kapitol hat die Kontrolle über alle anderen und so können sie ihre Art zu leben täglich reproduzieren.
Das erschreckende und wirklich monströse am Kapitol
ist meiner Meinung nach, wie viele Parallelen es zu unserer Gesellschaft gibt.
Unsere „Machthaber“ setzen uns freilich nicht in eine Arena, in der sie uns aus
Gründen der Unterdrückung opfern und bereiten das Spiel medial zur Unterhaltung
auf.
Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Was passiert aber, wenn wir den Grad der
Gewalt am Unterhaltungsprogramm ein Stück herabsetzen? Ich denke dann fällt
sicher jedem, der das liest und vielleicht kurz darüber nachdenkt, etwas
Vergleichbares ein. Unser Fernsehprogramm ist voll von menschenunwürdigen
Formaten, die sich dennoch einer hohen Einschaltquote erfreuen.
Zu unseren "Gewalthabern" gehören eben auch die Medien. Sie üben eine große Macht auf jeden einzelnen von uns aus. Die meist profitgierigen
Produzenten solcher Institutionen, geben uns nicht nur Inhalte vor, sondern
reagieren logischerweise auch auf die Nachfrage.
Aber zurück zum Kapitol. Die Filmreihe spielt in
ferner Zukunft. Sehe ich mir im Vergleich dazu unsere Trends oder auch unsere Lebensweise
an, dann kommen mir einige Szenarien gar nicht mehr so fern vor.
Im Hinblick auf das Verhalten der Kapitolbürger ist zu beobachten, dass diese ungern über Grenzen hinweg sehen und sich lieber in ihrer Komfortzone bewegen. Sie handeln ignorant, selbstsüchtig und entwickeln ihre eigene Wirklichkeit. Doch ein gesellschaftliches Zusammenleben funktioniert meiner Meinung nach besser, wenn jeder Einzelne versucht mehr an
seine persönlichen Tugenden zu denken. Zweifelsohne gibt es auch Ansichten wie bspw. die von
Mandeville, die besagt, dass für Fortschritt der Gesellschaft Luxus,
Verschwendung, Krieg und Ausbeutung förderlicher sei als Tugenden. Rein logisch
betrachtet ergibt der Standpunkt Sinn. Aber ich bin ein kritischer Mensch und
frage mich: Fortschritt für wen und zu welchem Preis?
Damit der Artikel nun aber nicht völlig zu einer
Moralpredigt mutiert, komme ich zum Ende: Das Kapitol ist mein Lieblingsmonster,
weil es mich daran erinnert die Dinge gründlich zu hinterfragen. Man sollte
weder die Normen und Werte seiner Gesellschaft bedingungslos hinnehmen, noch
bestehende Machtverhältnisse oder seine derzeitige Situation.
Wir können uns jeden Tag
dafür entscheiden, für wen oder was wir die Verantwortung übernehmen.
In diesem Sinne: Fröhliche Hungerspiele und möge das Glück stets mit euch sein!