Endstation Güllegrube im Polizeiruf aus Brandenburg

06.04.2014 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Polizeiruf 110 - Käfer und Prinzessin
rbb/ARD
Polizeiruf 110 - Käfer und Prinzessin
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Geruhsam wie eh und je geht es zu im neuen Polizeiruf aus Brandenburg, der im Mittelteil Gefahr läuft, im dramatischen Muß seines Ökobauernhofs stecken zu bleiben. Gegen Ende dreht der Krimi mit Maria Simon und Horst Krause aber nochmal auf.

Wie idyllisch es in diesem Brandenburg ist! Da legt sich 24 Stunden am Tag die Spätabendsonne über die Bäume, aus deren Kronen glückliche Menschen glückliche Äpfel pflücken. Weich sind die Bilder wie die warmen Decken, unter denen am Lagerfeuer Kumbaya gesungen wird. So ein Kuschelparadies mit seinen 84,6 Einwohnern pro Quadratkilometer gerät höchstens aus dem Takt, wenn mal eine Leiche in der Güllegrube des Nachbarhofs liegt. Dann schwingt sich, wie in Polizeiruf 110: Käfer und Prinzessin zu sehen, der wackere Hauptmeister Krause (Horst Krause) auf sein Motorrad. Er ist der Robin für Lenskis Batman (Maria Simon) und statt Gothams psychopathischen Grinsekatzen und Janusgesichtern, hat es das Duo mit Bio-Bauern und Heisenberg-Fanboys zu tun.

In Brandenburg passiert also nicht viel, wenn der Tag lang ist und die angemessene Ruhe der beiden Kollegen Olga Lenski und Horst Krause gehört seit einiger Zeit zu den sympathischen Markenzeichen ihres Polizeirufs. Für ihrem neuen Fall drehen Regisseur Robert Thalheim (Polizeiruf 110: Käfer und Prinzessin) und Autor Clemens Murath (Polizeiruf 110: Eine andere Welt) die Ermittlungen auf Schritttempo herunter. In besagter Güllegrube wird Martin Jahn tot aufgefunden und er hat sicher nicht versucht, sich zu ertränken. Jahn lebte auf einem Öko-Bauernhof in der Nähe und war am Vorabend mit einem Fabrikarbeiter in einer Kneipe aneinandergeraten. Die Spur führt auch in die Kommune selbst. Jahn wollte nach Afrika auswandern, worauf Lebensgefährtin Ruth (Fritzi Haberlandt) keine Lust hatte. Friede, Freude, Dinkelkernotto herrscht auf dem Hof auch nicht mehr, seit bekannt ist, dass die umgebenden Äcker von Altlasten verseucht sind. Bio-Kampfsportler Harry Wacker (!) (Peter Lohmeyer) hat bereits eine Alternative in Aussicht, aber zieht seine Gefolgschaft mit ins gelobte neue Ackerland?

Als Käferchen und Prinzessin verkleideten sich Olga und Ruth in Kindertagen, wenn sie nicht gerade im Buddelkasten gespielt haben. Die alte Freundschaft erschwert die Ermittlungen, zum Ballast des Krimis gerät sie nicht. Das große Drama liegt dem Brandenburger Polizeiruf fern. Stattdessen schält sich im Vergleich ein von Haberlandt in den Nuancen fein gespieltes Porträt einer Frau heraus, die das Fremde gesucht und nur mit Mühe wieder zurückgefunden hat. Umso stärker klammert sich die weitgereiste Träumerin an ihre Kommune, ihr neues Heim im gar nicht so fernen Brandenburg. Haberlandts Ruth gibt sich in einem Moment naiv, im nächsten fanatisch verblendet und bildet einen Gegenpol zu Olga Lenski, der Ausgeglichenheit in Person. Daneben können die anderen Figuren eigentlich nur verblassen und sie tun es, ob sie nun von Peter Lohmeyer oder Fabian Busch gespielt werden.

Polizeiruf 110 – Käfer und Prinzessin ist so ein Krimi, in dem der Hauptverdächtige davonrennt und die Kommissarin tief einatmet, ein “Der kommt nicht weit” murmelt und (höchstwahrscheinlich) erstmal einen Kaffee beim Lieblingsbäcker trinken geht. Diese Haltung erinnert bei den Brandenburgern mittlerweile an eine verjüngte Version von Schmücke und Schneider aus Halle. Übel zu nehmen ist ihnen diese Ruhe jedoch nicht. Sie haben sich die Gelassenheit erarbeitet. Das geschickt geschriebene Finale, in dem Verdächtige und Motive sich ohne große Mühe zu einem einleuchtendem Puzzle versammeln, ist hierbei Beweisstück Nummer 1.

Zitat des Sonntags: “Der Landhof wird weiterleben.”

Mord des Sonntags: In der Güllegrube entsorgt.

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