Fast & Furious auf Netflix: Tokyo Drift hat seinen schlechten Ruf nicht verdient

26.04.2020 - 09:15 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
The Fast and the Furious: Tokyo DriftUniversal
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Jetzt, wo Fast and Furious 1-7 bei Netflix streamen, müssen wir eine Lanze für Tokyo Drift brechen. Innerhalb der Reihe gibt es kaum einen Teil, der mehr Herzblut hat.

Die Fast & Furious-Reihe (jetzt auf Netflix) hat sich längst im Olymp der großen Blockbuster breit gemacht. Für die Universal-Studios gibt es wohl kein wichtigeres Pferd im Stall. Vor 14 Jahren war daran noch gar nicht zu denken. Da waren Dominic Toretto oder Brian O'Connor zwar schon geläufige Namen, im Vergleich zur heutigen Geldmaschine spielte die Marke Fast & Furious damals aber bestenfalls noch in der VW Polo-Liga.

Fast wäre es auch dabei geblieben, beziehungsweise hätte der Motor mit The Fast and the Furious: Tokyo Drift sogar fast ganz den Geist aufgegeben. Nur etwas mehr als 158 Millionen US-Dollar spielte der dritte Ableger 2006 weltweit in den Kinos ein. Zum Vergleich: Teil 7 machte mehr als 1,5 Milliarden.

The Fast and the Furious: Tokyo Drift - Tiefpunkt oder Meilenstein?

Tokyo Drift gilt deshalb bis heute als absoluter Tiefpunkt des Franchise. Das belegen auch die Noten: Mit 5,7 Punkten schneidet kein Teil schlechter in der Moviepilot-Community ab, auf gerademal 37% bringt es das Tomatometer auf Rotten Tomatoes. Nach dem bereits wenig geliebten 2 Fast 2 Furious "ein weiteres düsteres Kapitel einer Reihe, die mal vielversprechend begann" schrieb die Times .

Lucas Black spielte seit Tokyo Drift in gerademal fünf Filmen mit, darunter Fast & Furious 7

Zugegeben, besonders anspruchsvoll oder hochwertig produziert ist das Franchise-Debüt - das in der Kontinuität der Filme jede Menge Chaos stiftet - des späteren Stammregisseurs Justin Lin wirklich nicht geraten. Auch das Schauspiel ist bestens im Nachmittagsprogramm von RTL2 aufgehoben (wo Tokyo Drift tatsächlich regelmäßig läuft), ausgerechnet der wenig begabte Lucas Black muss auch noch die Hauptrolle spielen.

Hier empfiehlt sich die deutsche Tonspur. Im Originalton ist so manch Wortgefecht nur schwer erträglich, aber das ist ja bei Vin Diesel nicht anders.

Doch sein Schmäh-Image hat Tokyo Drift nicht verdient. Im Gegenteil: Der Film baut auf eine große Fangemeinde, besonders F&F-Anhänger der ersten Stunde und vor allem die Auto-Szene lieben ihn. Beispiel: In einer gut gefüllten Facebook-Gruppe einer bestimmten Fahrzeugmarke ließ ich die Mitglieder abstimmen, welcher Film ihren Lieblingsteil markiert. Das Ergebnis: Tokyo Drift liegt klar vor den anderen, nur Teil Eins schneidet besser ab.

Das Umfrage-Ergebnis zeigt: Tokyo Drift genießt in der Szene ein ganz anderes Ansehen

Filmkritiker und Kinogänger bilden zwar letztendlich die größere Lobby, doch unterschätzt werden sollte die Meinung der PS-Community nicht. Für sie wurden die Fast & Furious-Filme eigentlich erst geschaffen. Deshalb erkennen alteingesessene Fans das Universum heute kaum noch wieder: Mit Tuning und illegalen Straßenrennen haben die heutigen Mainstream-Ableger nichts mehr zu tun.

Bei Tokyo Drift geht es einfach nur ums Fahren

Was Tokyo Drift so besonders macht: Justin Lin versetzte die Handlung nach Japan, in diesem Genre ein wahrlich exotisches Setting. Die Driftszene in der titelgebenden Hauptstadt Tokio wird zudem authentisch wie dynamisch zum Leben erweckt. Gaststars wie die Driftlegende Keiichi Tsuchiya  oder das schöne Aufgreifen der sogenannten Tougue Racings (Korso-Rennen auf einer Bergstrecke ohne Überholen) verleihen dem Film eine charmante Bodenständigkeit.

RX7 fährt quer - da sieht man halt auch mehr

Nach dem Kinobesuch hätte ich mir am liebsten selbst direkt einen Mitsubishi Evo geholt und den Schraubenzieher angelegt, so sehr lebt der Film sein Thema. Heute fliegen und schießen bei F&F die Autos aber mehr, als dass sie fahren und Toretto und Co. liefern jedesmal aufs Neue einen noch bekloppteren Stunt.

In Tokyo Drift bleibt das Geschehen dagegen auf dem Asphalt, die Fernost-Boliden wie der wunderschöne schwarzgraue Nissan 350Z von Gegenspieler DK (Brian Tee) sind Kult und selbst wer für Vierräder nichts übrig hat, muss Justin Lin zugestehen, wie grandios und plastisch die Rennen und Verfolgungsjagden in Szene gesetzt sind.

Justice For Han: Ein Wegbereiter für Fast & Furious

Fast jeder Drift ist handgemacht, auch weil die Mazdas und Nissans genau für diesen Sport gebaut wurden. Aber zu keiner Sekunde übertreiben es die Macher, denn anders als bei den größenwahnsinnigen Nachfolgern oder den Vorgängern mit ihren Lachgas-Boost-Einlagen bleibt die Action in Teil 3 reduziert und zwanglos. Gerade das wird bei den neueren Filmen schmerzlich vermisst.

Sung Kang als Han: Das Junk Food wurde zu seinem Markenzeichen

Und auch wenn die flachen Dialoge wenig Spaß machen und die Darsteller sichtbar bemüht spielen, wachsen die Figuren einem ans Herz. Das wird am deutlichsten bei Sung Kangs Han, der dank Tokyo Drift zu einem der größten Fanlieblinge der Reihe avancierte.

F&F-Produzent Neal H. Moritz, damals noch das Ruder in der Hand, blieb nach dem Misserfolg dennoch nichts anderes übrig, als die Reißleine zu ziehen - statt die Marke aber komplett einzustampfen, wagte er einen Neuanfang und setzte wieder auf die Besetzung des ersten Films: mit Vin Diesel und Paul Walker. Prompt ging es steil bergauf mit Fast & Furious: Heute sind die Filme zwar Milliarden wert, nur waren sie nie mehr so gut.

Was ist eure Meinung? Wo landet bei euch Tokyo Drift im Fast & Furious-Ranking?

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