Am 28. August 1964 wurde Frank Griebe geboren, noch unwissend, dass er 2014 der zweitbekannteste Kameramann Deutschlands sein würde. Seine Faszination für die Arbeit mit der Kamera bekam er während eines dreiwöchigen Schülerpraktikums. Er landete bei einer Produktionsfirma, die während seiner Zeit dort auch einen Werbefilm drehte. Frank Griebe war sofort begeistert und fasste den Entschluss: "Das, was der Typ da hinter der Kamera macht, das will ich später auch mal machen." Die Entscheidung stand, doch bis es so weit kam, würde es noch eine Weile dauern.
Tom Tykwers drittes Auge
Wer etwas über Griebe erfahren möchte, kommt an Tom Tykwer kaum vorbei. Kennengelernt haben sie sich im Moviemento Kino in Berlin-Kreuzberg. Griebe musste eine Freundin, die dort arbeitete, abholen und Tykwer war der damalige Filmvorführer. Die beiden kamen ins Gespräch und stellten fest, dass sie auf einer Wellenlänge lagen. Nach den letzten Vorstellungen setzten sie sich nun häufig ins leere Kino, schauten noch ein oder zwei Filme und unterhielten sich stundenlang.
Nach Griebes Ausbildung, nach der Ablehnung Tykwers an allen Film-Hochschulen und nach dem Mauerfall drehten sie dann 1990 ihren ersten Kurzfilm Because. Es war der erste Film, aber längst nicht der letzte. Bei jedem der bisher erschienen 14 Tykwer-Filme war Griebe der Kameramann, aktuell ist mit Ein Hologramm für den König Nummer 15 in der Post-Produktion. Zwischen Because und Ein Hologramm für den König schufen die beiden bekannte Filme wie Lola rennt, Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders, The International und zuletzt Cloud Atlas - Alles ist verbunden.
Über seinen Kameramann, den er auch gerne als sein drittes Auge bezeichnet, sagt Tom Tykwer:
Frank Griebe ist niemals krank, müde, erschöpft, zu spät, genervt oder schlecht gelaunt. Er ist durchaus zweifelnd, nachdenklich, prüfend. Aber vor allem ist er zuversichtlich, neugierig, mutig, wach und stimuliert. Manchmal ist das meine Rettung.
Doch während Tykwer nur mit Griebe dreht, ist das andersherum finanziell nicht zu realisieren, weswegen in dessen Filmographie auch Doris Dörrie, Leander Haußmann, Sönke Wortmann und Helmut Dietl zu finden sind.
Das Göttliche Auge und elegante Präzision
Doch über all diese Regisseure und all diese Filme hinweg ist immer der einzigartige Stil Frank Griebes zu erkennen. Besonders sein sogenanntes Göttliches Auge fällt immer wieder auf. Um Distanz zu den Figuren zu schaffen und dem Zuschauer einen Überblick über die Handlung zu geben, benutzt Frank Griebe bevorzugt einen beobachtenden Kamera-Blick von oben, dem nichts verborgen bleibt. Gerne kombiniert er diesen mit Kranfahrten, die dem Bild mehr Dynamik verleihen und die Kamera fast schon als weiteres, neugieriges Wesen in die Welt des jeweiligen Films einbinden. In einem Interview sagte er auf die Frage, was einen guten Kameramann ausmacht:
Ich glaube das Wichtigste ist erstmal, dass man neugierig ist. Das ist so, finde ich, eine Grundhaltung die einfach da ist. Wenn man neugierig ist auf Stoffe, die da auf einen zukommen. Das Handwerkliche würde ich jetzt gar nicht so in den Vordergrund stellen, das ist eigentlich selbstverständlich. Das ist, glaub ich, auch wie bei Künstlern, die ja auch ihr Handwerk erstmal sowieso beherrschen, die malen können, oder Bildhauer sind, oder was auch immer. Aber ich glaube es ist entscheiden, dass man irgendwie einen Stoff für sich findet, wo man irgendwie eine Herausforderung sieht, wo man sagt 'Das macht mich neugierig, da will ich mehr drüber wissen'. Das ist für mich eine ganz, ganz wichtige Voraussetzung.
Diese Aussage beschreibt sehr genau seinen eigenen Bildstil, der immer alles zeigt und nie abblendet, der an eine Situation heran fährt, wenn sie interessant ist, und der wieder wegfährt, wenn es irgendwo anders interessanter wird. Dabei zeichnen sich seine Bilder vor allem durch eine direkte Klarheit aus, die ohne Hektik dem Zuschauer Zeit lässt, alles visuell zu erfahren. Lediglich bei märchenhaften Themen verzichtet er ab und an auf diese Klarheit, um die Atmosphäre durch Bilder im Gegenlicht zu unterstützen. Aber auch dann fotografiert er die Szenen mit einer eleganten Rythmik, die dem Film die nötige Ruhe gibt, wie in Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders, oder ihm eine schwungvolle, mitreißende Dynamik gibt, wie in Lola rennt.
Dieser außergewöhnliche Stil hat ihn, nach Michael Ballhaus, zum zweitbekanntesten Kameramann Deutschlands gemacht, und auch dieser Kollege findet nur gute Töne über ihn:
Mir gefällt die Bildregie von Tom und seinem Kameramann Frank Griebe sehr gut. Ich halte ihn für einen ganz ausgezeichneten Kameramann, er ist sehr mutig mit seinen Bildern. Er benutzt keine konventionellen Kompositionen, keine konventionelle Lichtführung. Ich weiß, dass eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Tom und Frank Griebe besteht. Die beiden sind ein ausgezeichnetes Team!
Diese Meinung wird offenbar auch von vielen Film-Jurys unterstützt, weswegen Griebe u.a. die Beste Kamera beim Europäischen Filmpreis und mehrfach beim Deutschen Filmpreis gewann. Hoffen wir also, dass wir auch in Zukunft mehr von der schönen Bildarbeit Frank Griebes zu sehen bekommen.
Herzlichen Glückwunsch zum 50. Geburtstag!