Gestern waren wir Fremde - Ohne Sex und Verstand

21.08.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Gestern waren wir Fremde
ARD Degeto/Bernd Schuller
Gestern waren wir Fremde
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Ein Frau, die ihren Mann steht. Ein Familiengeheimnis, das ans Licht kommt. Und jede Menge Klaviermusik. Ist das der Stoff aus dem gelungene TV-Unterhaltung gemacht ist?

Irgendwie empfinde ich es als auffällig, dass sich der deutsche Fernsehfilm im Unterschied zum Kinofilm nicht davor scheut, Frauen ins Zentrum der Geschichte zu stellen. Aber vielleicht hat dieser Eindruck auch mit meiner persönlichen Filmauswahl zu tun. Ob Zufall oder nicht, auch bei dem heutigen Film Gestern waren wir Fremde handelt es sich wieder um die Geschichte einer Frau.

Karrierefrauen küsst man nicht
So weit so gut. Das Fernsehen kann also Filme über Frauen drehen, in denen es noch um etwas anderes als die Liebe geht. Und weiter? Lisa Wagner spielt Sophie Ferber, eine erfolgreiche Ingenieurin, die sich mit Fleiß und Ehrgeiz in einer Männerdomäne durchsetzt. Doch während sie ihren Kollegen mühelos das Wasser reichen kann, gibt es durchaus einen Mann, mit dem sie nicht umzugehen weiß: ihr Vater Karl (Thomas Thieme). Auf Grund des anhaltenden Konflikts zieht sich Sophie mehr und mehr von ihrem Elternhaus zurück und stürzt sich in eine Affäre mit Max (André Szymanski). Eine Beziehung soll daraus auf keinen Fall werden, denn schließlich hat der Job für Sophie oberste Priorität.

Dass Sophie letztendlich doch ihr Herz an Max verliert, gehört zu den zahlreichen Schwächen des TV-Dramas von Regisseur Matthias Tiefenbacher und den Drehbuchautoren Martin Kluger und Maureen Herzfeld. Am Ende spricht sie gar von Familiengründung und Kindern, dabei wäre es doch so erfrischend gewesen, auch mal eine Frau zu zeigen, die mit diesem Lebensentwurf nichts anzufangen weiß (soll’s ja auch geben!). Lisa Wagner spielt ihre Rolle mit einer Mischung aus Dominanz und Arroganz, die an eine schlecht gelaunte Bundeswehroffizierin mit unterdrückten Blähungen erinnert. In den Momenten, in denen Sophie Ferber endlich einmal lachen darf, verspüren wir als Fernsehzuschauer unnachahmliche Erleichterung, nicht mehr diesem feindseligen Blick ausgesetzt zu sein. Stark wirkt Sophie übrigens durch ihre Todesmine nicht, sondern eher verbittert, was die Interpretation nahelegt, dass beruflich erfolgreiche Frauen ohne Lebenspartner eben frustriert zu sein haben. Dabei würde die Geschichte um das Familiengeheimnis ebenso gut mit einer Protagonistin funktionieren, die mit der Wahl ihrer Prioritäten im Reinen ist. Den Bechdl-Test besteht Gestern waren wir Fremde übrigens auch nicht.

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