Holy Motors - Ein Mann mit vielen Gesichtern

03.09.2014 - 18:01 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Holy Motors
Arsenal Filmverleih
Holy Motors
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Meisterwerk oder völliger Schwachsinn? Manchmal ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten. Holy Motors ist auch einer dieser Filme, der Kritiker spaltet. Falls ihr euch selbst ein Bild machen wollt, solltet ihr heute unbedingt den Fernseher einschalten.

Monsieur Oscar heißt der wunderlich wirkende Kauz, den wir in Holy Motors einen Tag lang begleiten - von Sonnenaufgang bis tief in die Nacht. Dabei sehen wir häufig, wie er durch die Straßen der französischen Hauptstadt chauffiert wird. Hinter dem Steuer sitzt eine blonde Frau, die die große Limousine gekonnt durch die Straßen navigiert. Im hinteren Teil des Automobils befindet sich ein breitgefächertes Arsenal an verschiedensten Kosmetika und Materialien, die man normalerweise in der Maske eines Theaters erwarten würde. Mit deren Hilfe schlüpft Oscar immer wieder in die verschiedensten Rollen, während er von Termin zu Termin hetzt. Mal scheint er ein Geschäftsmann zu sein, der sich morgens von seiner Familie verabschiedet, um gut bürgerlich zur Arbeit zu gehen. Etwas später ist er ein buckliger Bettler, der ein Topmodel in eine dunkle Gruft entführt. Monsieur Oscar ist ein Schauspieler, also ein Mensch, der sein Geld damit verdient, in die verschiedensten Rollen zu schlüpfen, um voll darin aufzugehen – aber wo befinden sich nur die Kameras?

Holy Motors ist Léos Carax' erste Arbeit in Spielfilmlänge nach einer 12 Jahre andauernden Pause. Der exzentrische Regisseur hatte sich bereits in der Vergangenheit mit Die Liebenden von Pont-Neuf und Pola X einen Namen als poetischer und unkonventioneller Filmemacher gemacht und auch sein neustes Werk hatte die Kritiker in Cannes gespalten. Die einen sahen in Holy Motors eine tragisch-schöne Liebeserklärung an das Kino, während die anderen den Film als grotesken Unsinn abtaten. Dennoch, oder gerade deshalb solltet ihr euch unbedingt ein eigenes Bild davon machen. Auch der Look des Films wirkt durch den Einsatz von Digitaltechnik außergewöhnlich, dabei ist dieser Umstand nur durch einen Kompromiss entstanden. Carax, der moderne Technik eigentlich verabscheut, musste seine Investoren beruhigen, indem er ihnen zuvor versprach, eben diese einzusetzen, um explodierende Kosten zu vermeiden. Bekannte Stars wie  Eva Mendes und Kylie Minogue, aber auch der herrlich aufspielende Denis Lavant tragen die schwerwiegende Handlung mit Humor und machen den Film so zu einem einzigartigen Erlebnis.

Lobende Worte fand auch Michael Kienzl : „Holy Motors ist ein ungebändigtes Monster, reich an Eindrücken, Erzähltönen und Bedeutungsebenen. Viele davon lassen sich gar nicht angemessen beschreiben, sondern müssen erfahren werden. Und das ist für einen Film schließlich eines der schönsten Komplimente, die man ihm machen kann: dass ihm Bilder gelingen, die sich mit den Mitteln der Sprache nicht mehr greifen lassen.“

Heute im TV: Holy Motors
Wann? 21.50 Uhr
Wo? Arte

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