Ich, die Flucht vor Mumien & Tomb Raider 4

02.06.2015 - 13:15 Uhr
Tomb Raider 4: The Last Revelation
Square Enix
Tomb Raider 4: The Last Revelation
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Mittlerweile ist das Reboot und das kommende Sequel in aller Munde, aber ich möchte daran erinnern, dass Lara Croft auch schon früher zu überzeugen wusste. Warum ich Tomb Raider 4 liebe und Mumien hasse, erfahrt ihr in meinem Herz für Klassiker.

Als Kind hatte ich viele Berufswünsche. Ich wollte Ärztin werden, Schauspielerin, Geheimagentin, Bob-Fahrerin (danke dafür, Cool Runnings) und eine ganze Menge andere, wöchentlich wechselnder und nicht immer mit gesundem Menschenverstand nachvollziehbare Berufe. Die einzigen beiden, die über die Jahre hinweg gleich blieben, waren Autorin und Archäologin/Abenteurerin – ja, in meiner kindlichen Vorstellung war das tatsächlich ein und dasselbe.

Gefangen in einer Kleinstadt wurde mein Abenteuerdrang allerdings in sehr engen Grenzen gehalten. Überraschenderweise sind Kuhweiden einfach nicht dasselbe wie längst vergessene Tempel. Also tat ich, was viele von uns taten: Ich flüchtete in fiktive Welten, um immerhin dort Nervenkitzel aus zweiter Hand erleben zu können. Besonders Videospiele verschafften meiner Abenteuerlust Befriedigung, da ich durch sie aktive Erkunden erleben und in fremde Welten abtauchen konnte.

Lara Croft als junger Hüpfer

Dank meiner Eltern lernte ich schon früh Indiana Jones kennen und lieben, erst durch die Entdeckung von Lara Croft schlug mein junges Abenteurerinnenherz aber wirklich höher. Vielleicht war es die Tatsache, dass Lara ebenfalls weiblich ist und ich mich dadurch mit ihr verbundener fühlte als mit Indy, vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass ich sie ganz alleine und ohne die Hilfe meines Vaters entdeckte. Die Tomb Raider-Spiele gehörten zu den ersten PC-Titeln, die ich mir ganz alleine kaufte, ohne zu wissen, was mich erwarten würde. Der Kauf war somit der erste Schritt in ein Abenteuer, das mich bis heute nicht losgelassen hat.

Meine erste Grabräuber-Erfahrung war Tomb Raider 2 , das irgendwann als Beilage in einer Computerspielezeitschrift steckte. Es war allerdings Tomb Raider 4: The Last Revelation , welches mich mit seinem ägyptischen Setting, seinen Geheimnissen und seinen fiesen Gegnern im Sandsturm eroberte.

Ich war damals fast im gleichen Alter wie die junge Lara, die wir zu Anfang des Action-Adventures kennenlernten, was für mich eine völlig neue Erfahrung war. Nicht nur, dass ich einen weiblichen Hauptcharakter spielen durfte, sondern vor allem, dass sie so jung und doch so taff war.

Gemeinsam mit einer Freundin verbrachte ich damals unzählige Stunden im digitalen Ägypten auf der Suche nach neuen Geheimnissen und auf der endlosen Flucht vor Mumien. Noch heute gehören die fies gurgelnden Kreaturen aus Tomb Raider 4 zu den furchtbarsten Gegnern, denen ich je in einem Spiel gegenüberstand. Um das zu verstehen, solltet ihr wissen, dass bei Lara Croft leider der Flucht-Teil der Kampf-oder-Flucht-Reaktion völlig fehlt – was durchaus schlecht ist, wenn es um unverwundbare Gegner geht.

Oh mein Gott

Bestand unser Koop-Spiel vorher aus der eher widerwilligen Hergabe von Maus und Tastatur, sorgte jede Mumie für einen semi-hysterischen Streit zwischen meiner Koop-Partnerin und mir, wer denn nun dran wäre mit Davonlaufen. Da wir währenddessen nicht pausierten, fand Lara mehr als einmal ihren frühen Tod, was den Streit nur schlimmer werden ließ und zwangsläufig zu einem mumifizierten Teufelskreis führte.

Trotzdem konnten wir es nicht lassen und brüteten ewig über dem eigens erstandenen Lösungsbuch, dem ersten und einzigen seiner Art, das ich je besessen habe. Wir arbeiteten ein System aus, in dem eine Person spielte und die andere zusätzliche Notizen ins Buch machte und es an besonders kniffligen Stellen zu Rate zog. Davon gab es, sofern mich meine angestaubte Erinnerung nicht trügt, einige, denn The Last Revelation war voller Geheimnisse und Puzzles, die nicht immer so einfach zu lösen waren wie in den Vorgängern.

Verglichen mit ihnen beeindruckt mich noch heute vor allem der Mut, der beim Ende bewiesen wurde, das mich damals wie ein Schlag in die Magengrube traf, der noch heute zu spüren ist, wenn ich an Tomb Raider IV – The Last Revelation zurückdenke. Nicht jeder Entwickler traut es sich schließlich, seine Hauptfigur am Ende eines Spiels "sterben" zu lassen.

Tomb Raider 4 war in vielerlei Hinsicht für mich (beziehungsweise uns) die perfekte Mischung aus Abenteuer, Rätseln und Action – allem, was ich mir damals von einem Spiel wünschte und manchmal noch heute wünsche.

Zwar sage ich mittlerweile, dass das charakterbezogenere Reboot Tomb Raider  das beste war, was der Reihe passieren konnte, trotzdem vermisse ich manchmal die sandigen Wüstenlandschaften aus The Last Revelation, eine Lara, die Gräber eben nicht hasst, sondern sie voller Leidenschaft erkundet und den Nervenkitzel, der sich nur in nicht ganz so verlassenen Pyramiden finden lässt.

Nur die Mumien, die vermisse ich nicht.

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