Ich, Monkey Island & die Suche nach dem dreiköpfigen Affen

06.01.2015 - 13:45 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
The Secret of Monkey Island
Lucas Arts
The Secret of Monkey Island
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Ab sofort verleiht die gamespilot-Redaktion wöchentlich ihr Herz einem Klassiker, den sie besonders liebgewonnen haben und nicht mehr aus ihrer Spielebibliothek streichen wollen. Ich mache heute den Anfang und beginne diese Reihe mit dem legendären The Secret of Monkey Island.

Wir schreiben das Jahr 1994: Während die 90er ihren farbenfrohen Höhepunkt feiern und Kurt Cobain unterdessen seinen Selbstmord plant, klettert ein kleiner Junge irgendwo in Süddeutschland auf den Schreibtischstuhl seines Vaters und darf zum allerersten Mal in die Welt von The Secret of Monkey Island eintauchen. Das LucasArts-Adventure beanspruchte zu diesem Zeitpunkt zwar bereits schon seit vier Jahren die Ladenregale der Videotheken und Kaufhäuser, aber als Fünfjähriger lagen die Prioritäten eben noch eher bei Matsch und Wasserbomben, als sich über die neusten Releases zu informieren.

Tatsächlich tickte die Videospielwelt damals noch anders: Spielbegeisterte erkundeten sich in Zeitschriften (aus echtem Papier!) nach spannend klingenden Neuankündigungen wie Warcraft und studierten den Wert ihres Gameboys oder Super Nintendos auf den Tauschbörsen in ihrer Nachbarschaft. In dieser so fernen Welt gehörten den Adventures die Gunst der Videospielgemeinschaft und mit The Secret of Monkey Island schuf Lucas Arts einen der wichtigsten Meilensteine für dieses Genre.

Monkey Island tickt ein wenig anders: Hier gewinnen wir einen Kampf mit Beleidigungen!

Unter der Federführung von Ron Gilbert, Dave Grossmann und Tim Schafer erblickte Guybrush Threepwood 1990 das Licht der Pixelwelt und streifte mit dem Ziel, ein mächtiger Pirat zu werden, über die namensgebende Insel Monkey Island. Witzige Dialoge und liebenswürdig abgedrehte Charaktere bevölkern diese Welt, in der Schwertkämpfe durch Beleidigungen gewonnen und Cola-Automaten zur Quelle von Zombievernichtungsmitteln werden. Ziel des Spiels ist sowohl die Gunst der hübschen Gouverneurin Elaine sowie das Lebenslicht des Zombiepiraten LeChuck auszupusten. Viel zu tun, vor allem wenn der Protagonist gerne immer wieder über seine eigenen Füße stolpert und auch sonst kaum das Klischeebild des gewissenlosen, draufgängerischen Piraten erfüllt — zum Glück!

Geschmacksache: Die überarbeite Version von 2009 ermöglicht den flüssigen Grafikwechsel.

2009 bekam The Secret of Monkey Island ein wenig Liebe von der modernen Technik geschenkt und wurde um eine grafische Überarbeitung ergänzt : In dieser Spielversion steuern wir Guybrush durch neugezeichnete, hochauflösende Umgebungen und dürfen uns außerdem durch ein neues Interface arbeiten. Der Charme des alten Designs samt SCUMM-Bar mit den berühmten Verben bleibt allerdings auch heute noch verlockend und so sollte man regelmäßig auf die Taste hämmern, die den Spieler jederzeit und ohne Ladezeit in alte Zeiten zurückbefördert.

Warum ich Monkey Island mein Herz schenke

Genauso wie sich ein Welpe (oder waren es Küken?) auf das erste Gesicht, dass es in seinem jungen Leben sieht, prägen lässt, verliebte ich mich damals in das erste Computerspiel, das ich vor die Nase gesetzt bekam. The Secret of Monkey Island war das ultimative Märchen meiner Kindheit, welches endlich ohne klischeebeladene Prinzen, unterwürfige Prinzessinnen und böse Hexen auskam. Stattdessen stolperte ich von Abenteuer in Abenteuer, ließ mir Textzeile um Textzeile von meiner Familie vorlesen und rätselte wochenlang über Kopfnüssen, die rückblickend gesehen lächerlich einfach waren.

Aber nicht nur verklärte Nostalgie macht The Secret of Monkey Island zu einer würdigen Eröffnung der Reihe "Mein Herz für Klassiker": Auch heute noch kehre ich immer wieder zu diesem Spiel zurück und erfreue mich an dem sympathisch geschrieben Protagonisten, den liebevollen Details an allen Ecken und Enden sowie dem absolut eingängigen Soundtrack, der seit Jahren zu den hartnäckigsten Ohrwürmern zählt, die je meinen Gehörgang erobert haben.

Warum ihr diesen Klassiker nachholen solltet

Wer auch nur entfernt etwas mit Adventures anfangen kann und schon immer einen Blick auf einen der geistigen Vorgänger des umjubelten The Walking Dead werfen wollte, kommt um The Secret of Monkey Island einfach nicht herum. Das klassische Adventurespiel gelangte mit Guybrush Threepwood zu einem Höhepunkt, der mit damals revolutionärer und noch heute intuitiver Steuerung sowie dank des charakteristischen Looks für lange Zeit weit über der Konkurrenz schwebte.

Ein Feuerwerk der Gefühle! Hach.

Doch auch die jüngeren Spieler unter euch, die bisher noch keine Berührung mit klassischen Adventures hatten, sind auf Monkey Island gut aufgehoben: Die Rätsel sind nicht zu schwer und der Spielumfang angenehm portioniert, sodass auch Genre-Anfänger nicht abgeschreckt werden dürften. Im Gegenteil: Ich glaube, dass auch heute Monkey Island noch wunderbar funktioniert und seine Magie entfalten kann, die auf der modernen Spielwiese vielfach durch andere Werte und Inhalte ersetzt wurde.

Während ich heute mittlerweile durch nahezu fotorealistische Städte sprinten und futuristische Schlachtfelder in HD-Auflösung stürmen kann, fühlt sich The Secret of Monkey Island wie eine angenehme Entschleunigung des eigenen Spielekonsums an. Daher mein guter Rat, ungefiltert und ehrlich, nur für euch: Lasst zumindest für einen Abend einmal die aktuelle Konsolengeneration ausgeschaltet, setzt euch zu Guybrush Threepwood ans digitale Pixel-Lagerfeuer und lauscht seinen Geschichten von alten Abenteuern, großen Gefahren, der einzig wahren Liebe und seiner legendären Suche nach dem dreiköpfigen Affen.

Har, har, har!

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