Inception kann Hollywood auch nicht retten

24.02.2011 - 08:50 Uhr
Inception
Legendary Pictures
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Viele Filmfans regt der Sequel- und Remake-Wahn Hollywoods auf. Doch während der Erfolg von Inception auf die Zukunft des US-Kinos hoffen lässt, erklären es andere schon für tot. Das Problem: Auch wir Zuschauer sind nicht ganz unschuldig.

Von Remakes, Sequels und Comic-Verfilmungen werden wir dieses Jahr überschüttet und 2012 sieht es wahrscheinlich ähnlich aus. In einem aktuellen Artikel stellt deshalb Martin Harris Überlegungen an zur Zukunft des Hollywod-Kinos und kommt zum traurigen Schluss: Sobald werden die Filme, die auf der anderen Seite des Großen Teichs produziert werden, nicht besser werden. Daran wird wohl auch der Erfolg von Inception nichts ändern.

Originalität ist ein Wagnis
Inception war ein Überraschungserfolg. Vielleicht nicht für die Fans von Christopher Nolan und Leonardo DiCaprio, aber zumindest für die Produzenten. Als ein Geschenk für den Regisseur galt der Film bei diesen, als Belohnung für die Batman-Filme, die ruhig in die Hose gehen konnte. Schließlich sei der Film zu kompliziert, zu anspruchsvoll für die Kinozuschauer. Doch Inception hat allein in den USA fast 300 Millionen Dollar eingespielt. Ob der Erfolg dieses Wagnisses Früchte trägt, ist fraglich.

In seinem Artikel umreisst Martin Harris, was dieses Jahr auf uns zukommt: “Vier Adaptionen von Comics. Ein Prequel zu einer Adaption eines Comics. Ein Sequel eines Sequels eines Films, der auf einem Spielzeug basiert. Ein Sequel eines Sequels eines Sequels eines Films, der auf einer Attraktion eines Vergnügngsparks basiert. Ein Prequel eines Remakes. Zwei Sequels zu Cartoons. Ein Sequel einer Komödie. Eine Adaption eines Kinderbuchs. Eine Adaption eines Samstagmorgen-Trickfilms. Ein Sequel mit einer 4 im Titel. Zwei Sequels mit einer 5 im Titel. Ein Sequels, das, wenn Zahlen im Titel benutzt werden würden, eine 7 1/2 tragen müsste.”

Die Marke zählt
Doch warum vertraut Hollywood auf die einfallslose Strategie der Sequels? Weil die Studiobosse Marken brauchen, um sich eines Erfolgs gewiss zu sein. Eine Marke ist das genaue Gegenteil von Originalität, schließlich verspricht sie etwas, das wir schon kennen, sie ist uns vertraut, weshalb wir an der Kinokasse zugreifen. Auch Comics sind Marken, genauso wie Klassiker, Bücher und Spielzeugfiguren. Auch Filmstars waren einmal Marken, “doch nach drei- oder vierhundert Versuchen, bei denen das nicht funktioniert hat, wurde Hollywoods Obsession mit der Star Power ausgehölt. In den letzten paar Jahren hat eine neue Betriebsregel die Macht übernommen: Der Film selbst muss die Marke sein.”

Das Problem der Marke gehört seit Urzeiten zu Hollywood, schließlich handelt es sich hier um eine Industrie. Früher waren Genres Marken. Gleichzeitig kamen die Stars hinzu, bis sich das Kino der Traumfabrik in den 70er Jahren grundlegend wandelte. Im Rahmen des New Hollywood entstand mit Der weiße Hai und Krieg der Sterne der moderne Blockbuster, zu dessen Merkmalen die hohe Verbreitung mitsamt der hohen Marketingkosten, das Sequel-Potenzial und das Merchandising gehören. Der Sommer-Film war geboren, der in der Blockbuster-Saison startete. “[…] Aber die Definition des Sommer-Films war viel facettenreicher als heute. Das Label konnte Science Fiction-Filme wie den leisen und düsteren Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt umfassen, einen zweieinhalb Stunden langen Horrorfilm wie Shining und eine einzigartige Vision des Regisseurs wie Blade Runner.”

Die Zuschauer sind schuld
Den Grund dafür, dass die Produzenten in Hollywood kaum noch große Filme für Erwachsene machen, sieht Martin Harris in der Zielgruppe. “Wie jeder in Hollywood bestätigen wird, ist die amerikanischen Zuschauerschaft gespalten: durch das Geschlecht und das Alter. […] Frauen werden von den Bossen als Randgruppe betrachtet, die, außer Sandra Bullock liest ein Drehbuch oder Nicholas Sparks schreibt einen Roman, es im allgemeinen nicht wert ist, bedacht zu werden. Und wenn du vor 1985 geboren wurdest… dann ist es meine traurige Aufgabe, dir mitzuteilen, dass du in den Augen von Hollywood zu den ‘Alten’ gehörst.”

Die Logik dahinter ist, dass junge Männer die verlässlichsten Kinobesucher sind, weshalb die Produzenten ihre Produkte entweder auf sie zuschneiden oder das drehen, was Martin Harris als die “Ich werd nicht erwachsen”-Filme bezeichnet. Animations-, Comic- und Kinderbuchfilme, die eine möglichst große Zielgruppe ansprechen sollen, aber insgesamt einen infantilen Ton anschlagen. Diese “Kinder-Genres” waren schließlich vor zwanzig Jahren längst nicht so verbreitet wie heute. Doch dahinter verbirgt sich ein viel größeres Problem, das die Bosse teilweise ihrer Verantwortung entledigt: der strukturelle Wandel.

“Wir können uns darüber beschweren, bis wir heiser sind, dass Hollywood uns verlassen hat, weil es nicht mehr die Filme macht, die wir sehen wollen. Aber genauso wahr ist auch, dass wir Hollywood verlassen haben. Die Studios machen Filme für Leute, die ins Kino gehen und Fakt ist, wir, die sich beschweren, gehen nicht mehr ins Kino. […] Wir können den Film später sehen in unserem Heimkino oder, noch besser, auf dem netten großen Flachbildschirm […].” Es gibt keinen Zwang mehr ins Kino zu gehen, denn der Film erscheint sowieso in wenigen Monaten auf DVD oder schlimmer noch: Wir können ihn jetzt schon illegal herunterladen.

Die Zuschauerzahlen gehen zurück, also verändern die Produzenten ihr Erfolgsschema. So einfach ist der Wandel der Industrie natürlich nicht zu erklären. Er ist komplex, mit vielen Faktoren, die hinein spielen in die gegenwärtige Situation. Einige davon könnt ihr in diesem lesenswerten Artikel finden.

Doch was glaubt ihr: Ist Hollywood am Ende und, wenn ja, warum?

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