Jahrgang '45 - Ein verbotener Film aus DDR-Zeiten

13.08.2014 - 15:20 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Jahrgang '45
Progress Film-Verleih
Jahrgang '45
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Die Produktionsgeschichte von Jahrgang ’45 ist so lang, da kann nicht einmal Boyhood mithalten. Mehr als zwanzig Jahre durfte niemand den Film von Jürgen Böttcher sehen. Heute müsst ihr nur nach der Fernbedienung greifen und das rbb einschalten.

Jahrgang ’45 wurde 1966 in Ost-Berlin gedreht. Die Öffentlichkeit bekam das Werk von Jürgen Böttcher allerdings erst 25 Jahre später zu Gesicht. Bei der Berlinale 1990 feierte der Film Premiere. Als dem Studioleiter Franz Bruk und Mitarbeitern der Hauptverwaltung Film des Ministeriums für Kultur der DDR 1966 ein Rohschnitt vorgeführt wurde, hagelte es Kritik. Der Film wurde verboten.

Der Stil von Jahrgang’45 lehnt sich an den tschechischen Filmemacher Milos Forman und den italienischen Neorealismus der Nachkriegszeit an. Im Zentrum der Geschichte stehen Lisa und Alfred, genannt Li und Al (gespielt von den relativ unbekannten Monika Hildebrand und Rolf Römer). Das Paar ist verheiratet und lebt in einer Einzimmer-Altbauwohnung im Berliner Prenzlauer Berg. Trotz seiner Liebe zu Li reicht Al die Scheidung ein, um mit der Gewohnheit zu brechen. Er zieht in eine Kellerwohnung und driftet während seiner Urlaubszeit durch die Stadt.

Das Verhalten von Al wurde von den DDR-Offiziellen als besonders fragwürdig betrachtet. Dr. Franz Jahrwow der Hauptverwaltung Film soll folgende Stellungname abgegeben haben: “Al wirkt in seinem Habitus nahezu asozial. […] Personen und Umwelt sind vielmehr so gestaltet, daß sie eher der kapitalistischen als der sozialistischen Lebenssphäre zugerechnet werden könnten. Da der Film jedoch eindeutig vorgibt, einen Ausschnitt aus unseren gesellschaftlichen Verhältnissen zu reflektieren, wird er zutiefst unwahr [und] führt zu Aussagen, die gegen die sozialistische Gesellschaft gerichtet sind.”

Für den modernen Zuschauer funktioniert Jahrgang 45’ demnach auf zwei Ebenen. Zum einen erhalten wir eine faszinierende, berührende Handlung, die uns einen Einblick in die Hauptstadt der 1960er erlauben. Der Verbot und die anschließende Restaurierung erzählen außerdem eine Geschichte von Zensur und Kontrolle der Regierung in der DDR. Dazu kommt die interessante Gesellschaftskritik des Films.

Was?: Jahrgang ’45
Wann?: 22:15Uhr
Wo?: rbb

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