Japans Roman Porn & Pinky Violence

05.02.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
 Ecstasy of the Angels
Wakamatsu Pro
Ecstasy of the Angels
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In einer sechsteiligen Reihe führt euch Charly Dreyfuss durch eine Odysee des Sexploitation Cinema. Die fünfte Folge befasst sich mit der japanischen Variante des Sexploitationkinos, dem Pink Film.

Das japanische Sexkino, die Schule Athens, definiert sich durch ihre surrealistischen Werke, welche sich in höchster Vollkommenheit und Harmonie durch Sex, Gewalt und Poesie auszeichnen. Das Publikum dient als Auffangbecken für die sprudelnden Perversionen der japanischen Regisseure, die die verdorbensten Fantasien über die Leinwand absondern, wie Abflussrohre den alltäglichen Müll der Gesellschaft.

Nach dem zweiten Weltkrieg etablierte sich nur sehr langsam Erotik im japanischen Kino. Ähnlich wie im Rest der Welt, war Sex oder jegliche Art von Obszönitäten ein Tabuthema auf der großen Leinwand. Mitte der 1950er Jahre entwickelte sich allerdings eines der ausgefallensten Subgenres, welches ein wichtiger Indikator für das japanische Kino und den Pink Film im Allgemeinen war. Die ama oder auch Girl Diver Filmserie zelebriert junge japanische Mädchen in knapper Bademode, die den Meeresgrund nach Seeohren, Muscheln oder Perlen absuchen. Girl Diver Filme wurden beschrieben als Filme, die versucht haben, den Stil der italienischen Neorealisten zu adaptieren, wobei sie mehr einem Roger Corman Film gleichen als den Werken von Roberto Rossellini. Der wichtigste und eigentliche Kassenmagnet dieser Filme waren die illustrierten, farbenfrohen Hochglanzposter, von den jungen majestätischen Seenixen, welche in ihren Mittzwanzigern freibusig wie Göttinnen die Eingangshallen Tokioter Lichtspielspielhäuser verzierten. Als Ende der 1950er Filme aus Europa und Amerika Nacktheit auf der Leinwand passabel machten, wie beispielsweise die frühen Werke von Russ Meyer, entwickelte sich diese Art des Ausdrucks ebenfalls in der japanischen Filmkunst. Daraus resultierte 1962, mit der Veröffentlichung Flesh Market von Satoru Kobayashi, die Geburt des Pink Films oder Pinku Eiga genannt.

Ein Pink Film hat eine Laufzeit von ca. 60 bis 80 Minuten, das Budget beträgt in der Regel nie mehr als 3.5 Millionen Yen (25.000€), pro Stunden sollten mindestens 4 Sexszenen auf der Leinwand zu sehen sein und gedreht wird auf 16 oder 35mm innerhalb von einer Woche. Es ist offensichtlich, dass Pink Filme Erotikfilme sind. Doch nicht alle in Japan produzierten Erotik/Sexfilme sind Pink Filme. Das Genre klassifiziert sich durch die Herstellungsweise und den Vertrieb des Films. So entstanden in einem Zeitraum von 40 Jahren mehr als 5000 Werke. Auch wenn in den Kinos oder auf Postern, Pink Filme mit einem SEXFILM-Werbebanner gekennzeichnet wurden, beschränkt sich der sexuelle Inhalt der Filme an sich nur auf einen sehr kleinen Part des gesamten Films.

Dies hängt mit der sehr stark ausgeprägten japanischen Zensurpolitik zusammen, die es verbietet, jegliche Form von Geschlechtsteilen zu zeigen – sogar Schambehaarung galt lange Zeit als Tabubereich. Die japanischen Regisseure mussten also einen Weg finden, diese Zensur zu umgehen, in dem sie in signifikanten Szenen Lampen, Kerzen oder andere Gegenstände vor den Geschlechtsteilen platzieren. Allenfalls retouchierten sie im fertigen Film die verbotenen Zonen mit schwarzen Balken oder unscharfen Masken. Doch eben dieses Hindernis ist ein bedeutendes Stilmittel des japanischen Kinos, was dem Pink Film seinen ganz eignen visuellen Touch verleiht. Während das westliche Hardcore-Kino zu dieser Zeit, die Zuschauer mit klinischen Großaufnahmen während des sexualen Aktes verwöhnten, arbeitet das japanische Kino viel dezenter. Es reicht die Brust der Frau, Nahaufnahme von Mund und Augen, die Hände oder der Bauch um ein gleiches Verlangen beim Zuschauer zu stimulieren.

Während den 1950er beherrschten sechs Studios den Japanischen Kinomarkt. Die Big Six waren Daiei, Nikkatsu, Shochiku, Toei, Toho und Shintoho. Gegen Ende der 1960er Jahre haben die meisten der genannten Produktionen das kommerzielle Potential von nackten Frauen und Tabuthemen restlos ausgeschöpft. Darauf startete Nikkatsu am 21. November 1971 glorreich die Roman Porn Reihe. Der Hauptunterschied zwischen Pink Film & Roman Porn ist das Budget, welches beim Roman Porn gut doppelt so hoch war und dadurch ein größerer kreativer Freiraum für die Regisseure geschaffen wurde. In der folgenden, 17-jährigen Roman Porn Periode, wurden 850 Titel veröffentlicht. Nikkatsu hatte in Japan verstreut eine Reihe von eigenen Lichtspielhäusern und dadurch eine deutlich größere Prominenz und Zugänglichkeit als der klassische Pink Film.

Die fiktionale Welt, in der die Roman Porns spielen, handelt oftmals vom Abschaum der kleinkriminellen Unterwelt, der die Frauen versklavt und ihnen keine andere Möglichkeit bietet, als sich im gottlosen Tokio, Osaka oder Kyoto ihrem unterwürfigen Schicksal hinzugeben. Die Frauen sind den Männern verpflichtet, ihr Körper ist der Nährboden ihrer Bedürfnisse, wie die eines Kleinkindes, das sich an der fruchtbaren Mutterbrust satt saugt.
Doch die unersättliche Liebe zur Frau scheint zur allgemeinen gültigen Metapher für tiefe existenzielle Wahrheiten zu werden.

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