Jesse Pinkman - Der melancholische Antiheld

14.03.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Aaron Paul als Jesse Pinkman in Breaking Bad
AMC
Aaron Paul als Jesse Pinkman in Breaking Bad
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Nicht auszudenken, hätte Showrunner Vince Gilligan, wie ursprünglich geplant, Jesse Pinkman am Ende von Season 1 der AMC-Erfolgsserie Breaking Bad sterben lassen. Meine heutige Huldigung des Serienhelden hätte es dann wohl nicht gegeben.

Jesse Pinkman (Aaron Paul) macht auf den ersten Blick keinen symphatischen Eindruck: Hängende Augenlieder, schmutzige Klamotten und Dreck unter den Fingernägeln kennzeichnen den wenig freundlichen Aufzug des Mittzwanzigers zu Beginn der AMC-Erfolgsserie Breaking Bad. Hinzu kommt diese Melancholie, diese tief sitzende Trauer im durchdringenden Blick des High School-Dropouts, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Mit seiner aggressiven und provozierenden Art übertüncht Jesse diese scheinbare Schwäche aber stets geschickt und hält das Bild des starken, unabhängigen Mannes, der eben sein Ding durchzieht, erfolgreich aufrecht. Doch im Laufe der mittlerweile vier Seasons schälte Showrunner und Autor Vince Gilligan behutsam eine Schicht nach der anderen von seinem Co-Star ab, so dass wir als Zuschauer mittlerweile einen tiefen Einblick in dessen Denkweisen und Gefühlswelt bekommen haben.

Die Fassade bröckelt
Aufgewachsen in einer gutbürgerlichen Familie der oberen Mittelschicht, geriet Jesse schon früh auf die schiefe Bahn und zerstritt sich mit seinen Eltern, die seinen legeren Lebensstil und seine Unverantwortlichkeit nicht mehr akzeptieren wollten. Auch wenn er es nicht zugibt, merkt der Zuschauer dem Charakter bei genauem Hinsehen aber eindeutig an, dass ihm diese Trennung mehr zu schaffen macht, als er sich selbst eingestehen will. Denn hinter der Fassade des gefühlskalten Rüpels steckt ein verunsicherter und einsamer junger Mann, der sich noch auf der Suche nach sich selbst befindet. An seinem Umgang mit Kindern zeigt sich Jesses großes Herz vielleicht am besten. Rührend kümmert er sich um den kleinen Brock, den Sohn seiner Freundin Andrea, und baut sogar eine liebevolle Freundschaft zu ihm auf. Sein wahrer Charakter kommt aber wohl am Besten in der zweiten Staffel zum Vorschein, als er sich in seine hübsche Nachbarin Jane verliebt und mit ihr eine Beziehung eingeht. Zu diesem Zeitpunkt wirkt er wie befreit, gelöst von diesem unsichtbaren Druck der scheinbar dauerhaft auf seinen schmächtigen Schultern zu lasten scheint. Doch wie so oft macht sich Jesse seine Chancen auf Glück und Unbeschwertheit mit seiner Drogensucht kaputt. Nach einer Überdosis stirbt Jane und Jesse steht mal wieder bei Null.

Loyalität als höchstes Gut
Eine gewisse selbstzerstörerische Ader lässt sich dem notorischen Meth-Head nicht absprechen, gleichzeitig schafft er es immer seinen Kopf im letzten Moment doch noch aus der Schlinge zu ziehen. Denn Jesse ist ein echter Kämpfer und hat er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt, verfolgt er dieses Ziel bedingungslos. Anders hätte er sich in dem andauernden Drogenkrieg zusammen mit seinem Partner Walter White (Bryan Cranston) aber auch nicht behaupten können. Denn Skrupel gibt es zwischen Gangstern nicht und das hat auch Jesse nach anfänglichen Schwierigkeiten bald begriffen. (Achtung, Spoiler!) Als endgütligen Wendepunkt in dieser Hinsicht sticht eindeutig das Finale der dritten Staffel heraus, in dem Jesse den unschuldigen Laborpartner Walts erschießt, um dessen und seine Haut zu retten. (Spoiler Ende!) Trotz all seiner negativen Eigenschaften und der Drogenabhängigkeit hält es Jesse mit der Loyalität und Freundschaft besonders hoch. Anders lässt es sich nicht erklären, warum Jesse nach all dem Drama und den Streitigkeiten unterm Strich doch zu Walt hält und ihm zur Seite steht.

Wie viele der Charaktere der Drama-Serie Breaking Bad durchläuft auch Jesse eine enorme charakterliche Entwicklung im Lauf der vier Staffeln. Sein Wandel vom vorlauten Drogenabhängigen zu Walters Partner in Crime bis hin zum berüchtigten Meth-Experten, der in Mexiko ein ganzes Labor betreuen soll; Jesses Charakter ist geprägt vom ständigen Wandel und genau das macht diesen melancholischen Antihelden zu meinem Liebling.

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