John C. Reilly - Hauptrolle: Nebencharakter

24.05.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Gut gealtert: John C. Reilly in Rubberhead
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Gut gealtert: John C. Reilly in Rubberhead
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Der Schauspieler John C. Reilly feiert heute seinen 50. Geburtstag. Zu diesem Anlass widmen wir uns seinem Schaffen, um endgültig klar zu stellen, dass manchmal auch die Nebenrolle einen Film trägt.

Während alle auf Renée Zellweger und Catherine Zeta-Jones achten, ist uns schon längst klar geworden, dass John C. Reilly der eigentliche Star des Musicals Chicago ist. Er kratzt mit letzter Mühe das Geld für den Anwalt zusammen, den anderen fällt das nicht einmal auf. Im Prinzip ist das die Geschichte des Schauspielers John C. Reilly. Denn wo andere für einen grandiosen Film gefeiert werden, wird er in den lobenden Worten meist übersehen. Nicht mit uns! Reilly, wir stehen auf für dich! Zum einen, um deine schauspielerische Ehre zu verteidigen, zum anderen, weil wir dir zum Geburtstag zuprosten wollen.

Den kenn' ich doch!

John C. Reilly in Die Verdammten des Krieges

Brian De Palma hat ihn entdeckt und gefördert. Im Film Die Verdammten des Krieges sollte John C. Reilly 1989 einen Kleinstauftritt als Private Herbert Hatcher bekommen. De Palma war von seinem schauspielerischen Können so beeindruckt, dass er die Rolle ausbaute und Reilly somit die Türen Hollywoods öffnete. Es folgten Filme von Tony Scott (Tage des Donners - Days of Thunder) und Neil Jordan (Wir sind keine Engel). Sogar im Woody Allen-Film Schatten und Nebel war er mit von der Partie, wenn auch nur in einer kleinen Rolle als Polizist. Scheinbar sind die großen Namen der Traumfabrik schnell auf das Knautschgesicht Reilly aufmerksam geworden, jedoch blieben die großen Rollen weiterhin aus. In seiner Filmographie tauchen eine ganze Reihe von Streifen auf, die wir alle gesehen oder zumindest davon gehört haben. Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa, Danny DeVitos Jimmy Hoffa und die Stephen King-Verfilmung Dolores sind nur einige davon. Wenn wir allerdings 1996 jemanden gefragt hätten, was dieser von John C. Reilly halten würde, hätten wir wahrscheinlich nur einen fragenden Gesichtsausdruck als Antwort bekommen. Reilly bleibt weiterhin Randgestalt großer Filme.

Der König des Ensembles

John C. Reilly in Magnolia

Mit Boogie Nights von Paul Thomas Anderson sollte dies sich jedoch ein wenig ändern. In der Rolle des Pornodarstellers Reed Rothchild ist er der beste Freund des Superstars der Szene Dirk Diggler (Mark Wahlberg). Erneut tut sich die Parallele zu Reillys Karriere auf. Natürlich ist auch Rothchild in seinem Metier erfolgreich, aber die großen Hauptrollen bleiben ihm verwehrt. Immer ist er nur der Kollege von Diggler. Reilly bleibt der Nebendarsteller "an der Seite von..."

Anderson vergisst den Darsteller jedoch nicht. In seinem Episodenfilm Magnolia ist Reilly als Polizist Jim Kurring zu sehen. Endlich! John C. Reilly spielt eine Hauptrolle in einem Film! Das Problem ist nur: In Magnolia gibt es diverse Hauptrollen, die fantastisch gespielt werden. Allen voran nennen wir hier Tom Cruise als Motivationstrainer. Erneut geht Reillys Name in der Besetzung dieses grandiosen Films unter. Kopf hoch, weiter machen.

Sing für uns!

John C. Reilly in Chicago

Wie ein Schluckauf taucht dann im Jahre 2003 das scheinbar Unmögliche für Reilly auf: eine Oscarnominierung! Irrwitzigerweise erhält er diese für seine Darstellung in dem Musical Chicago. In dem Lied Mr. Cellophane singt er davon, dass er von niemandem wahrgenommen wird, er sozusagen für die Menschheit ein durchsichtiger Mann ist. Die Selbstreferenz liegt auf der Hand. Doch das ist nicht das Einzige, was durch Chicago hängen bleiben sollte. Auch Reillys Stimme ist den Filmemachern anscheinend aufgefallen.

Mit der Musikkomödie Walk Hard: Die Dewey Cox Story schafft es John C. Reilly 2007 in die Liga der Hauptdarsteller. Natürlich ist Walk Hard eine Persiflage auf Musiker-Biopics wie Ray oder Walk the Line, aber Reilly taucht so tief in die Rolle ein, dass der Zuschauer irgendwann denkt, er sei wirklich Dewey Cox. Anschließend begab er sich mit den Songs des Films sogar auf große Cox Across America-Tour. Belohnt wurde er nicht nur mit Jubel und Applaus, sondern auch mit Nominierungen für den Golden Globe und den Grammy. Reilly ist ein Name geworden. Mit mehr oder weniger guten Komödien wie Stiefbrüder und Topjob - Showdown im Supermarkt wird er ungewollt zu einem gefragten Comedy-Darsteller. Zu diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage, ob er und vor allem wir das überhaupt so wollen. Wo bleibt der ernsthafte Reilly, der vielleicht nur eingefleischten Cineasten und den Menschen hinter der Kamera aufgefallen ist, der allerdings auch großartige Leistungen vollbracht hat? Keine Angst, er kommt zurück.

(Neben-)Charakterdarsteller

John C. Reilly und Salma Hayek in The Tale of Tales

In Roman Polanskis Der Gott des Gemetzels ist John C. Reilly als cholerischer Ehemann von Jodie Foster zu sehen. Zwar ziehen die Nominierungen für diverse Preise an ihm vorbei und treffen seine drei Ensemble-Kollegen, jedoch bleibt die Darstellung Reillys als grandiose Leistung im Hinterkopf. Der ernste Clown ist zurückgekehrt.

John C. Reilly scheint seine schauspielerische Mitte gefunden zu haben. In Cannes war er gerade in gleich zwei Filmen zu sehen. An der Seite von Salma Hayek mimt er in The Tale of Tales einen König, und in The Lobster lispelt er neben Colin Farrell daher. Ja klar, Reilly spielt wieder die Nebenrollen. Aber heute ist er nicht mehr einfach nur das bekannte Gesicht mit der immensen Falte über der Nase, nein, jetzt ist John C. Reilly ein Name, den nicht nur Hollywood auf dem Schirm hat, sondern auch das Publikum. Mit dieser Erkenntnis darf sich der Schauspieler heute an seinem 50. Geburtstag gerne zurück lehnen und unseren Toast genießen. Ich wette mit euch, der nette Herr zeigt uns noch einiges von seinem Können.

Alles Gute, John C. Reilly!

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