Seit Anbeginn der Filmgeschichte arbeiten sich Regisseure und Drehbuchautoren an Lew Tolstois Sittengemälde Anna Karenina ab. Insofern mussten Joe Wright (Abbitte) und Tom Stoppard (Shakespeare in Love) sich schon etwas Besonderes einfallen lassen, um 2012 mit ihrer eigenen Adaption aus dem Meer tragisch verliebter russischer Adliger herauszustechen. Das ist ihnen mit unserem heutigen TV-Tipp Anna Karenina auch gelungen.
Auf dem Papier liest sich Anna Karenina wie einer dieser vielen konventionellen Prestige-Filme, die jedes Jahr im Herbst auf die Zuschauer losgelassen werden, um sie mit Kostümen zu überhäufen. Tatsächlich beeindruckt die Besetzung heute noch mehr als vor drei Jahren. Wrights Muse Keira Knightley spielt Anna Karenina, die sich in den 1870er Jahren trotz einer Ehe mit dem älteren Fürsten Karenin (Jude Law) in den jungen Grafen Alexei Wronski (Aaron Taylor-Johnson) verliebt. Die gesellschaftlichen Normen der Zeit lassen die Affäre einer verheirateten Frau natürlich nicht zu, was tragische Konsequenzen hat. In Nebenrollen wird das Ensemble von aufsteigenden Darstellern wie Domhnall Gleeson (Star Wars 7), Alicia Vikander (Ex Machina) und Ruth Wilson (Luther) und Veteranen wie Matthew Macfadyen (Stolz und Vorurteil), Olivia Williams (Der Ghostwriter) und Emily Watson (Die Entdeckung der Unendlichkeit) verstärkt.
Die meisten Zuschauer aber werden Joe Wrights Anna Karenina durch sein ambitioniertes Konzept in Erinnerung behalten. Denn Autor Tom Stoppard verpflanzt Tolstois Gesellschaftsgemälde in Bühne, Zuschauerraum und Logen eines Theaters - man denke zum Vergleich an Dogville, addiere Farbenpracht und subtrahiere Lars von Trier. Für Wright, der sich bereits in Stolz und Vorurteil, Abbitte und Wer ist Hanna? in Plansequenzen austobte, ist das ein gefundenes Fressen. Mehr noch als das erstklassige Cast begeistert in dieser Version von Anna Karenina nämlich die Kameraarbeit von Seamus McGarvey.
Heute im TV: Anna Karenina (2012)
Wann: 23:25 Uhr
Wo: ZDF