Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs

03.01.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Robert DeNiro und Bradley Cooper in Silver Linings
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Robert DeNiro und Bradley Cooper in Silver Linings
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Geht es im Film um psychische Erkrankungen, sind es meist die Frauen die durchdrehen. Setzt Silver Linings diesem Trend ein Ende?

Silver Linings überraschte mich gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen hatte ich nach dem letzten Film von Regisseur David O. Russell etwas ernsthaft Dramatisches und keine Tragikomödie erwartet. Weitaus überraschender aber war für mich die Performance von Bradley Cooper, den ich vor allem als smarten Sonnyboy aus den Hangover -Filmen kannte. Während er in diesen Männerkomödien trotz scheinbar auswegloser Lage stets souverän blieb, stellt Cooper dieses Mal einen Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs dar. Und dass dieser im Zentrum der Geschichte steht, ist dann das dritte, das mich an Silver Linings überraschte.

Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs
Warum aber ist es so absonderlich, dass sich ein Mainstream-Kinofilm mit der labilen Psyche eines Mannes beschäftigt? Auf meiner Suche nach Filmen über Depressionen, Manien und Konsorten stieß ich fast ausschließlich auf Geschichten von Frauen. Die bekannteste ist vielleicht The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit, in der gleich drei Frauen in depressiver Stimmung ihrem Ende entgegenfiebern. Ebenfalls recht bekannt ist Durchgeknallt, in dem Winona Ryder auf Grund von Depressionen in die Psychiatrie eingewiesen wird und dort auf andere verrückte Frauen trifft (darunter auch Angelina Jolie), die sich mit den typischen Frauenpsychosen wie Essstörungen und Borderline herumschlagen. Und auch Sarah Michelle Gellar mimte schon einmal die am Leben Verzweifelte. In der Verfilmung des Paulo Coelho Romans Veronika beschließt zu sterben, will auch sie freiwillig in den Tod gehen, nur um nach dem gescheiterten Selbstmordversuch zu erfahren, dass ihr Ableben auf Grund einer Krankheit ohnehin kurz bevorsteht.

Es gibt aber nicht nur depressive Frauen im Kino. Gerne arbeitet die Filmindustrie auch mit verwirrten Damen, die Realität und Vorstellung nicht mehr auseinanderhalten können. An dieser Stelle befinden wir uns meist im Horrorgenre, wo es erstaunlicher Weise mehrheitlich Frauen sind, deren Wahnvorstellungen den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte bilden. Dabei stellt sich am Ende manchmal heraus, dass sie gar nicht verrückt, sondern das Opfer einer Intrige waren (Gothika) oder dass es in ihrem Umfeld tatsächlich teuflisch zugeht (Rosemaries Baby). Ein Film dieser Art, der es zu großer Berühmtheit gebracht hat, ist Black Swan, in dem Natalie Portman als schizophrene Ballerina den Bezug zur Wirklichkeit verliert.

Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs
Wie sieht es aber bei den Herren der Schöpfung aus? Dürfen die auch ab und an mal die Nerven verlieren? Leider nein. Männliche Depressive sind im Kino extrem rar. In Zentrum des absoluten Irrenhaus-Klassikers Einer flog über das Kuckucksnest steht ja schließlich kein labiler Kerl, sondern ein gewitzter Krimineller (Jack Nicholson), der durch den Urlaub in der Nervenheilanstalt dem Knast entgehen will. Dann fällt mir noch Kevin Spacey ein, bei dessen Figur jedoch bis zum Ende des Films K-Pax – Alles ist möglich nicht ganz klar ist, ob es sich nicht vielleicht doch um einen Außerirdischen statt um einen Verrückten handelt.

Natürlich geht es auch anders. Mir fallen spontan zwei Filme ein, in denen Männer psychisch labil sein dürfen. Zum einen ist das Eine Handvoll Hoffnung von Nicholas Ray, in dem ein Familienvater auf Grund regelmäßiger Kortison-Einnahme den Bezug zur Realität verliert und infolgedessen die Sicherheit seiner Familie gefährdet. Und dann ist da noch Garden State von Zach Braff, meiner Meinung nach eine der besten filmischen Darstellungen von Depression, auch wenn es sich nicht um einen durchgehend ernsthaften Film, sondern durchaus um eine Tragikomödie handelt. Entscheidend bei diesem Beispiel ist, dass der Film seiner Zeit nur wenige Menschen in die Kinos locken konnte und sich auch heute nur sehr begrenzter Bekanntheit erfreut. Ein Schicksal übrigens, dass er mit Eine Handvoll Hoffnung teilt.

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