Der Schauspieler Michael Fassbender gehört mittlerweile zu den ganz Großen in der internationalen Kinowelt und beweist dies jährlich mehr als einmal. Er wurde für seine Rolle in 12 Years a Slave für den Oscar nominiert, kämpfte sich aber auch schon durch ein Heer von Persern in 300. Auffallend ist, dass er mit seinem britischen Filmkollegen Christian Bale einige Gemeinsamkeiten besitzt, was die Rollenauswahl anbelangt. Noch dazu schaffen es beide, sowohl in Blockbustern als auch in Independent- und Genre-Streifen präsent zu sein. Michael Fassbender und Christian Bale haben ähnliche Filme gedreht, es stellt sich jedoch auch die Frage, ob und wie sich die Rollen unterscheiden, warum sie von ihnen ausgewählt wurden, wie sie zu ihnen passen und welcher Eindruck bei uns Zuschauer hinterlassen wird. Folgt Fassbender nur den Spuren von Bale oder geht er darüber hinaus?
Die körperliche Selbstaufgabe
Wenn Schauspieler für eine ihrer Rollen hungern, dann vermuten die meisten entweder den großen Drang nach einem Oscargewinn oder einen Geldmangel, für den die Darsteller eine derartige Tortur auf sich nehmen. Doch weder bei Christian Bale in Der Maschinist noch bei Michael Fassbender in Hunger war dies der Fall. Während ich bei Bale das Gefühl habe, dass er nur aus Liebe zur exzessiven Schauspielerei derartige Rollen annimmt, erweckt Fassbender bei mir den Eindruck, als wolle er auch ein (politisches) Zeichen setzen. Der Film Hunger bezieht sich auf den Hungerstreik der Irish Republican Army im Jahr 1981, der von Bobby Sands angeführt wurde. Der Ire Fassbender ließ diesen Hungerstreik am eigenen Körper Revue passieren und stellte Sands extrem beeindruckend dar. Es liegt auf der Hand, dass Fassbender das Ausmaß dieses einschneidenden Ereignisses in der irischen Geschichte für den Zuschauer spürbar machen wollte.
Bei Christian Bale läuft der Hase meines Erachtens völlig anders. Er spielt einen schlaflosen Fabrikarbeiter in Der Maschinist, der im Grunde keinen Platz für Identifikation bietet. Mitleid ist das einzige, was Bales Auftritt bei mir hervorruft, und das nicht zu wenig. Doch trotzdem ist es auch hier beeindruckend, was ein Schauspieler leistet, um authentisch zu wirken. Es heißt auch, er habe aus bloßer Freude an der Sache mal eben 30 Kilogramm abgenommen und so verknüpft er die Schauspielerei auch mit dem nötigen Nervenkitzel.
Psychischer Abgrund
Shame von Steve McQueen wird oft als das moderne American Psycho bezeichnet und zeigt Fassbender in einer tragischen Rolle als sexsüchtiger Brandon, dem der Sinn des Lebens schon längst entglitten ist und den es zu kompensieren gilt. Seine psychische Leere wird durch den bedeutungslosen Sex ausgefüllt, durch den er wenigstens für eine kurze Zeit so etwas wie ein Gefühl spüren kann. Es ist eine unfassbar intensive Charakterstudie, die einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließ, aber kein neues Thema als Grundlage hat:
Christian Bale, der sich durch seine Rolle als Patrick Bateman endlich von seinen Kinderrollen distanzieren konnte, mordet sich als Großstadt-Yuppie durch seine nihilistische Daseins-Landschaft in American Psycho. Statt Sex ist es grausames Töten, das den Lebensinhalt füllt. Die Romanverfilmung aus dem Jahr 2000 ist genau wie Shame eine Studie, die exakt den Zeitgeist trifft und mit Bale nicht besser hätte besetzt werden können. Die Rollen der Psycho- und Soziopathen passen perfekt zu den beiden. Sie verkörpern den Kontrast zwischen dem individuellen Innenleben des Charakters und seinem Verhalten zur Außenwelt, indem sie durch den Look des aalglatten Anzugträgers das Grausame oft nur erahnen lassen. Doch manchmal bricht die innere Leere nach außen und bei diesen Szenen läuft es mir jedes Mal aufs neue kalt den Rücken hinunter.
Das finanziell lukrative Franchise
Michael Fassbender und Christian Bale haben sich auch durch finanziell sehr erfolgreiche Filmreihen einen Namen gemacht. Fassbender erreichte dies mit der Rolle des Magneto, die er in X-Men: Erste Entscheidung das erste mal spielte, während Bale in Batman Begins und seinen Nachfolgern die Hauptfigur Bruce Wayne/Batman mimte. Diese Blockbuster erlauben es den beiden auch nach ihrem internationalen Durchbruch in Independentfilmen mitzuspielen, die vielleicht nicht so erfolgreich sein werden. Einerseits lockt allein der Name von einem der beiden zahlreiche Zuschauer an, andererseits fällt ein finanzieller Flop aufgrund ihrer Box-Office-Erfolge Batman und X-Men nicht wirklich ins Gewicht.
Beide sind durch die heroische Darstellung von zwei Comic-Helden/-Anti-Helden zu Identifikationsfiguren im großen Blockbuster-Kino geworden und werden automatisch mit dem jeweiligen Franchise in Verbindung gebracht. Sie sind zwar nun auch Superhelden, aber trotzdem das Gegenteil von dem, was in Birdman oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit so kritisch angeprangert wird: Bale und Fassbender sind nicht von ihren Franchise-Figuren stigmatisiert, sondern bleiben vogelfreie Figuren im Feld des Films, die weiterhin jede Rolle übernehmen können, ohne dafür verdammt zu werden.
Die Frage, ob so die perfekte Karriere aussieht, kann zwar nicht eindeutig beantwortet werden, aber ohne Zweifel sind Michael Fassbender und Christian Bale mit ihrer Vita nah am Nonplusultra des Filmgeschäfts dran. Beide haben es geschafft, mich in jedem Film auf ihre Weise zu begeistern. Dass sich Michael Fassbender auf den Spuren von Bale befindet, ist insofern richtig, weil er chronologisch meistens hinterherhinkt, doch jede ihrer Rollen ist einzigartig.
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Und zu guter Letzt noch einige interessante Gemeinsamkeiten im filmischen Schaffen von Michael Fassbender und Christian Bale:
- Fassbender übernahm Bales Rolle in Steve Jobs
- Ridley Scott: The Counselor, Prometheus - Dunkle Zeichen vs. Exodus: Götter und Könige
- Marion Cotillard: Macbeth, Assassin's Creed vs. The Dark Knight Rises
- Western: Slow West vs. Todeszug nach Yuma
- Shakespeare: Macbeth vs. Ein Sommernachtstraum
- Beide in Weightless von Terrence Malick (endlich!)
Was sagt ihr zu den Karrieren von Michael Fassbender und Christian Bale? Sind die Parallelen nur Zufall?