Neo Magazin Royale - Ehemaliger RTL-Chef äußert sich zu #verafake

24.05.2016 - 17:30 Uhr
Schwiegertochter gesuchtRTL Television
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RTL selbst hat sich schon zur Aktion #verafake geäußert, jetzt hat sich der ehemalige Geschäftsführer RTLs, Helmut Thoma, zu Jan Böhmermanns Erkenntnissen über das deutsche Privatfernsehen geäußert.

Jan Böhmermann hat in der ersten Post-Sendepause-Ausgabe des Neo Magazin Royale mit der Aktion #verafake direkt wieder eine Bombe platzen lassen: Einer der Kandidaten in einer der erfolgreichsten Sendungen von RTLs Schwiegertochter gesucht war ein von Böhmermann engagierter Schauspieler. Dass Schwiegertochter gesucht und ähnliche Sendungen es ohnehin nicht so ernst mit der Wahrheit nehmen, hat schon irgendwie jeder gewusst, aber in einem Blick hinter die Kulissen wurde zudem die Vorgehensweise von RTLs Produktionsteam gezeigt, mit der der neue Kandidat, der RTL trotz einer überzeugenden Darstellung wohl immer noch nicht asozial genug war, auf Vera Int-Veens Sendung vorbereitet wurde. Ohne Rücksicht auf Papiere oder eine angebrachte finanzielle Entschädigung. Der dadurch entstandene Trubel war groß genug, um RTL zu einer Stellungnahme zu bewegen, aber bei allem Eingestehen von Fehlern wollte sich der Sender natürlich in ein möglichst positives Licht stellen. Diese Hemmungen hat Helmut Thoma, ehemaliger Chef des Privatsenders, glücklicherweise nicht, und äußerte sich gegenüber Focus Online  zur aktuellen Fernsehlandschaft:

Es ist so echt wie es immer war, außer vielleicht am Beginn. Das ist natürlich alles zurechtgezimmert, ganz im Sinne der möglichen Perfektion im Produkt. Es gibt den Begriff der Scripted Reality, der allein schon sagt, dass es keine Realität ist. Das spielt bei solchen Fällen immer eine gewaltige Rolle. Da können Sie sich nicht auf die wahre Realität verlassen, weil es alles in Wahrheit nach einem bestimmten dramaturgischen Sinn zurechtgezimmert wird.

Ferner geht er auf die Beweggründe zur Entwicklung auf die aktuellen Programme ein. Auf die Frage, ob der Zuschauer verarscht werden will, und inwiefern sich die TV-Landschaft verändert habe, meint er:

Ja, der [Zuschauer] hat überhaupt nichts dagegen, solange es unterhaltsam ist. Was interessiert es ihn, ob das Wirklichkeit ist oder nicht? Das sind lauter Märchen. [...] Das ist nichts anderes als eine gewaltige Kosteneinsparung. Zu meiner Zeit bei RTL wäre das nicht möglich gewesen, denn da gab es zu starke Konkurrenz. Da ging es um jedes Prozent. Heute ist das völlig uninteressant, RTL hat sich stabilisiert, hat Sendungen die zum Teil auch uralt sind, wie „GZSZ“ oder „Cobra 11“. Das hat Sat.1 nicht, deshalb liegt der Sender die Reichweite betreffend hinter RTL. ProsiebenSat.1 verdient aber insgesamt trotzdem mehr, weil sie viele kleinere Programme haben. [...] Dennoch verdienen sich die beiden großen TV-Gruppen dumm und dämlich. Die Einnahmen steigen auch weiterhin, weil die Werbeindustrie weltweit behauptet, Fernsehwerbung sei das Optimum.

Es ist anzumerken, dass RTLs Entwicklung zu Scripted Reality erst einige Jahre nach Thomas Zeit als Chef begann. Thoma hat also bei dem Sender keine direkten Erfahrungen mit den gängigen Vorgehensweisen, zeigt aber eine überzeugende Darstellung der Motivation hinter der Entwicklung des deutschen Fernsehens. Letzten Endes hat RTL einen Markt erschlossen und bietet diesem, was er haben will. Wir mögen wissen, was im deutschen Privatfernsehen abläuft, aber solange genug Leute zusehen, werden sie weiter ausgestrahlt.

Was haltet ihr von Thomas Einschätzung?

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