Netflix' Love - Unser erster Eindruck der Serie im Pilot-Check

21.02.2016 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Gillian Jacobs und Paul Rust in LoveNetflix
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Love heißt die neue romantische Dramödie von Netflix und wir haben in die Serie reingeschaut, hinter der unter anderem Judd Apatow steht.

Gillian Jacobs und Paul Rust harmonieren ganz ausgezeichnet in der neuen Netflix-Serie Love. Sie spielt die Chaotin, die schon mal im Rausch von Schlafmitteln und Alk einen Gottesdienst crasht. Er hat noch nie einen Joint geraucht und verhält sich auch sonst wie ein 12-jähriger Mittvierziger (Er zählt 31 Jährchen). Durch einen Zufall lernen sie sich kennen und schlendern danach wie die popkulturobsessiven Enkel von Woody Allen durch die hübscheren Gegenden von Los Angeles. Eigentlich ein guter Einstieg, gäbe es nicht ein Problem: Es dauert eine halbe Stunde Laufzeit, bis sich Mickey (Jacobs) und Gus (Rust) überhaupt treffen.

Dass der Pilot der Comedy-Serie Love 40 Minuten zählt, wird niemanden überraschen, der den Produzenten kennt. Judd Apatow (Dating Queen, Wie das Leben so spielt) überzieht gerne mal. Gemeinsam mit dem vor allem aus dem Podcast Comedy Bang Bang! bekannten Paul Rust und Brooklyn Nine-Nine-Autorin Lesley Arfin hat Apatow Love kreiert, um einen "bodenständigen Blick aufs Daten" zu werfen. Bodenständig bedeutet unter anderem, dass die erste Episode Mickey und Gus in ihrem Alltag gegenüberstellt. Beide bringen eine Beziehung hinter sich, sie arbeitet im Radio, er gibt narzisstischen Kinderstars wie Arya (gespielt von Iris Apatow!) an Serien-Sets Nachhilfe. Freunde, Kollegen, Mitbewohner werden in der Single-Camera-Comedy eingeführt, alles in einem ruhigen, man möchte fast sagen chilligem Tempo. Das sonnige L.A. mit seinen begrünten Vorstädten und endlosen Staus hinterlässt hier seine Spuren. Warum eine weitere Serie dieser Art in L.A. (oder New York) spielen musste, kann man an dieser Stelle mit dem Verweis auf das erfrischende San Francisco in Looking fragen. Aber Autoren, erst recht Comedians, schreiben über das, was sie kennen und die Comedy-Szene in Los Angeles ist momentan eben der heißeste Scheiß. Deswegen dürfen sich Comedy-Nerds unter den Zuschauern zumindest auf Auftritte von Charlyne Yi (Dr. House), Brett Gelman (Another Period) oder Dave Allen (Voll daneben, voll im Leben) in Nebenrollen freuen.

Davon abgesehen, drängt sich nach einer halben Stunde in Love trotzdem die Frage auf, warum irgendjemand zehn Episoden und eine bereits georderte zweite Staffel mit diesen Menschen verbringen will. Sicher Gillian Jacobs' Hardcore-Britta verzaubert im Nu, darüber hinaus wirkt Love trotzdem wie Apatowsche Durchschnittsware mit einem weiteren Geek, der anscheinend irgendwann mal mit einem weiteren Freak zusammen kommt. Nach einer halben Stunde von Popkultur-Referenzen und dem trägen Aneinanderreihen klassischer RomCom-Klischee-Bausätze wäre jeder entschuldigt, der auf Stopp klickt und lieber nochmal die Eltern-Folge von Master of None schaut. In Sachen Innovation innerhalb des Genres seien allen Interessenten vor dem Genuss von Love erstmal - wegen der Tragik - You're the Worst und - wegen des surrealen Klischee-Exorzismus - Man Seeking Woman empfohlen. Beide laufen beim Kabelsender FXX.

Erst wenn Mickey und Gus sich gegenüberstehen und reden, lässt sich wenigstens erahnen, was einen bei Love bei der Streaming-Stange halten soll. Sie bleibt zunächst ein Bündel gesammelter Fucked-Up-Ness, neben dem Amy Schumers Trainwreck wie ein Punto frisch vom Fließband aussieht. Ihm aber wird von seiner zukünftigen Ex-Freundin zügigst ein fataler Mangel an den Kopf geworfen: Er sei nur gespielt nett. Dahinter verberge sich eine ganz schreckliche Persönlichkeit. Das Vielversprechende für Love: Gus lernt Mickey aus einem Akt der Nettigkeit heraus kennen. Und nett ist der kleine Bruder von... Eine Kampfansage an die RomCom-Nice-Guys könnte bei Love jedenfalls Wunder wirken, um die Serie von der Konkurrenz und früheren Apatow-Produktionen zu differenzieren. Bis diese Charakteranlage und hoffentlich der Ausbau von Jacobs' Figur Früchte tragen, mag Love manchen Zuschauer mit seinen cineastischen Referenzen amüsieren. Gus ist schließlich der Typ Mensch, in dessen Kleiderschrank ein Mein Bruder Kain-Poster steht. In dem Palma-Thriller spielt John Lithgow übrigens einen netten Psychologen mit einer mörderischen multiplen Persönlichkeitsstörung.

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