Autismus im Harry Potter-Universum: Phantastische Tierwesen ergibt plötzlich so viel Sinn

06.04.2021 - 15:40 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen - Newt als AutistWarner
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Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen zeigt bei genauem Hinsehen eine autistische Figur in der Harry Potter-Welt. Eddie Redmaynes Newt Scamander gewinnt so enorm viel.

Die Harry Potter-Vorgeschichte Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen führte einen neuen Protagonisten ein. Ich habe den Film mittlerweile zig Mal gesehen, aber als ich kürzlich über die Aussage stolperte, dass Hauptfigur Newt autistische Züge hat, wurden mir die Augen auf völlig neue Weise geöffnet.

Dabei kursiert das Wissen bzw. die Vermutung zu Newts Autismus in Harry Potter-Fankreisen schon seit dem ersten Film. Teil 2 der Phantastische Tierwesen-Reihe lieferte weitere entscheidende Hinweise und so will ich im Folgenden erklären:

  • 1. Wo sich Newts Autismus zeigt und wie offiziell er bestätigt wurde.
  • 2. Welche Meinung Autisten zu der Besonderheit der neuen Harry Potter-Figur äußerten.
  • 3. Inwiefern Newts Einordnung als Autist seinen Charakter und die Filme bereichert.
Phantastische Tierwesen 2: Newt und der Autismus

Wissens-Check: Autismus wird in Fachkreisen  als tiefgreifende Entwicklungsstörung des zentralen Nervensystems beschrieben, was Beziehungs- und Kommunikationsstörungen bei der Interaktion mit der Umwelt zur Folge haben kann. Autisten können in sehr unterschiedlichen Ausprägungen auftreten, weshalb von einem breiten "Spektrum" gesprochen wird, auf dem autistische Personen sich einordnen können.

Autismus in der Harry Potter-Welt: Newt ist mehr als ein Sonderling

In Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind lernen wir den Magizoologen Newt Scamander kennen, der in tierischer Mission nach New York reist. Im Umgang mit anderen Menschen wirkt der Zauberer wie ein unbeholfener sozialer Außenseiter, der mit seinen Kreaturen mehr anfangen kann, als mit seinen eigenen Artgenossen.

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Phantastische Tierwesen und der fehlende Augenkontakt

In Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen kommen weitere Details dazu, die darauf hindeuten, dass Newts wahrgenommene Exzentrik in Wahrheit Anzeichen seiner Autismus-Spektrum-Störung sind. Folgende Hinweise gibt es:

  • Newt vermeidet Augenkontakt zu anderen Menschen.
  • Er spricht mit gedämpfter Stimme und ist eher introvertiert.
  • Die Hauptfigur des Harry Potter-Prequels scheut Berührungen, selbst wenn es Umarmungen seines eigenen Bruders sind.
  • Er hat Schwierigkeiten mit sozialer Interaktion und zu erkennen, was gemeinhin im menschlichen Umgang Gang und Gäbe ist (Stichwort: Salamander-Augen).
  • Newt hat ein stark auf ein Thema fokussiertes Interesse (also eine "Inselbegabung"), in dem er ein absoluter Experte ist: seine Tierwesen.
  • Er versteht Regeln nicht immer, wenn zum Beispiel Gesetze seinen eigenen Wünschen zuwiderlaufen (Stichwort: Donnervogel-Import).
  • Newt versucht, sich "normal" zu verhalten, fühlt sich aber häufig isoliert und überwältigt.
Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen - Newt, der Autist

Autismus kann unterschiedliche Formen annehmen, doch Newt ist ganz offensichtlich auf dem weit gefächerten Spektrum: Er kann im Gefüge der Welt selbst auf sich aufpassen, funktionieren und kommunizieren, zeigt aber auch einige klassische Autismus-Symptome.

Ist Newts Autismus in Phantastische Tierwesen offiziell belegt?

Offiziell bestätigt wurde die Lesart von Newt als Autist von Drehbuch-Autorin J.K. Rowling oder Regisseur David Yates bisher nicht. Eddie Redmayne, der Newt Scamander verkörpert, äußerte sich aber öffentlich dazu, dass er den Zauberer bewusst als Autisten spielt.

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So wie er im ersten Film beschrieben wurde - die Qualität, wie er läuft und guckt und Augenkontakt meidet - denke ich, dass er auf dem Spektrum ist, auch wenn das damals noch nicht definiert war.

Innerhalb der Harry Potter-Spin-offs wird Newts Autismus vermutlich nie bestätigt werden. Schließlich soll die geplante Reihe aller 5 Filme zwischen 1926 und 1945 stattfinden, also in einer Zeit, in der noch keine Diagnose Autismus medizinisch anerkannt nachweisen konnte. (Das Asperger-Syndrom wurde z.B. erst 1990 so benannt.)

Dass der Tierwesen-Hauptdarsteller seine Figur mit ihren Manierismen und Ticks wissentlich als Autisten darstellt, ist wohl aber ohnehin die beste Bestätigung, die wir uns wünschen können.

Eine Repräsentation von Autismus in Harry Potter ist ein wertvoller Schritt

Viele Seiten von und für Autisten äußern sich als Betroffene positiv zu Newts Repräsentation und Redmaynes Darstellung.

In Phantastische Tierwesen ist Newt anders als die meisten

Autistic and Unapologetic  lobt zum Beispiel, dass Newt als erster Film-Autist ein Genie ist, aber nicht arrogant oder herablassend dargestellt wird. Auch in einer magischen Welt kämpft er realistisch mit gesellschaftlichen Normen und bemüht sich, ihnen zu genügen. Genau wie seine Tierwesen kann er schnell missverstanden werden. Odyssey Online  schreibt:

In einer Welt, in der Menschen ständig für ihren Autismus bestraft werden [...], ist es erfrischend, eine Hauptfigur, die diese Tendenzen [inklusive Beklemmungen, Unzulänglichkeiten und Eigenheiten] verkörpert, mal nicht dafür an den Pranger gestellt zu sehen.

Dass die letzte Autismus-Bestätigung fehlt, kann durchaus noch als Hindernis wahrgenommen werden, um Newt in der Harry Potter-Welt endgültig zu einer autistischen Ikone zu erheben. Zugleich ist die selbstverständliche Intergration, ohne allzu überdeutlich darauf hinzuweisen, eine angenehme Inklusion, die nicht um Beifall heischt.

Newt gewinnt in der Phantastische Tierwesen-Reihe als Autist an Profil

Newt sollte in Phantastische Tierwesen jetzt keinesfalls nur noch als "der autistische Zauberer" wahrgenommen werden. Doch dass es erkennbar auch unter Zauberern Autisten gibt, ist ein wertvoller Schritt, insbesondere in einem so großen und beliebten Franchise wie dem von Harry Potter. Dass er als liebenswerter autistischer Mensch eine wichtige Rolle im Harry Potter-Universum spielt, umso mehr.

Phantastische Tierwesen 2: Newt liebt seinen Bruder, auch wenn er ihn selten umarmt

Wer Newt Scamanders Autismus spät entdeckt hat, kann der Figur auch jetzt (sowie hoffentlich in den kommenden Tierwesen-Filmen) noch beeindruckende neue Facetten abgewinnen. Das erfolgreiche Leben mit seiner Besonderheit macht den Charakter noch ein ganzes Stück spannender, als wenn er nur der nächste kauziger Außenseiter wäre.

Podcast: Eine Harry Potter-Serie als Alternative zur Phantastische Tierwesen-Reihe?

Im Moviepilot-Podcast Streamgestöber ordnen Hendrik, Andrea und ich die Gerüchte zu einer geplanten Harry Potter-Serie ein:

Wir diskutieren, warum eine Harry Potter-Serie gerade jetzt Sinn macht, welche Hoffnungen und Erwartungen sie daran haben und warum J.K. Rowling ein Problem ist.

Hattet ihr Newt Scamander aus der Phantastische Tierwesen-Reihe vorher schon als Autisten im Blick?

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