Pokémon Uranium: Massaker im hohen Gras (#2)

09.01.2015 - 11:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Pokémon Uranium
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Nach den ersten Minuten in der Beta des Fanprojekts Pokémon Uranium steigen wir nun mit beiden Füßen fest in die Steigbügel und reiten dem Abenteuer entgegen — zumindest versuche ich das, doch der erste Ausflug ins hohe Gras droht zum Massaker zu werden.

In dem ersten Teil unseres Pokémon-Tagebuchs , das nun jeden Freitag hier erscheinen wird, schmiss ich Emulator und all meine Verdrängungsmechanismen an, die mich vor ersten, nagenden Zweifeln bewahren sollten: Will ich wirklich so viel Zeit mit einem Fanprojekt verbringen, wenn die Originalspiele doch schon sehr unterhaltsam sind? Was, wenn Pokémon Uranium tatsächlich so schwer ist wie angekündigt und ich mich minütlich blamiere?

Doch der erste Eindruck war überraschend gut, nachdem ich meine anfängliche Skepsis überwunden hatte: Eine interessante Geschichte (als 13-jähriger Halbwaise muss ich mir als Pokémontrainer das überlebensnotwendige Kleingeld verdienen, während ein Mentor im Hawaihemd und Shorts um mich herumtanzt) paart sich mit technischer Qualität. Alles sieht verdammt gut nach Pokémon aus und wird durch eine gewisse handgemachte Rohheit garniert — mag ich!

Letzte Woche endete ich meinen Bericht in dem Moment, als ich vor Ernest, dem Professor Eich-Ersatz, erschien und mit riesigen Augen auf mein erstes, neues Starterpokémon wartete — die übrigens wirklich gut gelungen sind, oder was meint ihr?

Orchynx (l.), Raptorch (m.), Eletux (r.)

Doch statt selbst zu wählen, kündigt Ernest ein Quiz an. Er erklärt, dass je nach Charakter des Trainers bestimmte Pokémon als Begleiter besser geeignet sind als andere. Puh, nun gut!

"Wie kämpfst du am liebsten?"
"Welcher Elementtyp würde wohl gewinnen?"
"Was ist deine Lieblings-TM?"


Da ich mir fest vorgenommen hatte, das Feuerpokémon Raptorch zu erhalten, versuche ich, möglichst aggressive und offensive Antworten zu geben. Und tatsächlich geht dieser Plan auf und Ernest überreicht mir den kleinen Dino. Theo, mein Antagonist und Konkurrent, der mit feuerrotem Haar wenige Momente vorher ebenfalls in den Raum gestürmt kam, begann sofort zu protestieren. Wäääh, bestes Pokémon ist schon vergriffen, wäääh, alles unfair.

Ich schüttele den Kopf. Nachdem Garry, Spieler Rot oder wie auch immer ihr euren Feind aus Kindertagen in den älteren Pokémon-Editionen genannt habt, all die Jahre lang immer nach euch sein Tierchen wählte, das eurem überlegen war, hatte Pokémon Uranium diese Tradition nun umgekehrt. Jetzt hatte ich Oberwasser und Theo wählt ahnungslos und frustriert das Pflanzenpokémon, um dann weinend nach Hause zu rennen — eine Welt steht Kopf!

Die Welt von Uranium ist riesig - und erinnert irgendwie an die Tropen.

Ich verlasse Ernest und mache mich auf die Suche nach Theo. Wenn ich schon das überlegene Pokémon besitze, möchte ich ihn auch gefälligst kindgerecht in einem Kampf zerstören! Nach einigen Minuten Wanderschaft in der (viel zu) großen Heimatstadt, finde ich ihn schließlich. Da er sich weigert zu kämpfen, schaue ich mich in seinem Heim ein wenig näher um und stoße immer wieder auf Beschreibungstexte, die mir bereits in meinem eigenen Zuhause begegneten — in diesen Momenten schwächelt das Fanprojekt etwas, wenn das Textrecycling zu intensiv betrieben wurde.

Ich kehre vorerst ein letztes Mal zu meiner Tante zurück, um den Rucksack zu füllen und die Wanderschuhe zu schnüren: Ein großes Abenteuer wartet auf mich! Ein letztes Mal spreche ich mit der gebrechlichen, alten Frau, die sich über Jahre hinweg um mich gekümmert hatte. Doch statt der emotionalen Trennung knallt mir die gute Dame einen lupenreinen Witz nach dem nächsten um den Latz! Einmal erklärt sie, dass sie in ihrer neugewonnenen Freizeit nun ein Indie-Studio gegründet hat und eigene Spiele entwickeln will, ein anderes Mal fragt sie, ob ich ihr nicht ein Pokémon fangen will, das Alkohol brauen kann, damit sie für die tägliche Promille-Portion nicht mehr das Haus verlassen muss.

Widme doch jemand der Tante eine Ladung Tshi

Nach der Erkenntnis, mit diesem Spiel den letzten Rest kindlicher Unschuld verloren zu haben, mache ich mich also auf ins hohe Gras. Mit dem Pokéball im Anschlag, pirsche ich mich durch das Dickicht und stoße bereits nach wenigen Metern auf das erste wilde Pokémon.

Ein Chyinmunk baut sich vor mir auf und erinnert dabei stark an ein Eichhörnchen, das in einen blauen Farbeimer gefallen ist. Der Kampf entbrennt und ich bin überrascht, wie stark das Vieh tatsächlich ist. Mit Müh und Not schaffe ich es, mein erstes wildes Pokémon zu fangen — mein Raptorch übersteht die Auseinandersetzung nur mit einem Gesundheitspunkt. Knappe Kiste!

Mein erster Fang!

Ich beschließe, zu meiner Tante zurückzukehren, um meine beiden Pokémon heilen zu lassen (es gab bisher noch keine Möglichkeit, einen Trank zu kaufen), doch bevor ich auch nur zwei Schritte machen kann, stürzt sich ein weiteres Chyinmunk auf mich, das zudem einen doppelt so hohen Level wie mein Raptorch besitzt. Der Kampf ist schnell vorbei und ich werde von dem Blau-Hörnchen in der Luft zerissen. Mein digitaler Avatar fällt in Ohnmacht und... nun, es kommt anders, als ich eigentlich erwartet hatte. Mal wieder.

Wie hat euch der zweite Teil gefallen? Habt ihr auch bereits in die Beta reingespielt?

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