Rezeption und Realismus von Drogenfilmen

15.05.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
The Big Lebowski
Universal
The Big Lebowski
27
7
Zum Abschluss unserer Themenreihe wollen wir noch einmal konkret auf die Rezeption von Drogenfilmen eingehen, bei denen alternative Lebensentwürfe, der Ausstieg aus der Konformität und der Hang zu extremen Szenarien oftmals im Vordergrund stehen.

Die Idee der Überwindung von gesellschaftlicher Konformität zugunsten individualistischer Selbstverwirklichung durch Drogen ist nicht neu. Schon im Rahmen der liberalen Bewegungen Ende der 1960er Jahre trugen Rauschmittel nicht nur der Auflehnung gegen das Establishment Rechnung, sondern wurden auch im Sinne einer spirituellen Selbstüberschreitung konsumiert. Wer bewusstseinsverändernde Substanzen zu sich nahm, verstand die Auswirkungen derer als Rückführung und Einswerden mit dem eigenen Ich, als allumfassenden alternativen Lebensstil, bei dem die Selbstfindung in einer durch Krieg, Kapitalismus und soziale Ungerechtigkeit zerrütteten Welt plötzlich wieder möglich schien.

„The Only Hope Is Dope“, schrieb damals der kontrovers diskutierte Philosoph und Drogenfürsprecher Timothy Leary in seinem 1968 erschienen Buch The Politics of Ecstasy, das in Deutschland ganze 25 Jahre auf dem Index stand. Leary plädierte für ein Niederreißen internalisierter Gesellschaftsstrukturen durch den Konsum von Rauschmitteln, was nicht nur ein allgemein liberalisiertes Miteinander erwirken sollte, sondern dem einzelnen Individuum seiner Meinung nach auch die Chance zur spirituellen Ablösung und Hinterfragung ideologisch manifester Strukturen einräumte.

Der Dude nimmt’s hin
Vollständig durchgesetzt hat sich die damalige Vorstellung von einer harmonischen Gemeinschaft von Individualisten und der gesellschaftlich akzeptierte Konsum von Rauschmitteln jedoch nie, denn scheinbar lassen sich Normen, Regeln und erprobte soziale Systeme doch nicht so ohne Weiteres überwinden. Der Wunsch nach einem von gesellschaftlichen Zwängen befreiten Leben, den Leary einst formulierte, hallt jedoch bis heute in vielen Filmen mit Drogenthematik nach.

Der in die Jahre gekommene Hippie und Hänger The Big Lebowski latscht gleichmütig und tiefenentspannt durch den nach ihm benannten Film und brilliert dabei trotz seiner hedonistischen Attitüde als eine mit Coolness und Charisma aufgeladene Filmfigur, zu der es inzwischen eine beachtliche Auswahl an Fan-Items gibt. Eine verlockende und zur Identifikation einladende Scheißegal-Haltung, die mittlerweile Kultstatus genießt: Indem der Dude den sozialen und gesellschaftlichen Erwartungen um ihn herum schlichtweg keine Bedeutung beimisst, gleichzeitig jedoch als sympathisches Überbleibsel aus einer längst vergangenen Ära in Szene gesetzt wird, dient er als ideale Projektionsfläche für die zeitlose Sehnsucht nach einem Leben jenseits der Konformität.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News