Rituale: Katholische Kirche stinksauer

04.05.2009 - 12:57 Uhr
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Im Vatikan ist man not amused über Ron Howards neue Dan Brown-Verfilmung Illuminati

Religionsgemeinschaften leben von Ritualen. Gebete, Gottesdienste, Segnungen, Papstwahlen und Fehler mit ein paar Jahrhunderten Verzögerung eingestehen, all das hat Tradition. Eine ebenso schöne Tradition ist es, sich regelmässig in Harnisch zu werfen und Verleumdungen, Verunglimpfung und Blasphemie zu rufen, wann auch immer jemand etwas absehbar Kritisches gegen die Institution und ihre Eckpfeiler in die Öffentlichkeit wirft.

Das Spiel ist bekannt und so richtig ernst nehmen es wahrscheinlich beide Seiten nicht mehr, aber um das Gesicht zu wahren, wird eben ein bißchen gezettert. Dan Brown, seines Zeichens Groschenromanautor, verfasst gerne süffige, mit viel Verschwörungstheorien und Küchenwissenschaft aufgepeppte Schmöcker, die ebenso schnell gelesen, wie vergessen sind. Futter für die Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen dieser Welt, für Menschen denen Robert Anton Wilson oder sogar Michael Crichton immer zu kompliziert und literarisch war.

Dabei hat sich Brown von dem jüngst verstorbenen Science-Thriller-Autoren Crichton eine Menge abgeguckt: Ein aufsehenerregendes Thema, von dem jeder schon mal irgendwie gehört hat, ein rasanter Auftakt und genug populärwissenschaftlicher Mumbojumbo mit Realitätsbezug, damit die Leser das Gefühl bekommen: Huch, das stimmt ja, was der da schreibt.

Genau dieses Element wird es wohl auch sein, das der katholischen Kirche bei den Verfilmungen der Brown-Bestseller so sauer aufstößt. Die nicht ungeschickte Verquastung von scheinbaren Fakten und plattesten Räuberpistolen scheint dazu angetan, Otto-Normalzuschauer zu verunsichern. Hat Jesus tatsächlich Nachkommen gehabt? Hat die Kirche die Illuminaten abgeschlachtet? Hat der Papst im Ausverkauf von KIK ein schickes rotes Partykleid ergattert?

Schon zum Start von The Da Vinci Code – Sakrileg wurde zu Protesten aufgerufen, zum Boykott des gotteslästerlichen Films. Dies wollen die Kirchenoberen diesmal nicht wiederholen – wohl auch, weil man vermutet ein Teil des finanziellen Erfolgs des eher schwachen Streifens könnte genau auf den Boykottaufruf zurückzuführen sein – ihre Missbilligung des Ganzen, konnten die Kirchenvertreter, wie der Daily Telegraph berichtet dennoch nicht bei sich behalten:

“Das ist so haarsträubender, absoluter Blödsinn”, ereifert sich Rev Malcolm McMahon, der Bischof von Nottingham. “Es ist bösartig, derartig anti-katholische Stimmungen zu schüren. Ein grundloser Angriff auf die Kirche, für den ich wirklich keinen Anlass sehe.”

Ähnlich urteilt ein Sprecher von Opus Dei, der Organisation, die in Sakrileg eine tragende – und negative – Rolle spielte: Bizarr und völlig an den Haaren herbeigezogen. “Ich finde es beleidigend, genau wie andere Katholiken, aber ich werde versuchen, mir nicht zu viele Gedanken darüber zu machen.”

Bei derartigen Stimmen wundert es nicht, dass die Produktion von Illuminati keine Drehgenehmigung für die kirchlichen Originaldrehorte in Rom erhielt: “Bei anderen Produktionen lesen wir zumindest das Drehbuch, aber hier reichte schon der Name Dan Brown für ein Nein”, sagte ein Sprecher des Vatikan.

Regisseur Ron Howard und sein Studio Sony sehen die Sache entspannter: “Ich möchte deutlich sagen: Weder ich, noch der Film Illuminati sind anti-katholisch. Und um ein wenig zu provozieren, möchte ich ergänzen: Ich glaube Katholiken, einschließlich hoher Kirchenführer, werden an dem Film Spaß haben und ihn als das sehen, was er ist: Ein Mystery-Thriller vor der imposanten Kulisse Roms.”

Wobei Howard natürlich genauso tiefstapelt, wie der Vatikan seine “Betroffenheit” übertreibt. Howard weiß natürlich genau um das Provokationspotential der Story, genauso wie der Vatikan weiß, dass der Streifen auf ihr Image wohl kaum bleibenden Einfluss haben wird.

Aber so ist das eben mit Ritualen. Sie werden aus Tradition vollzogen. Nicht weil sie sinnvoll sind, sondern weil es erwartet wird.

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