Scream - Unser erster Eindruck

02.07.2015 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Einer nach dem anderen wird abtretenMTV USA
12
4
Selbst die durchaus guckbare MTV-Version der altehrwürdigen Slasher-Diva Scream kommt nicht ohne diese Meta-Droge aus. Kein Wunder, es schwangen  ja auch wieder Wes Craven und Kevin Williamson ihre messerscharfe Feder. Was wir vom Scream-Piloten halten, lest ihr hier.

"Du kannst keine Slasher-Serie drehen." Meta, das ist diese Krankheit, wenn der Film plötzlich beginnt, sich selbst als Film wahrzunehmen, also seine Handlungen zu hinterfragen und zu reflektieren. Dieser Satz musste also fallen, in Scream, der ersten richtigen Slasher-Serie, Nachfolger der berühmten Quadrologie, die sich genauso viel Spaß daraus machte, Genre-Klischees zu zerdeppern, wie junge Halsschlagadern zu zerschneiden, und dabei das schöne Wort „meta“ in den Filmnerd-Duden einführte.

„You can't do a Slasher-TV-Show“, da ist sich Noah Foster (John Karna) sicher. Noah ist ein mit enzyklopädischem Wissen ausgestatteter Stellvertreter der Filmgeeks und Außenseiter an der George Washington Highschool, die im Scream-Piloten den Mord an einer Teenagerin verkraften muss. Noah ist es auch, der in Scream mit einem gescheiten Beobachtungssinn und stechender Rhetorik die Serienkiller-Paradigmen für uns zerfetzt. Er merkt an, dass, wenn die Mordfrequenz eines Slashers auf eine Serie übertragen würde, der Spaß nach spätestens zwei Episoden vorbei wäre, da schlichtweg alle verfügbaren Opfer aufgezehrt wären. Die Handlung müsse also ausgeweitet werden, sagt Noah, denn das Fernsehen erzählt breiter. Bei diesem Monolog werden doch freudige Erinnerungen wach an die tollen Fortsetzungs-Theoreme aus Scream 2.

Unsere Frage an Scream, die Serie, kann also nur lauten: Wird sie dazu imstande sein, ihre etwas feige, sich selbst nach und nach unweigerlich aushöhlende Meta-Instanz zu überspringen, Handlungs-und Genre-Elemente des Teenie-Slashers also nicht nur aufzuzeigen, sondern das Genre tatsächlich für das Serien-Format neu zu erfinden? Funktioniert der, Verzeihung, Serienkiller in Serie? Natürlich kann diese Frage der recht flotte Pilot noch nicht beantworten.

Der Scream-Cast


In seiner Einstiegsszene beweist Scream tatsächlich aber schon mal sowas wie Stil in Form einer respektvollen (Selbst-)Referenz. Die Serie geht nämlich genau so los, wie seinerzeit Scream - Schrei!. Nur dass das erste Ghostface-Opfer – ein etwas despektierliches Bikini-Häschen – wahrlich keine Drew Barrymore ist, längst nicht so schrill schreien kann und mit dem Killer schnöde chattet statt kokett telefoniert. Und weils die moderne Technik möglich macht, dreht der Killer von seinen Anschleichbemühungen direkt ein Video.

Vielleicht geht es dabei aber auch um die 15 Minutes of Fame, ohne die die Generation YouTube ja bekanntlich nicht mehr auskommt. Der Killer hat seinem Opfer nämlich versprochen, dass das Video ihrer Hinrichtung mehr Klicks absahnen würde, als das von Aubrey (Bex Taylor-Klaus). Von der war kurz zuvor ein Mitschnitt beim gleichgeschlechtlichen Geknutsche viral gegangen (Der neue heiße Shice im Cyberspace: Chirpster). Die bi-neugierige Aubrey ist die ehemals beste Freundin von Emma Duval (Willa Fitzgerald), Typ populäre wenngleich nette Prom-Queen.

In Emmas Vergangenheit scheint das Ghostface-Übel zu wurzeln. Ihre Mutter war zu ihren Highschool-Zeiten das Love-Interest eines missgestalteten Mörders, der eigentlich in der Hölle schmoren müsste, scheinbar aber auferstanden ist und nun seit dem Eingangs-Mord an der Schülerin blutige Menschenherzen verschickt. Emma schart überdies ein illustres gesellschaftliches Netz um sich. Da gibt es den handsome Eigenbrötler, Sohn des Sheriffs und Halbwaise (Amadeus Serafini), die untreue Sportskanone, die laszive Zicke und natürlich die mysteriösen, verschlossenen und klugen Einzelgänger. Auf einer Party („Perfektes Slasher-Setting“- O-Ton handsome Eigenbrötler) treffen sie alle aufeinander. Und alle, vom Lehrer bis zum Außenseiter, sehen adrett aus, die Männer wie aus einer Levis-Werbung, die Frauen wie aus dem H&M-Katalog (siehe Titelbild).


Das inzwischen von Scary Movie und Konsorten gebeutelte Ghostface bzw. dessen Maske wurde für die Serie umdesignt,wirkt jetzt etwas morbider und tatsächlich gruseliger als das Original. Der Killer dahinter ist nicht minder fies. Er nimmt sich das Social Media-verdorbene Jungvolk vor und führt dessen lockere Moral und leichtmütige Attitüde zur Schlachtbank. Da hat sich MTV mit Kevin Williamson (Autor) und Wes Craven (ausführender Produzent) den Teufel in die Küche eingeladen. Schließlich wird und wurde in Scream so ziemlich alles dekonstruiert, was der erste Jugendsender (der sich immer noch als Forum der jeweils aktuellen MTV-Generation versteht) an popkulturellen Lifestyle-Normen propagiert. Ein bisschen zurücknehmen muss sich das Duo dann aber doch. Im Pilot bellt Scream nur, beißt aber nicht, schont sein Publikum und seine Protagonisten.

Einen reizvollen und leicht zynischen Hinweis darauf, wie eine gute Slasher-Serie aussehen könnte, was ihr Wesen ausmachen und von den Genrekonventionen absetzen würde, gibt Geek Noah dann am Ende des Piloten. Das annoyme Abschlachten dahergelaufener Opfer im Minutenrythmus würde es in einer Slasher-Serie nämlich nicht geben. Wir würden beginnen, die Charaktere zu mögen und uns mit der Zeit an die Opfer gewöhnen, die Folge für Folge von der Bühne abtreten, und wir würden genau darüber bitterlich trauern. Das wiederum klingt ja ganz nach Game of Thrones, könnte also durchaus funktionieren.

Werdet ihr der Scream-Serie eine Chance geben?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News