Sex, Gewalt und gute Laune

30.03.2011 - 08:50 Uhr
Die Thriller-Collection
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Die Serie in Schwarz bringt acht Krimis aus Frankreich in 50-Minuten-Happen auf die heimische Mattscheibe. Das Ergebnis ist mal düster-böse, dann wieder absurd durchgeknallt, befindet unser DVD-Kolumnist Thomas Groh.

Mit der Serie in Schwarz kommt ein schickes Krimiprojekt aus Frankreich zu uns herüber: In enger Zusammenarbeit mit den Autoren entstanden hier bereits 2009 acht TV-Adaptionen von französischen Krimi-Novellen, die zuvor in der Suite Noire beim Verlag Éditions La Branche erschienen. Das Konzept der Buchreihe – keine Veröffentlichung über 100 Seiten – schlägt sich auch im TV-Format nieder: Die Serie in Schwarz bringt achtmal aufs Wesentliche verdichtete Krimihappen – jede Episode bleibt unter einer Stunde Spielzeit.

Hard Boiled in der französischen Provinz

Gemütliche “Grimmi”-Kost – auf Agatha Christie und Derrick lassen bürgerliche Wohnstuben nichts kommen – darf man hier indessen nicht erwarten: Es geht böse, schwarzhumorig und zum Teil auch ziemlich drastisch zu. Klassische “Whodunnits” zum behaglichen Mitknobeln sind also gottlob Mangelware, vielmehr klebt man oft mehr als einem lieb sein kann von Anfang an an der Perspektive des Mörders: In Serie in Schwarz – Nächste Ausfahrt Mord zum Beispiel wird ein ziemlich widerlicher Karrierist schon in den ersten fünf Minuten Mörder wider Willen. Eigentlich wollte er zum Abschluss einer feuchten Betriebsfeier noch mit einer Kollegin in die Kiste steigen, wenig später hat er – nach einer Verquickung unglaublicher Zufälle – mitten im Wald nicht nur enormen Blechschaden, sondern auch zwei Leichen zu verschulden, die hastig aus dem Blickfeld geschafft werden müssen. Fortan lebt sich’s in seinem Umfeld gefährlich: Wer zuviel weiß oder eine gar eine Anmerkung zuviel macht, weilt meist nicht mehr allzu lang auf Erden. Ein klassisches Ermittlungsszenario – eher erinnert die Perspektive und der gallige Humor an den großen Krimimeister Charles Willeford.

Mein ganz persönliches Highlight ist die Episode Schießen sie auf den Weinhändler, in der es nicht nur die ungemein präsente Schauspielerin Julie-Marie Parmentier zu entdecken gilt. Der Plot um einen auf kulinarische Vergnügungen viel Wert legenden Winzer im französischen Hinterland ist nicht nur clever aus zwei unterschiedlichen Perspektiven konstruiert, sondern auch ein diebisch-böses Vergnügen: Gleich zu Beginn knallt er seine Frau am Esstisch ab, ohne eine Miene zu verziehen, weil diese buchstäblich ums Verrecken keine ordentliche Speisen hinkriegt. Bald holt er sich die junge, lesbische Ausreißerin Aline ins Haus, die ihn zwar fürstlich bekocht, aber mit ihren ganz eigenen Dämonen zu kämpfen hat. Aus dem Kammerspiel um Sex, Wein und gutes Essen wird bald ein ausgewachsener Psychothriller, der es in der französischen Provinz ordentlich rumoren lässt.

Dass die Mischung aus schwarzem Humor und harten Gewaltspitzen minus moralische Instanz allerdings auch manchmal nach hinten losgeht, stellt die Episode Das Tamtam der Angstunter Beweis: Die schrille Komödie um miese Auktions- und fiese Verlagshäuser und einige afrikanische Zauberrituale ist hysterisch überdreht und ziemlich nervig.

Stream oder DVD – du hast die Wahl!

Wer die Serie in Schwarz erstmal antesten will, hat dazu derzeit die denkbar günstigste Gelegenheit: Seit 19. März und noch bis 07. April strahlt arte immer Samstags ein Double Feature aus, die Folgen stehen im Anschluss für eine Woche in der Mediathek des Senders zum Streamen bereit. Wer sich das ganze Paket holen will, greift dann einfach zur vorliegenden DVD-Kollektion, die einem alle acht Episoden auf insgesamt vier DVDs ins Haus liefert.

Auch die insgesamt rund 50 Minuten Bonusmaterial sind recht hübsch geraten: Zu jedem Krimi gibt es ein Mini-Feature, in dem ein Schauspieler oder Regisseur auf verschiedene Aspekte der jeweiligen Episode eingeht. Witzig ist die Inszenierung: Gekreuzt mit dem Material der jeweiligen Folge landet zum Beispiel die Regisseurin dann auch schon mal im Schlund ihres Hauptdarstellers.

Leider gibt’s auch etwas Schatten zu verzeichnen: Dass der hässliche FSK-Flatschen direkt auf den ansonsten schlicht und schön gestalteten Pappschuber gedruckt wurde, ist ästhetisch und filmpolitisch abolut unverzeihlich. Dasselbe gilt für die offenbar schlicht vergessenen Untertitel: Originaltonfetischisten (wie zum Beispiel der Autor dieser Zeilen), die nur über rudimentäre Französischkenntnisse verfügen, müssen sich somit leider mit der Synchro zufrieden geben – meh!

Die Serie in Schwarz ist bei Amazon für 29,99€ erhältlich.

Thomas Groh lebt in Berlin, arbeitet für die Programmvideothek Filmkunst im Roderich und schreibt über Filme, zum Beispiel für die Filmzeitschrift Splatting Image, die taz und das Onlinekulturmagazin Perlentaucher. Wenn er nicht gerade sein Blog aktualisiert, verfasst er wöchentliche DVD-Kolumnen für den moviepilot, in denen er Filme von etwas jenseits des Radars empfiehlt, zuletzt etwa Geheimnisse des Meers von Jacques-Yves Cousteau, Der verrückte Professor von Jerry Lewis und Die dritte Generation von Fassbinder .

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