Skandal bei Grey's Anatomy erklärt: Die Geschichte um eine lügende Drehbuchautorin ist dramatischer als jede Serienepisode

14.12.2022 - 14:00 Uhr
Grey's Anatomy-Lügen unterm Mikroskop
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Grey's Anatomy-Lügen unterm Mikroskop
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Grey's Anatomy geht als Krankenhaus-Serie mit dramatischen Wendungen gerne mal einen Schritt zu weit. Die abgedrehteste Lügengeschichte hat diesmal aber die Realität geschrieben.

Eine Kontroverse hält das Team von Grey's Anatomy seit Monaten in Atem. Nun hat die beschuldigte Drehbuchautorin Elisabeth Finch eingestanden, mit erfundenen Krankheiten und weiteren Lügen ihre Karriere vorangebracht zu haben. Wir erklären der Reihe nach:

  • die Lügen, die die Grey's Anatomy-Autorin erzählte
  • den Einfluss, den Elisabeth Finch auf die Serie hatte
  • was die Betrügerin jetzt zu ihrer Tat sagt

Grey's Anatomy-Autorin fälschte Schicksalsschläge, um Karriere zu machen

Dass Menschen bei Bewerbungen ihren Lebenslauf beschönigen, haben wir sicher alle schon gehört. Dass das eigene Leben mit falschen Krankheiten und Rückschlägen angereichert wird, hingegen vermutlich noch nicht. Doch genau das wurde laut THR  bereits im März dieses Jahres zum Gegenstand einer Disney-internen Untersuchung.

Grey's Anatomy-Drehbuchautorin Elisabeth Finch hatte über große Teile ihrer persönlichen Geschichte gelogen. Sie verschaffte sich mit diesen vorgetäuschten Schicksalsschlägen einen beruflichen Vorteil. Denn erst ihre "Erfahrungen" öffneten ihr die Tür zum Writer's Room der berühmten Krankenhausserie.

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Nach und nach kamen die Lügen der Grey's Anatomy-Mitarbeiterin "Finchie" ans Licht. Folgende ihrer Behauptungen wurden mittlerweile als unwahr aufgedeckt :

  • Elisabeth Finchs Krebsdiagnose (ein seltener Knochenturmor namens Chondrosarkom) wurde als falsch enttarnt , sie hatte nie Krebs.
  • Daran knüpfte sich das angebliche Dilemma, ihre Chemotherapie für eine Schwangerschaft abbrechen zu müssen. Die Abtreibung fand nicht statt.
  • Außerdem erhielt die Grey's Anatomy-Autorin im Zuge ihrer Krebserkrankung keine Nieren-Transplantation, wie von ihr behauptet.
  • Finch brauchte einen Knie-Ersatz und konfrontierte  später ihren Doktor, weil die unnötige OP nur wegen seiner Fehldiagnose erfolgt sei. Doch obwohl sie erbost darüber schrieb , fand die Arzt-Konfrontation wohl nie statt.
  • Dass beim Massaker in der Tree of Life-Synagoge in Finchs College-Heimatstadt Pittsburgh 2018 ein Freund starb und sie half, dessen "Überreste aufzuräumen"  war ebenso erfunden wie ihre daran anschließende posttraumatische Belastungsstörung.
  • Während sich nicht nachweisen lässt, ob Finch vor Jahren von ihrem Bruder missbraucht wurde, ist zumindest sicher, dass dieser Bruder nicht, wie von ihr behauptet, Suizid beging. Denn er lebt heute in Florida.
  • Es kam heraus, dass Teile von Finchs Story der Geschichte ihrer (entfremdeten und inzwischen geschiedenen) Ehefrau, der Krankenschwester Jennifer Beyer, ähnelten . Ihre spätere Ehefrau hatte sie 2019 in einer Therapie-Gruppe unter dem Grey's Anatomy-Decknamen "Jo" kennengelernt. Die Damals-noch-Gattin kontaktierte Disney schließlich wegen des Trauma-Diebstahls.
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Als Frau, die aus ihren persönlichen Schicksalsschlägen stärker hervorging und andere in ihren Skripten davon profitieren ließ, wurde Finch gefeiert. Als pathologische Lügnerin, die aus einer falschen Leidengeschichte Profit schlug und ihre Karriere darauf errichtete, fiel sie nun umso tiefer. Denn auch, wenn sie niemanden körperlich verletzte: Sie überschritt eine moralische Grenze.

Wer ist Elizabeth Finch und wie beeinflusste "ihre Geschichte" Grey's Anatomy?

Elizabeth R. Finch begann ihre TV-Karriere bei Serien den True Blood, My Superhero Family und Vampire Diaries. 2014 stieß sie zu Grey's Anatomy, weil Shonda Rhimes auf ihre beim Magazin Elle selbst veröffentlichte Geschichte als "stur am Leben festhaltende"  krebskranke Drehbuchautorin aufmerksam wurde. Als Krista Vernoff später Showrunnerin von Grey's Anatomy wurde, las sie blind Arbeitsproben des Teams, wodurch Finch als Autorin ausschied. Sie wurde erst wieder Teil von Grey's Anatomy, als eine Kollegin den alten Elle-Artikel noch einmal hervorholte und an die Führungsebene appellierte, die gebeutelte Drehbuchautorin zu behalten.

Bei der IMDb  wird Elisabeth Finch mit insgesamt 13 Grey's Anatomy-Episoden als Drehbuchautorin geführt. Wobei im Writer's Room einer Serie natürlich immer auch Einflüsse in andere Folgen (ohne Credit) fließen. Ihre erste Episode war Folge 17 von Staffel 11, ihre letzte Episode 14 von in Staffel 17. Außerdem war sie bei 172 Folgen von Grey's Anatomy als Produzentin dabei.

Insbesondere eine von Elizabeth Finch verfasste Grey's Anatomy-Folge sticht dabei hervor, weil sie für die Serie eine der stärksten Episoden der letzten Jahre war: Finch schrieb das Drehbuch für "Stumme Schreie" (Staffel 15, Episode 19; Englisch: "Silent All These Years"), in der eine Frau (Khalilah Joi) nach einem sexuellen Übergriff alle Schritte nach einer Vergewaltigung durchläuft. Die Serie lotete dabei zugleich das Einverständnis in Beziehungen aus. Finch selbst hatte in dieser Episode einen Cameo als Krankenschwester Elisabeth (auf dem folgenden Bild ganz rechts).

Grey's Anatomy: Staffel 15, Folge 19 - Elisabeth Finch ganz rechts

Ihre "Krebsdiagnose" knüpfte Finch überdies eng an die Figur von Catherine Avery/Fox (Debbie Allen), deren schwere Erkrankung sie in der Serie maßgeblich mitprägte. Die erfolgreiche Ärztin, Richards Ehefrau und Jacksons Mutter, stellte sich mutig ihrer unheilbaren Krankheit und ging (bisher) immer wieder siegreich gegen den Krebs hervor. Die Episode "Was man nicht kommen sieht" (Staffel 15, Folge 7, "Anybody Have a Map?"), in der Meredith Catherines schwer zu behandelnden Tumor diagnostiziert, kopierte sehr nah Finchs (falsche) Krankengeschichte. Und natürlich ließ die Autorin sich nach der Einbringung der Chondrosarkom-Idee "überreden", diese selbst zu schreiben.

Kürzlich äußerte sich Elizabeth Finch erstmals persönlich

Im März 2022 wurde Finch im Zuge der Grey's Anatomy-Untersuchung beruflich freigestellt (mit Verwaltungsurlaub). Sie verweigerte die Einsicht in ihre medizinische Geschichte und kündigte schließlich selbst ihren Job, woraufhin die Ermittlung endete. Ihre zahlreichen Gast-Kolumnen bei Medien wie dem Hollywood Reporter , auf der Shondaland-Website und bei Elle  wurden mittlerweile entfernt.

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Doch es dauerte sieben Monate, bis die Ex-Drehbuchautorin von Grey's Anatomy ihre Lügen gestand. Gegenüber The Ankler  gab sie zu, ihre Unwahrheiten immer schwerer unter Kontrolle gehabt zu haben, und entschuldigte sich:

Was ich getan habe, war falsch. Nicht in Ordnung. Abgefuckt. [Sucht es euch aus:] All die [schlimmen] Worte.

In ihrem Geständnis deckte sie auf, nie Krebs-krank gewesen zu sein. Während ihrer Zeit bei Grey's Anatomy klebte sie sich einen Katheter an den Arm und rasierte ihren Kopf, um eine Chemotherapie vorzutäuschen. Eine Mitarbeiterin erzählte , dass ihre "Haut gelb und grün" war und sie "regelmäßig verschwand, um sich zu erbrechen".

Kollegin Carina Adly McKenzie berichtete von der persönlichen Erfahrung , jahrelang belogen worden zu sein. Demnach erklärte Finch ihr den Grund für den Beginn ihrer Lügen mit der langen Heilung nach einer Knieverletzung: Die fürsorglichen Zuwendungen ihrer Freunde hörten auf, nachdem sie genesen war. Und weil ihr das nicht gefiel, begann sie mit ihren Geschichten immer neue Anteilnahme und Aufmerksamkeit einzufordern.

Ob Elisabeth Finch nach diesem Skandal bei Grey's Anatomy jemals wieder als Drehbuchautorin arbeiten wird, ist fraglich. Es sei denn als Schöpferin ihrer eigenen Betrügerinnen-Miniserie à la Inventing Anna und The Dropout.

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Hattet ihr schon vom Grey's Anatomy-Betrug von Elisabeth Finch gehört?

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