Supernatural - Wie eine Serie ihren zweiten Frühling erlebt

02.10.2016 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
SupernaturalThe CW
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Beinahe alle Serien ereilt nach ein paar Jahren Laufzeit dasselbe Schicksal - die Qualität sinkt. So auch bei Supernatural. Doch wer hätte gedacht, dass der Horror-Drama-Hybrid ausgerechnet in Staffel 11 zu neuen Höhen findet?

11 Jahre Laufzeit mit 241 ausgestrahlten Episoden sind für eine Drama-Serie eine beachtliche Leistung. Supernatural wurde bereits um eine 12. Staffel verlängert und wenn es nach Mark Pedowitz, Präsident der Supernatural-Heimat The CW, geht, dann läuft die Horrorserie so lange, wie Hauptdarsteller Sam und Dean, pardon, Jared Padalecki und Jensen Ackles es wünschen. Sam und Dean Winchester, zwei Charaktere, die eine ganze Serie seit 11 Jahren erfolgreich auf ihren mehrmals gestorbenen und wiederbelebten Schultern tragen. Die Fan-Fiction boomt und selbstbewusste Selbstironie lässt die Serie auf ihre treue (weibliche) Fanbase reagieren. Supernatural ist ein Phänomen. Und doch schwächelt das Format nun schon seit beinahe 5 Jahre. In der kürzlich abgeschlossenen 11. Staffel jedoch hat Supernatural bei Fans und Kritikern zu neuen Höhenflügen angesetzt. Was ist anders?

Bewertung der einzelnen Supernatural-Episoden auf IMDb

Zwei Brüder gegen den Rest der Welt

Supernatural stammt aus einer Zeit, als Netflix noch kein Streaming-Dienst war, als Binge-Watchen noch Geeks- und Studenten-exklusiv war, als wir uns noch selbstverständlich jede Woche zur gleichen Zeit vorm Fernseher trafen. Dieses antike 2005 war die Geburtsstunde von Sams und Deans gemeinsamen Abenteuern gegen den Rest der Geisterwelt. Bei dieser Verschmelzung von Buffy - Im Bann der Dämonen und Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI wurden wir Zeuge, wie zwei unwiderstehliche Brüder in ihren Zwanzigern zu unzertrennlichen Monsterjäger-Partnern werden. Während das Schwesternmotiv Buffy erst später in der Sendung bereichert, ist das Akte-X-artige Zweiergespann auf Mystery-Mission in Form zweier Brüder von Anfang an Dreh- und Angelpunkt der Serie. Die zwischenmenschliche Chemie von Padalecki und Ackles wird von (vorrangig weiblichen) Fans gerne mit homoerotischem Subtext unterlegt, was wiederum zu einem der witzigsten Sideplots rund um Fan-Fiction innerhalb der Serie selbst führte.

Supernatural

Ein Serien-Paar ist ein Serien-Paar ist ein Serien-Paar

Nach den guten fünf Jahren folgten die nicht so herausragenden fünf Jahre. Denn über die Zeit hinweg wurden aus den unzertrennlichen Brüdern geheimniskrämerische Eigenbrötler. Das einstige Zusammenhalten wurde im Writer's Room zu unsinnigem Auseinandertreiben. Doch wer als Marshall und Lily beginnt, der sollte nicht plötzlich wie Ted und Robin agieren. Wie Ross und Rachel wandten Dean und Sam ab Staffel 6 plötzlich vermehrt das Konflikt-Management von Kleinkindern an. Ursprünglich waren für die Serie von Showrunner Eric Kripke 5 Staffeln angedacht und das machte sich ab dem 6. Jahr bemerkbar. Die Highlights wurden rarer, bis das zwar immer noch unterhaltsame Mittelmaß irgendwann die Höhenflüge ersetzte. Supernatural ist aber immer dann richtig gut, wenn die Geschwister-Chemie zum Greifen kommt. Viel zu oft wurde, um einen Konflikt zu erzeugen, das billige Mittel der Geheimnisse, um den jeweils anderen zu schützen, ausgenutzt. Wie beim viel zu langen On-Off-Geturtel in Sitcoms, loteten die Drehbuchschreiber ihre kreative Zurückhaltung aus. Sie können nicht miteinander, sie können nicht ohneeinander. Sam und Dean drohten zu einem generischen US-TV-Pärchen zu verkommen.

Neue Schwächen statt alte Stärken

Vor der blühenden 11. Staffel waren Sam und Dean bereits mehrmals gestorben, mehrmals wieder auferstanden, waren nicht einmal mehr vom Tod bedroht. Es schien jeder Gag gemacht, jeder Gegner verbraten, jedes Weltuntergangsszenario (nicht) verhindert, jede Dimension erkundet, jeder Elternteil verloren. In der 10. Staffel fragten Sam und Dean sich vor und nach ermüdenden Fällen der Woche, die meist uninspirierte Parabeln auf ihre eigenen Konflikte waren (nicht alles sollte von Buffy übernommen werden), was das Ganze eigentlich soll. Es fühlte sich an, als ob sich die Drehbuchautoren selbst adressieren. Die alten Stärken des Komme-was-wolle-Gefühls verblassten, die Charaktere waren müde, weil den Drehbuchautoren der Schwung fehlte. Beliebte Nebencharaktere wie Vollzeit-Höllenfürst Crowley (Mark Sheppard) und Teilzeit-Himmelsfürst Castiel (Misha Collins) verblassten im Angesicht der Redundanz. Zu Beginn der 10. Staffel gab es jedoch einen Aufwärtstrend der 200. Episode der Serie: die obligatorische Musical-Folge, ein überaus kreativer und herzzerreißender Liebesbrief an die Fans.

Das Super in Supernatural

Alte Stärken statt neue Schwächen, scheint das Motto der 11. Staffel zu sein. In Staffel 10 noch vernachlässigt, haben die Drehbuchautoren für Staffel 11 realisiert, was zu tun ist. Inwieweit Staffel 12 ebenso mit alten Stärken und frischer Kreativität punktet, müssen die beiden alten Supernatural-Hasen und frischen Showrunner Andrew Dabb und Robert Singer zeigen. Natürlich drohte die Welt auch in Staffel 11 erneut unterzugehen, doch Sam und Dean standen dem zusammen entgegen, pflegten einen erwachsenen Umgang miteinander und lösten ihre Fälle jede Woche, als wäre es ein Staffelfinale. Ein verloren geglaubtes Gefühl stellte sich bei vielen ein, die tapfer genug waren, bei Supernatural auch im 11. Jahr wieder einzuschalten. Auch das Sterben wurde wieder zu einer ernsten Angelegenheit. Längst vergangene, aber nie vergessene Charaktere wurden für ganze Folgen oder wenige Momente zurückgeholt, um das Maximum an Emotion und Fanservice zu erreichen. Eine der besten Episoden wurde ausschließlich aus der Sicht von Deans treuem Chevy Impala gedreht. Staffel 11 hat das Super zurück in Supernatural geschrieben. Anstatt Wiederholungen in der Charakterentwicklung gab es Charakterentwicklung bei der Wiederholung des Kampfes der Guten gegen die Bösen.

In Staffel 10 gab es bereits einen Vorboten, zu welchen Höhen Supernatural wieder fähig sein sollte, wenn sich super Ideen mit natürlichen Stärken verbinden. Die 200. Episode ist ein Liebesbrief an die Fans. "What she said." Im vielleicht stärksten Moment der Folge, als Sam und Dean sich zu zweit ein Fan-Fiction-Musical ihres eigenen Lebens ansehen, realisieren sie, um was es eigentlich geht: Zusammenhalt, weil das in dieser verrückten Monsterwelt das einzige ist, was zählt. Und das einzige, was Sinn macht, nach 11 Jahren aberwitziger Abenteuer. Die Fans danken es.


Habt ihr alle 11 Staffeln von Supernatural gesehen?

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