Taboo - Unser Recap zu Staffel 1, Folge 3

23.01.2017 - 09:25 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Taboo, Episode 3BBC
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Taboo fängt schon in der dritten Episode an, ordentlich aufzudrehen und feiert ausschweifend Innereien und Inzest. Ein gutes Zeichen für das Finale.

Zwei Episoden hat Taboo gebraucht, um all die Charaktere und ihre potentiellen Motive auszulegen oder zumindest anzudeuten - ein verworrenes Konstrukt, nicht zuletzt wegen der großzügigen Beigabe von Mystery, Gewalt und einer Prise übernatürlicher Elemente mit angenehmem, gut dosiertem Hang zur Selbstparodie. Letzte Woche hatte ich befürchtet, dass dieses Konstrukt auf wackeligen Beinen steht, doch die dritte Episode beweist Standhaftigkeit und nimmt dabei ordentlich an Fahrt auf, auch wenn es nicht so ganz klar ist, in welche Richtung die Reise geht. Denn die (vermeintlichen) Aufdeckungen von James Delaneys (Tom Hardy) Beweggründen scheinen so unzuverlässig, dass sie bloß noch mehr verwirren. Gut so.

Dumbarton (Michael Kelly) ist so nett, Delaney nach dem missglückten Anschlag wieder zusammenzuflicken, erwartet dafür aber eine Gegenleistung in Form von Informationen. Die bekommt er überraschenderweise auch. Delaney erzählt ihm von seinem Plan, das Monopol auf die Tee-Handelsroute zwischen Amerika und China zu haben. Eine im ersten Moment eher enttäuschende Erkenntnis: Dieses aus der Hölle zurückgekehrte Ungetüm wird tatsächlich von den banalsten aller Motive, Geld und Macht, angetrieben? Glücklicherweise lässt sich Taboo nicht allzu viel Zeit, um ein fettes Fragezeichen über dieses Geständnis zu malen. Die dauerschnupfende rechte Hand des Königs, Coop (Jason Watkins), verrät in einer großartigen Szene nach dem Spione-Schwanzvergleich mit Stuart Strange (Jonathan Pryce), dass Delaney seinen Informationen zufolge auf den Fellhandel aus ist. Entweder schwirren also Fehlinformationen durch die Stadt, oder jemand lügt. Oder alle lügen.

Selbst wenn das ein oder andere Handelsmonopol eine Antriebskraft für Delaney ist, so scheint es nur Teil eines gigantischen Masterplans zu sein, der außerdem Vergangenheitsbewältigung, Rache, die Aufdeckung des Mordes an seinen Vater und Sex mit der Schwester mit einschließen könnte. Der Rache-Aspekt wird von Coop und Strange in ihrer kleinen Streiterei hervorgehoben. Was auch immer zwischen Delaney und der East India Company vorgefallen ist, es muss eine ganz üble Nummer gewesen sein, wenn selbst ein so unterkühlter, berechnender Mann wie Coop es für möglich hält, dass Delaney nur aus Rache derart viel Arbeit und Gefahr auf sich nehmen würde. Andererseits ist der auch wahnsinnig, was in die Kalkulation mit einfließen dürfte.

Der Wahnsinn kommt jedoch nicht von irgendwoher, sondern wurde ihm offenbar von einer turbulenten Vergangenheit eingeprügelt. In dieser Vergangenheit könnte der Kern seiner Vorhaben liegen. Immer wieder werfen die enigmatischen Bilder von sinkenden Sklavenschiffen und vermutlich seiner Mutter ein spirituelles Licht auf Delaney. Besonders vielsagend könnte in diesem Zusammenhang das immer wieder in Taboo auftauchende Vogelsymbol sein. James kratzte es letzte Woche auf den Boden seines Schiffes, diese Woche taucht es nicht nur in einem Bilderrausch zu seiner Mutter auf, sondern auch auf Delaneys Rücken, auf den es ihm offenbar in Afrika tätowiert wurde. Winter (Ruby-May Martinwood) identifiziert es als sogenanntes Sankofa und die Redaktion von Radio Times  hat recherchiert, was sich dahinter verbirgt.

So sei Sankofa ein Wort der Sprache Twi, die vor allem in Ghana gesprochen wird. Es bedeute grob übersetzt "geh zurück und hol es" und bezeichnet außerdem das Symbol von dem uns bekannten Vogel, der versucht, das Ei auf seinem Rücken zu schnappen . Es werde in afrikanischen Kulturen als Symbol für die Notwendigkeit verwendet, die eigene Vergangenheit zu reflektieren und sie zu bewältigen, um eine glückliche Zukunft aufbauen zu können. Das allein wäre schon eine Erklärung für James' Antrieb, doch da ist noch der offensichtliche Aspekt des Bildes an sich. Eine Mutter versucht, ihr ungeborenes Kind zurückzuholen. Die emotionale Bindung an Nootka Sound, dem Land seiner Mutter, ist nicht von der Hand zu weisen und seine Rückkehr zu ihr dementsprechend mit keinem Angebot der East India Company aufzuwiegen. Was auch immer Delaney für eine Zukunft für sich und das Land seiner Mutter plant, seine Schwester Zilpha (Oona Chaplin) ist - ob sie will oder nicht - eine fester Bestandteil dieses Plans.

Der obligatorische Kurzauftritt von Zilpha bringt diese Woche eine gute Nachricht für alle Inzest-Enthusiasten mit sich, denn die körperliche Geschwisterliebe wird endlich vor die Kamera verlagert, wenn auch nur in Form eines kurzen Kirchen-Tête-à-Têtes mit Abschlussküsschen. Gleichzeitig fängt Zilphas Figur jedoch auch ganz langsam an, frustrierend zu werden. Oona Chaplin holt mit ihrer beklemmenden Schweigsamkeit und den gleichzeitig vor Melancholie rumorenden Blicken das Beste aus ihrer Rolle raus, bleibt aber als passiver Spielball von James und ihrem Ehemann Thorne (Jefferson Hall) irgendwo auch eine Langweilerin. Der beinharte Wutausbruch von Thorne, der sich über ihre lange Periode und die Nicht-Schwangerschaft beklagt ("I apologise that I'm not related to you, but you could allow your cunt to swallow the work of an honest man who will promise to buy you the finest china if you would just stop fucking bleeding"), könnte jedoch darauf hindeuten, dass Zilpha das alles nicht ewig mitmacht. Alles andere wäre ein Armutszeugnis in puncto Frauenfiguren, denn an der Stelle ist Taboo ziemlich dünn ausgestattet.

Alleiniges Flaggschiff auf dem Gebiet ist Jessie Buckley als vermeintliche Delaney-Witwe Lorna Bow, die es wahrlich nicht leicht hat. Sie muss ihre Schauspielkunst vor eindeutig an Shakespeare uninteressierten Kulturbanausen, die eigentlich nur wegen der Titten ins Theater gehen, präsentieren, und sich zu allem Überfluss von allen Seiten anhören, dass sie tot eigentlich besser wäre. Wenn nicht tot, dann wenigstens als Instrument für die Spielchen der Regierung und der East India Company, die mit Bows tougher Fick Dich-Mentalität zu arbeiten wissen und sie kurzerhand in das Schussfeld des Dukes von Richmond rücken. Dass sie sich lieber verhaften und potentiell töten lässt, als mit dem Duke zu schlafen, kann eigentlich nur Teil des Plans gewesen sein. James gestand ja bereits, dass sie seine "Schwachstelle" sein könnte und das wissen sowohl die East India Company als auch der König genauso gut. Es sieht immer mehr so aus, als werde Lorna nach und nach zu einer Verbündeten von James. Was das für eine Schlacht sein soll, in der sie verbündet sind, bleibt jedoch vernebelt.

"It is blackmail, but between friends. So where’s the harm?"

Notizen am Rande:

- Wir haben erfahren, dass der ominöse amerikanische Agent Carlsbad eigentlich eine Frau ist. Könnte es vielleicht Lorna sein? Ihr plötzlicher Auftritt und die erzwungene Nähe zu James sprächen dafür.

- Es ist keine Überraschung, dass Tom Hardys sexuelle Ausstrahlung nicht nur bei Frauen erfolgreich ist. Ein bisschen überraschend ist bloß, wie er mit seinem ehemaligen Freund umgeht, nachdem er ihm seine Liebe gesteht. Erpressung und physische Gewalt sind eine sehr unsensible Reaktion.

- Größter Makel dieser Episode: Tom Hardy trägt die meiste Zeit keinen Hut. Was soll das?

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